Aus Leidenschaft zurück in die Ausbildung

Um direktzahlungsberechtigt zu bleiben, drückten Vinzenz Furrer, Staldenried VS, und Jahre später sein Neffe Heinz Bumann die Schulbank. Da, wo nun Bumanns Tochter Virginia Furrer Nebenerwerbs-Landwirte ausbildet

Christian Zufferey |

Im Bergdorf Staldenried VS spielt die Nebenerwerbs-Landwirtschaft von jeher eine wichtige Rolle. Das gilt auch bei den Familien Furrer und Bumann. Dazu zählen die 26-jährige Virginia Furrer, die heute am Landwirtschaftszentrum Visp (LZV) Nebenerwerbs-Landwirte ausbildet, ihr Vater Heinz Bumann, der den zweijährigen Direktzahlungskurs (DZ-Kurs) vor fünf Jahren abgeschlossen hat, und dessen Onkel Vinzenz Furrer, der im Schuljahr 2001/2002 den allerersten Kurs besucht hat, den das LZV für Nebenerwerbs-Landwirte anbot.

Der erste Kurs

Vinzenz Furrer besuchte den einjährigen Nela-Kurs, wie er anfangs hiess, obschon er bereits fast 20 Jahre als Nebenerwerbs-Landwirt tätig war. Hauptberuflich war er selbstständiger Landmaschinenmechaniker. Er arbeitete auch einige Jahre beim Chemiekonzern Lonza in Visp, wo viele weitere Nebenerwerbs-Landwirte in einem Vollzeitpensum angestellt sind.

«Von der Landwirtschaft allein hätte ich nicht leben können», erzählt Furrer, inzwischen pensioniert. Er hielt Eringer Kühe, die er bis 2013 gemolken und deren Milch er zu Hauskäse verarbeitet hat. Sein Neffe Heinz Bumann verbrachte, obschon er in Saas-Grund aufgewachsen ist, sehr häufig Zeit bei ihm im Stall. «Ich bin praktisch in die Leidenschaft für Eringer hineingewachsen», erzählt Bumann. Als seine erste eigene Kuh auf der Alp Gspon oberhalb von Staldenried gleich noch Alpkönigin wurde, war für ihn klar, dass auch er Bauer und Viehzüchter werden möchte.

Hilfe durch Maschinen

Doch er kann genauso wenig von der Landwirtschaft leben wie sein Onkel. Er arbeitet in einem Vollzeitpensum bei einem Baumaterialhändler in Visp in einer Kaderfunktion. Seinen Beruf und die Verantwortung im Betrieb, den er 2020 übernommen hat, unter einen Hut zu bringen, ist eine Herausforderung. Zumal er immer noch in Saas-Grund wohnt. Doch dank einer Zweitwohnung in Staldenried kann er sich nach der frühmorgendlichen Stallarbeit duschen und umziehen, bevor er um 7.30  Uhr am Arbeitsplatz erscheinen muss.

Manchmal, vor allem im Sommer, kann er sich auch mal einen Nachmittag freinehmen. Wurde sein Onkel Vinzenz Furrer beim Heuen oft von seiner ganzen Verwandtschaft unterstützt, kann Heinz Bumann die Arbeit nur noch dank modernen Maschinen bewältigen, etwa einem Twister, der das mühsame Rechen von Hand erleichtert. Unterstützung erhält er von seiner Tochter Virginia Furrer (Nachname von ihrer Mutter.) Auch sie sagt: «Für mich ist die Landwirtschaft mein Leben.» Darum liess sie sich zur Agronomin ausbilden.

Tochter unterrichtet

Doch weil sie sich nicht vorstellen kann, die Eringer durch wirtschaftlichere Milchkühe zu ersetzen, bleibt auch ihr keine Wahl, als auf den Betrieben ihres Vaters und ihres Lebenspartners, der in St. Niklaus wohnt und ebenfalls Eringer hält, auszuhelfen. Doch sie hilft praktisch in jeder freien Minute. Was bei ihr sogar noch etwas mehr ist als bei ihrem Vater oder einst ihrem Grossonkel.

Denn sie arbeitet nur in einem 80-Prozent-Pensum. «Ich bin seit Januar beim Landwirtschaftszentrum Visp für alles zuständig, was mit Ausbildung zu tun hat», sagt sie. Demnach auch für die DZ-Kurse, wo sie das Fach Tierhaltung unterrichtet. Sie kennt damit die Herausforderungen derer, die wie einst ihr Vater den DZ-Kurs besuchen.

Nicht Geld drauflegen

Für Heinz Bumann war klar, dass er den DZ-Kurs besuchen muss, um beitragsberechtigt zu bleiben. «Ich möchte dank Direktzahlungen wenigstens so viel Einkommen reinholen, dass ich nicht drauflege», erklärt Bumann. Doch es verlangte einiges von ihm ab. So musste er – er war bei Schulbeginn 45 Jahre alt – jeden Dienstagabend die Schulbank drücken, dazu noch ein paar ganze Tage. Zwischen Feierabend am Arbeitsplatz und dem Beginn des Unterrichts musste er sich auch noch um seine Tiere kümmern – einschliesslich der 24 Kälber. Das war möglich, weil Staldenried nur etwa 15  Minuten von Visp entfernt ist.

Um zur Prüfung zugelassen zu werden, musste er mindestens 80 Prozent der Zeit in der Schule anwesend sein. Vor der Abschlussprüfung hat er seine letzten Minuten Freizeit ins Lernen investiert und auch noch eine Abschlussarbeit geschrieben. Schliesslich gab es eine praktische Hofprüfung, für die zwei Experten auf seinen Betrieb gekommen sind. Er habe am DZ-Kurs einiges gelernt, das er in die Praxis umsetze. Schon sein Onkel Vinzenz Furrer erzählt, dass er nach dem Nela-Kurs die Reihenfolge der Fütterung geändert hat.

Gelernt eigene Umstände anpassen

«Früher habe ich meinen Kühen zuerst Kraftfutter, dann Heu gegeben», erzählt er. «Nachdem ich umgestellt und erst Heu, dann Kraftfutter und dann Emd zu füttern begonnen hatte, hatte ich weniger Probleme mit der Fruchtbarkeit.» Manch anderes lasse sich am Berg jedoch nicht umsetzen, sind sich Vinzenz Furrer und Heinz Bumann einig. Das gibt sogar Virginia Furrer zu: «Der Lehrplan des DZ-Kurses orientiert sich weitgehend an Lehrmitteln für die Berufslehre für Landwirte, die einen Talbetrieb bewirtschaften.»

Das Berggebiet, wo es beispielsweise keine Kunstwiesen gebe, spiele da eine untergeordnete Rolle. Es gilt daher, das Gelernte an die eigenen Umstände anzupassen. Bei den Familien Bumann/ Furrer bedeutet das auch, die klimatischen Bedingungen zu berücksichtigen. Staldenried liegt in einem besonders niederschlagsarmen Gebiet.

Stall klebt an Hang

Laut Vinzenz Furrer soll das vordere Vispertal das trockenste Tal Europas sein. Hier bewirtschaften sie rund 18 Hektaren, also einen eher grossen Nebenerwerbsbetrieb, das meiste in Hanglagen. Selbst der im Jahr 1986 erbaute Stall klebt fast buchstäblich an einem sehr steilen Hang und ist im Winter oft nur zu Fuss erreichbar. Hinzu kommen landwirtschaftliche Nutzflächen, die sich über 1200 Höhenmeter erstrecken. Die tiefsten liegen auf 800, die höchsten auf 2000 Meter über Meer.

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