
Kühe, die morgens zum ersten Mal stehen, sollten nachmittags besamt werden.
Eveline Dudda
Bei Swissgenetics lag die Non-Return-Rate nach 56 Tagen im Geschäftsjahr 2024/2025 bei gut 69 Prozent. Nur sieben von zehn Kühen wurden nach dem Besamen also nicht erneut stierig. Das KB-Unternehmen verzeichnete rund 675’000 Besamungen, knapp 400’000 davon waren Erstbesamungen. Längst nicht jedes Tier wird beim ersten Belegen trächtig – eine Tatsache, die viele Milchviehhalter kennen.
Brunst nicht sichtbar
Aus wirtschaftlichen Gründen müssen sie immer mehr Tiere melken. Statt im Stall sind sie immer länger im Büro. Da fällt umso mehr ins Gewicht, dass Kühe oft kaum zeigen, dass sie stierig sind. Längst nicht jede Brunst wird überhaupt sichtbar.
Gründe dafür gibt es laut René Bucher von Swissgenetics viele: «Klauen-, Pansen- oder Gebärmutterprobleme, eine unausgewogene Energiebilanz oder sehr hohe Leistungen. Weiter eine schlechte Luft, Mängel bei den Liegeflächen respektive dem Boden oder auch bei der Futter-und/oder Wasserversorgung. Auch Stress wirken sich negativ aus. Oft sind es die rangniederen Tiere, die nicht stierig werden. Sie sind als Erstes und besonders stark betroffen.»
Noch sieben Stunden
Viele Betriebsleiter würden zudem das Problem beobachten, dass Kühe nur noch kurz oder in Schüben «stehen», weiss er. Insbesondere bei Hitze verlagern sich die Brunstanzeichen zudem häufig in die Nacht. «Die mittlere Brunstdauer einer Milchkuh beträgt noch ungefähr 7 Stunden. Das bedeutet, dass einige Kühe deutlich kürzer stierig sind.» In jeder Brunst springt eine Kuh etwa achteinhalbmal auf eine andere auf – einige mehr, andere noch weniger. Jeder Aufsprung dauert rund 4 Sekunden.
In der Summe kann man in einem Zyklus von 21 Tagen 34 Sekunden Brunstzeichen sehen. Darum kommt der Beobachtung eine immer grössere Bedeutung zu. Bei mindestens dreimal 15 Minuten pro Tag werden laut René Bucher rund 80 Prozent der stierigen Kühe einer Herde erkannt. Entscheidend ist, dass man sich ausserhalb der Stallarbeitszeiten genügend Zeit nimmt. «Bevor man morgens mit der Stallarbeit beginnt, sollte man prüfen, ob in der Nacht etwas los war.» Besser sei, nachts die Stalltür aufzumachen. «Die Melkzeiten eignen sich dazu schlecht, die Kühe lassen sich durch Melken, Füttern oder Weideaustrieb ablenken.»
Bei Flehmen ists zu früh
Was heisst das für die Besamung? Sie erfolgt 12 bis 24 Stunden nach Beginn der Hauptbrunst, also nachdem die Kuh zum ersten Mal steht. Die Hauptbrunst dauert 12 bis 24 Stunden, bei höheren Leistungen ist sie tendenziell kürzer. Vor der Hauptbrunst findet die 24 bis 48 Stunden dauernde Vorbrunst statt. Symptome sind Unruhe, Aufsprungversuche, mangelnde Fresslust, Flehmen, Beriechen, Rötung der Scham oder wässriger Schleim. In diesem Stadium ist es fürs Besamen zu früh.
Die Zeit passt erst, wenn der Duldungsreflex einsetzt. Die altbewährte «Morgens-nachmittags-Regel» besagt: «Kühe, die morgens zum ersten Mal stehen, sollten nachmittags besamt werden. Tiere, die den Duldungsreflex abends zeigen, erst am nächsten Tag.» Bei Unsicherheit lieber etwas länger warten. Wird die Hauptbrunst gegen Mittag entdeckt, bestellt man die Besamerin auf den nächsten Tag