Auf der Alp geht es um mehr als «nur» ums Käsen und Hirten

Ein Alpsommer bedeutet viel Arbeit. Physische und organisatorische Qualitäten sind gefragt. Der menschengemachte Klimawandel bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich.

Monika Gerlach |

Der Alpsommer ist in den Köpfen vieler Menschen mit schöner Natur, Freiheit und etwas Arbeit verbunden. In der Realität sieht es ganz anders aus. Der Alpsommer beginnt für die Tierbesitzerinnen und -besitzer nicht erst mit der Alpauffuhr. Es geht um Herausforderungen, die neben dem Alpalltag zu meistern sind.

Verschiedene Formen

In der Schweiz gibt es bei den Alpen verschiedene Eigentums- und Rechtsformen. Im Unterschied zu Privatalpen, auf denen die Eigentümerinnen oft mitarbeiten, sind auf Kollektivalpen die angestellten Älpler oft auf sich allein gestellt.

Die noch heute bestehenden Alpkorporationen als Besitzerinnen der Korporationsalpen geniessen Eigentumsgarantie sowie weitgehende Autonomie. Sie werden von einer Gemeinschaft verwaltet. Und dann gibt es noch Gemeindealpen, die einer politischen Gemeinde gehören.

Rund 50 Prozent in Gemeindebesitz

Knapp die Hälfte der Weideflächen und Gebäude von Sömmerungsbetrieben in der Schweiz befinden sich im Besitz von Gemeinden. Je nach Organisationsform werden die Aufgaben unterschiedlich verteilt. Personal muss gesucht und gefunden werden, die Hütten müssen sauber sein, das Wasser muss geöffnet werden, es braucht Diesel für Aggregate, Futter für widrige Wetterverhältnisse, Käsekultur und Lab muss bestellt werden, neue Pfosten und neue Litze müssen hoch, Butter und Käse kommen zu ihren Besitzern.

Die Liste ist unvollständig und unterscheidet sich von Alp zu Alp. Oft helfen die Bestösser mit beim Aufzäunen, während des Sommers muss das Gülleloch geleert werden, und dann braucht es auch noch Holz fürs Käsen und Heizen. Auch Infrastrukturprojekte gehören zu einer funktionierenden Alp. Alpstrassen müssen unterhalten werden, Brunnen ersetzt werden, Hütten renoviert sein – und oft ist es nicht nur eine Hütte. In der Schweiz gibt es viele Alpen mit mehreren Stafeln. Da kommt für die Bestösser auch noch die Hilfe beim regelmässigen Umzug hinzu.

Frondienst und Gemeinwerk

Damit die anfallenden Arbeiten gerecht verteilt werden und nicht alles an der Person des Alpmeisters oder der Alpmeisterin hängen bleibt, leisten die Bestösserinnen Frondienst. Auf manchen Alpen leisten die Tierbesitzer pro Grossvieheinheit vier Stunden Gemeinwerk, welches unbezahlt, aber eine Grundvoraussetzung ist, um einen Sömmerungsplatz zu erhalten. Im Berner Oberland wird auch das Alppersonal zu Frondienst verpflichtet.

Klassische Arbeiten sind Kuhfladen verteilen oder Brennholz für den nächsten Sommer rüsten. Die Weidepflege ist ein wichtiger Aspekt, um eine nachhaltige Alpbewirtschaftung zu gewährleisten. Durch den menschengemachten Klimawandel steigen die Temperaturen und damit auch die Waldgrenze. Büsche und Sträucher konkurrenzieren wertvolle Weideflächen. Auch eine Unternutzung oder eine andere Tierzusammensetzung sind Gründe für die Verbuschung.

Vieles ist Handarbeit

Weiden freizuhalten erfordert einen hohen körperlichen Einsatz, denn mit Maschinen sind solche Flächen oft schwer oder gar nicht zu erreichen. Durch die Hilfe von Freiwilligen oder durch Anpassungen in der Bewirtschaftung können Probleme entschärft werden. Das Bergwaldprojekt hilft dabei. Eine zusätzliche Herausforderung für die Alpwirtschaft ist die Wasserversorgung. Im Hitzesommer 2003 gab es einige Alpen, die im August mit leeren Brunnen dastanden und ihre Tiere zum Tränken auf untere Stafeln treiben mussten.

Auch in den letzten Jahren kam es häufiger zu Wassertransporten durch die Armee, um Alpen im Waadtland zu versorgen. Auch in diesem Frühling fielen in der Schweiz unterdurchschnittliche Regenmengen. Auf der anderen Seite kommt es immer häufiger zu Starkregenereignissen, und durch eine höhere Durchschnittstemperatur taut der Permafrost auf. Was das bedeutet, haben die Dorfbewohnerinnen und Bauern aus dem Walliser Lötschental im Mai bitter erfahren müssen.

Ein Alpsommer ist nicht nur reine Romantik. Er ist Kultur, entlastet den Heimbetrieb, schafft Lebensräume und bringt am Ende wertvolle, saisonale Produkte hervor. Um das zu erhalten, braucht es vollen Einsatz.

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