
auch Hundeschädel aus der Sammlung des Naturhistorischen Museums Bern untersucht.
NMBE/Lisa Schäublin
Erstmals zeigt eine internationale archäozoologische Studie detailliert auf, wann Haushunde jene Formen- und Grössenvielfalt entwickelten, die sie bis heute auszeichnet.
Durch modernste Analysen an Hunderten von archäologischen Funden hätten Forscherinnen und Forscher nachweisen können, dass sich Hunde bereits tief in der Vorgeschichte in Grösse und Gestalt zu differenzieren begannen – und zwar vor mindestens 11’000 Jahren.
Bislang galt die Annahme, dass die heutige Vielfalt von Hunderassen vor allem auf Zuchtpraktiken des 19. Jahrhunderts zurückgehe, heisst es in einer Medienmitteilung. Die neuen Befunde widersprächen nun dieser gängigen Vorstellung: Bereits kurz nach der Domestikation und der Abspaltung von den Wölfen weisen Hunde eine erhebliche Variation in Schädelgrösse und -form auf.
Wertvolle Schädel aus Bern
Für die Untersuchung wurden seit Projektbeginn im Jahr 2012 643 Schädel moderner und archäologischer Caniden erfasst – darunter anerkannte Hunderassen, Strassenhunde und Wölfe. Die Proben decken einen Zeitraum von 50’000 Jahren, also vom Pleistozän bis heute, sowie ein grosses geografisches Gebiet ab.
Die umfassende Datensammlung enthält auch Material aus der Schweiz: Rund 60 Hundeschädel aus der weltweit einzigartigen kynologischen Sammlung des Naturhistorischen Museums Bern flossen in die Analyse ein. Darunter sind sowohl moderne Rassen wie Bernhardiner und Berner Sennenhunde als auch jungsteinzeitliche und bronzezeitliche Hunde aus Pfahlbausiedlungen.
«Prähistorische Hunde des Schweizer Mittellandes zeigen eine Variabilität, wie man sie heute bei mittelgrossen Hunden mit sogenannt mesocephaler Kopfform findet – etwa bei Border Collies oder Gross- und Mittelspitzen», wird André Rehazek, Kurator Archäozoologie am Naturhistorischen Museum Bern in der Medienmitteilung zitiert.
Vielfalt aufgrund unterschiedlicher Aufgaben
Die Forscher fanden heraus, dass es bereits im Mesolithikum (Mittelsteinzeit) und Neolithikum (Neusteinzeit) Hunde in einer Vielzahl von Grössen und Formen gab – vermutlich als Reaktion auf ihre unterschiedlichen Rollen in frühen Gesellschaften, etwa Jagd, Viehhaltung oder soziale Bindung.
Das älteste eindeutig als Haushund identifizierte Exemplar ist circa 11'000 Jahre alt und stammt aus der mesolithischen Fundstelle Veretye (Russland). Früh domestizierte Hunde fanden sich vor rund 8500 Jahren auch in Amerika und vor 7500 Jahren in Asien. Ab diesem Zeitpunkt nahm die Variation schnell zu.

Blick in die umfassende Hundeschädelsammlung des Museums
NMBE/Lisa Schäublin
Zugleich betont die Studie die Herausforderung, die allerersten Haushunde archäologisch zu erkennen: Kein einziges spätpleistozänes Exemplar weist eindeutige Domestikationsmerkmale auf. Die Forschenden halten fest: «Die frühesten Phasen der Hundedomestikation entziehen sich uns weiterhin. Doch sobald Hunde auftraten, begannen sie sich rasch zu diversifizieren.»
Erarbeitet wurde die Studie von der University of Exeter und dem französischen Centre national de la recherche scientifique CNRS,