Junglandwirt Sebastian Hagenbuch vertieft sein landwirtschaftliches Wissen mittels eines Agronomiestudium in Zollikofen. Nach bestandener Lehre mussten die Latzhosen und Arbeitshandschuhe dem (Sennen-)Hemd und Laptop weichen. Hagenbuch absolviert derzeit ein Praktikum bei der Agroscope in Changins VD.
Wenn ich mit Landwirten über mein Praktikum bei Agroscope spreche, löst das bei ihnen nicht unbedingt Stürme der Begeisterung aus. Ich werde leicht misstrauisch beäugt, und allenfalls gefragt: Und was tust du da? Forschen an Dingen, die niemandem nützen und den Bauern neue Steine in den Weg legen? Je nach Tagesform fällt meine Antwort ausführlicher oder knapper aus. Heute ist Freitag, ich bin einigermassen in Form und schreibe dazu Folgendes:
„Keine dumme Sache“
In dieser Woche haben wir wiederum zahlreiche Weizensortenversuche ausgewertet. Welche Sorte bringt mehr Ertrag, ist robuster gegenüber Krankheiten, hat ein besseres Hektolitergewicht oder einen höheren Proteingehalt? Diese Daten fliessen auf einem reichlich komplizierten Weg zusammen und ergeben dann über Umwege die Liste der für den Anbau empfohlenen Sorten, aus welchen man als Landwirt diejenige auswählen kann, welche am besten zu seiner Strategie und seinem Betrieb passt. Keine dumme Sache also.
Ebenfalls durfte ich beim Kartoffelteam aushelfen. Wir haben viruskranke Kartoffeln ausgegraben, damit diese nächstes Jahr zu Schulungszwecken wieder im Sortengarten angebaut werden können. Auch haben wir erste Muster der Saatgutproduzenten in Empfang genommen, gewaschen und bonitiert. Damit die Kartoffelsaatgutproduzenten für die nächste Saison hochwertiges, möglichst virusfreies Saatgut an ihre Berufskollegen weitergeben können, braucht es jemanden, der Muster aller Parzellen auf Virusbefall überprüft. Das wäre dann wiederum Agroscope. Keine dumme Sache also.
Pingelige Arbeit
Bei beiden erwähnten Beispielen ist viel Kleinarbeit nötig. Weizenmuster absacken, transportieren, wägen, sortieren, erneut wägen, auf Feuchtigkeit und HLG testen, Muster 1 für die Analyse im Labor entnehmen, Muster 2 für die Aufbewahrung entnehmen, TKG eruieren... Es braucht exakte, ja teilweise gar pingelige Arbeit, um am Ende die nötige Datengrundlage zu erhalten, welche es erlaubt, konkrete Schlüsse zu ziehen.
Manchmal kommt der Vorwurf, die bei Agroscope, die hätten ja keine Ahnung von der Landwirtschaft. Das mag in einigen Fällen bestimmt zutreffen - genauso wie es in einigen Fällen zutrifft, dass nicht alle Landwirte ganz genau wissen, was bei Agroscope eigentlich genau gemacht wird. Der Punkt ist: Agroscope macht etwas anderes als die Landwirte, also braucht diese Institution vom Profil her auch andere Leute.
Leerläufe hüben wie drüben
Weder werde ich von Agroscope geschmiert (dazu ist der Budgetdruck wohl zu sehr spürbar), noch will ich hier alles schönreden. Sicherlich gibt es auch einige Leerläufe, Dinge, deren Nutzen infrage gestellt werden kann und muss, viel Papier und Administration. Dem einen oder anderen selbstkritischen Landwirt dürfte das aber nicht gänzlich unbekannt vorkommen.
Ich habe von den Leuten hier grundsätzlich den Eindruck, dass sie sich mit Engagement und Eifer für ihre Kulturen und Versuche einsetzen. Sie sind neugierig, aber sie sind keine Bauern. Müssen sie das sein? Wohl kaum. Man versteht sich hier durchaus als Dienstleister an den Bauern. Forschung und Praxis ergänzen sich. Ich habe das Gefühl, der Ruf von Agroscope bei den Landwirten sei schlechter als jener der Landwirte bei Agroscope.
Warum es mit dem Brückenschlag etwas harzt, weiss ich nicht. Staatlich unterstützt sind schliesslich beide, und ohne einander hätte man es deutlich schwieriger. Dies zu kommunizieren, ist allerdings nicht ganz einfach. Oder was denken Sie?