Der Stier auf seiner letzten Reise 

Die TMF Extraktionswerk AG in Bazenheid SG sorgt für die Entsorgung und Verwertung von Tierkadavern. Ein Chauffeur erzählt von seinen Besuchen auf den Bauernhöfen in der Ostschweiz.

Ruedi Roth |

Marcel Pfister liebt seinen Beruf als Lastwagenchauffeur. «Bei verschiedenen Betrieben war ich schon angestellt. Seit 23 Jahren fahre ich nun für die TMF (Tiermehlfabrik), und hier gefällt es mir am besten.» Um acht Uhr morgens fährt der Thurgauer los. Seine Touren sind jeden Tag anders. Die drei diensthabenden Chauffeure wechseln sich mit den anzufahrenden Regionen ab.

Heute steht für Marcel Pfister der Kanton St. Gallen auf der Liste. Die gesamte, östliche Hälfte der Schweiz, inklusive Fürstentum Liechtenstein, gehört zum Kundengebiet des Toggenburger Unternehmens. Nur in den Kantonen Graubünden und Tessin werden die Kadaver von anderen Transportunternehmen nach Bazenheid geliefert. Die TMF Extraktionswerk AG ist je zur Hälfte im Besitz der öffentlichen Hand und privater Unternehmungen der Metzgereibranche. Sollte eine umfassende Seuche auftreten, hat dieses Unternehmen die Pflicht, die Einsatzbereitschaft sicherzustellen.

Gemischte Gefühle

Zielsicher steuert Marcel Pfister seinen neuen Lastwagen hinauf zum ersten Bergbauernhof im Toggenburg. Die Stimmung dort ist gedrückt. Das vielversprechende Rind hatte zu grosse Probleme bei der ersten Abkalbung und musste eingeschläfert werden. «Da ist der Missmut verständlich, und man merkt bald, dass der Besuch möglichst kurz sein soll.» Oft sei in solchen Fällen niemand zugegen bei der Entsorgung.

Marcel Pfister kontrolliert die Identität des Tiers, notiert das angezeigte Gewicht und verlädt den Kadaver mit dem Kran in den Container. «Das Dokument mit der Gewichtsangabe kann bei versicherten Tieren zum Einsatz kommen», erklärt der ruhige Thurgauer, bevor er weiterfährt. Es folgt nun die Entsorgung eines verstorbenen Pferdes im Linthgebiet. Auch bei Pferden sei selten jemand anwesend bei seinem Besuch. «Es geht immer eine Beziehung zu Ende, und die Trauer ist noch da. Aber letztlich sind doch alle froh über mein Erscheinen und darüber, dass das geliebte Tier nun aus dem Blickfeld verschwindet.»

Blumiger Abschied

Eine tote Holsteinkuh ist jetzt noch zu verladen, und dann steht die halbstündige Fahrt ins Weisstannental bevor. Ein älterer Stier hatte auf dem dortigen Gnadenhof das Becken gebrochen und musste eingeschläfert werden. Die Halter dieses Tieres banden ihm zu Ehren einen Blumenkranz um seine Hörner. Marcel Pfister hat schon viel gesehen und verrichtet seine Arbeit wie gewohnt ruhig und abgeklärt.

In der Zwischenzeit sind bei ihm telefonisch noch drei Nachmeldungen über abzuholende Tiere eingegangen. «Sie passen in meine vorgesehene Tour. Unser Logistiker organisiert auch immer sehr zuverlässig.» 1’000  Kilometer legt ein Chauffeur der TMF wöchentlich zurück. Geladen werden durchschnittlich zehn Tiere pro Tag.

Überzeit kommt vor

Marcel Pfister kennt sich gut aus. Zehn Kantone gehören zu seinem Einzugsgebiet, und nur wenige Bauernhöfe hat er dort noch nie besucht. Im Sommer könne es schon ab und zu zu Überzeit kommen. «Die Alpen sind weit verstreut. Aber dem betroffenen Alppersonal einen Dienst zu erweisen, gefällt mir.» Fünf abgegangene Kühe stehen jetzt noch auf seinem Programm.

