Mit der Ausbeutebesteuerung will die Schweizer Obstbranche wettbewerbsfähiger werden. Der Ständerat lehnt diese ab.
«Warum haben wir in diesem Land ein Parlament, wenn die Verwaltung alles daran setzt, es zu manipulieren oder zu umgehen?» Diese drastischen Worte braucht Bauernpräsident und Nationalrat Markus Ritter (CVP, SG) mit Bezug auf die Bemühungen der Verwaltung und der Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP), den Entscheid beider Räte für die Ausbeutebesteuerung rückgängig zu machen.
Aber am Montagabend folgte der Ständerat mit 33 zu 12 Stimmen klar der Bundesrätin bzw. dem Antrag der Wirtschaftskommission, das Prinzip der Ausbeutebesteuerung aus dem Gesetz zu streichen.
Konrad Graber gewinnt
Für die Mehrheit der Kommission und damit gegen die Ausbeutebebsteuerung sprach Konrad Graber (CVP, LU). In den Augen der Kommission sei sie verfassungswidrig, wie Professor René Matteoti in seinem Gutachten dargelegt habe. Sie widerspreche der Qualitätsstrategie, sie sei protektionistisch, sie fördere nur bestimmte Hersteller und sie verletze WTO-Recht und das Freihandelsabkommen mit der EU.
Die Einwände und Vorschläge von Professor Rainer Schweizer bezeichnet er mit Verweis auf Stellugnahmen des Bundesamts für Justiz, der Direktion für europäische Angelegenheiten und des Seco als nicht stichhaltig. Auch Christian Levrat (SP, FR) und schliesslich Eveline Widmer Schlumpf, Vorsteherin des Finanzdepartements, riefen dazu auf, die Ausbeutesteuerung zu kippen.
Isidor Baumann unterlag
Isidor Baumann (CVP, UR) hingegen warb für seinen Minderheitsantrag, die Ausbeutebesteuerung so anzupassen, dass sie in den Augen von Schweizer verfassungskonform sei. Er kritisierte auch das Vorgehen der Wirtschaftskommission: «Dass man zu Ratsbeschlüssen, die gefällt worden sind, unterschiedliche Meinungen haben darf und auch unzufrieden sein kann, ist das eine; dass aber nach Beschlüssen beider Räte das Kernstück, die Ausbeutebesteuerung, in der heutigen Vorlage gestrichen werden soll, geht aus meiner Sicht zu weit.»
Er wurde von Peter Föhn (SVP, SZ) unterstützt: «Mitten im Verfahren suchte man intensivst Gegenargumente zur Ausbeutebesteuerung, denn der Ständerat und der Nationalrat hatten diesem Konzept - eben dieser Steuer - zugestimmt. Damit hätte man dem heimischen Gewerbe, das heisst der Landwirtschaft und den Brennern, mehr entgegenkommen können.» Es sei klar, dass die EU nicht grosse Freude gehabt hätte. Und von eben dieser EU liessen sich der Bundesrat und die Verwaltung ein Steuersystem aufschwatzen, so Föhn. Aber auch die Kritik am Verfahren – Ritter spricht sogar von einem Verstoss gegen das Parlamentsgesetz – parierte Graber mit Verweis auf ein Papier der Parlamentsdienste.
Nachtverkaufsverbot für Alkohol bleibt
Zwischen 22 und 6 Uhr soll kein Alkohol in Läden verkauft werden dürfen: Auf diesem Nachtverkaufsverbot hat der Ständerat am Montag mit 24 gegen 20 Stimmen bestanden. Die Alkoholgesetzgebung geht so zurück an den Nationalrat, der dieses Verbot streichen wollte.
Ziel der Totalrevision des Alkoholgesetzes ist Prävention gegen Alkoholmissbrauch. Das Nachtverkaufsverbot ist für Finanzministerin Eveline Widmer Schlumpf ein Kernpunkt der Vorlage. Es betrifft den Detailhandel mit alkoholischen Getränken jeder Art, nicht aber die Gastronomie oder normale Ladengeschäfte, wie sie vor dem Ständerat ausführte.
Eine bürgerliche Minderheit wollte wegen jugendlichen Trinkexzessen nicht das ganze Schweizer Volk bevormunden. Wo nötig, hätten einzelne Kantone und Städte bereits Nachtverkaufsverbote erlassen, sagte Karin Keller-Sutter (FDP/SG). Jugendschutz werde mit Abgabevorschriften und einer Rechtsgrundlage für Testkäufe gewährleistet. Widmer-Schlupf konterte, die heutige Mobilität spreche gegen föderalistisch-unterschiedliche Lösungen. Dort wo spezialisierte Händler spätnachts Alkohol verkauften, würde dieser im öffentlichen Raum konsumiert, mit den bekannten Folgen.
Mindestpreis: Ständerat gibt nach
Beim ebenso umstrittenen Mindestpreis für Alkoholika, den der Ständerat im März 2013 unterstützt, der Nationalrat im September jedoch gestrichen hatte, schwenkte der Ständerat nun um: Diesen Artikel hat die Kleine Kammer mit 27 gegen 17 Stimmen deutlich aus der Vorlage gekippt.
Luc Recordon (Grüne/VD) warnte vergeblich, damit würde der Revision ein wesentlicher Präventions-Zahn gezogen. Robert Cramer (Grüne/GE) lockte die Landwirtschafts-Affinen vergeblich, ein Mindestpreis könne die einheimische Produktion fördern, weil er ausländische Billigalkoholika verteure.
Der Ständerat entschied sich ferner mit 26 gegen 17 Stimmen, die Steuer pro Liter reinen Alkohols wie vom Bundesrat vorgeschlagen auf 29 Franken festzulegen. Der Nationalrat hatte die Steuer auf 32 Franken erhöht, demnach muss er sich auch nochmals über diesen Artikel beugen.
Eine Minderheit aus SP, Grünen und CVP plädierte für den höheren Ansatz, weil Jugendschutz und Prävention primär über den Preis funktionierten. Zudem müsste die Steuer angesichts anderer einnahmenwirksamer Massnahmen bei 35 Franken liegen. Die 32 Franken seien schon ein Kompromiss, sagte Christian Levrat (SP/FR).