Via Sax fährt Marcel Pfister ins Obertoggenburg. Verschiedene Umstände haben dort zu Abgängen geführt. Mancherorts wird geplaudert, die Dienstleistung verdankt und gute Fahrt gewünscht. Mit vollem Wagen wird nun das Extraktionswerk angesteuert. Abladen und eine Stunde Wagenreinigung stehen noch an. «Es ist gut gelaufen heute, und ich freue mich jetzt auf den verdienten Feierabend.»

Kommentare (17)

Sortieren nach: Likes | Datum
  • Rechthaber | 27.11.2025

    entsorgung klingt gut, die Sorgen entfernen.. ich weis nicht was gewissen Leuten daran nicht passt.


    Gute Arbeit des Chauffeurs👍

  • Barbara | 27.11.2025
    Wir sind sehr froh, dass es sehr liebe Menschen gibt, die unsere Pferde oder Ponys respektvoll laden und diese für uns entsorgen, ansonsten müssten wir das selber tun. Wir sind jeweils beim Abtransport dabei und bedanken uns
  • Emil Bumann | 27.11.2025
    Nach über 16 Jahren mussten wir unseren Hund, von Schmerzn und ständiger Atemnot erlösen lassen.
    Auch bei einem Tier hat man eine Beziehung und Liebe, deshalb ist es für mich nur normal wenn man traurig ist. Unseren Hund haben wir kremieren lassen und die Asche bei zwei schönen Bäumn der Erde übergeben.
  • Corinna | 27.11.2025
    Also das Entsorgen klingt schon allein so barbarisch....unfassbar das man das hier so nennt. Es ist ein Lebewesen wie du und ich und eine Leiche wird auch nicht entsorgt oder. Also schenkt den toten Tieren die genug ertragen haben wegen euch allen das ganze Leben lang ein wenig respekt. Ist das zuviel verlangt. Also es ist keine Entsorgung!!!! Findet einen anderen Begriff für Tötung und dann wegwerfen und Mehl drauss zu machen eklig seid ihr, wo ist die menschlichkeit geblieben. Wie wäre es mit Bestattung der Tiere. Und dann mit einem Kran so lieblos das auch noch zeigen, ihr seid krank. Es mangelt eindeutig an Respekt vor allen Arten!!!!
    • Mari | 27.11.2025
      Da gebe ich ihnen total recht und dann wird noch geschrieben das bei der Entsorgung das Tier komplett alleine ist , lisst sich als hätte der schreibende keine emotionale Hirn Funktion
    • Carolin | 27.11.2025
      Da hast du zu 1000000% recht. Furchtbar die Menschheit...einfach ekelhaft. Tiere haben keinen Wert hier.
    • Luzerner Bauer | 30.11.2025

      Hoi Corinna, ich bin auch deiner Meinung, man sollte etwas mehr Respekt vor den Tieren haben... und ihre Körper auch richtig verwerten und nicht einfach auf einem 'Gnadenhof' halten und nachher entsorgen!


      Dafür müssen wir diese Tiere nämlich gar nicht auf die Welt stellen und halten. ;-)

  • Waedi57 | 26.11.2025
    Ich finde das toll!!
    Und auch richtig für das entsorgen von dem Tier!!
    Dann weiss auch der Besitzer wo das Tier hinkommt!!
    Besser als in eine Kadaver - Stelle!!
    Danke den Leuten die dies anbieten!!👍👍
    • S.w. | 26.11.2025

      Auch die Tiere der Kadaverstelle kommen in die TMF. Diese ist auch für die Leehrungen der dortigen Container zuständig.


      Gruss aus Bazenheid

    • Corinna | 27.11.2025
      Wie wäre es mit ein wenig Mitgefühl und dann hätten Tiere auch Grabstätten und würden nicht zu Essen für lebende Tiere verarbeitet....unfassbar eure Logik. Was ist besser an dem einen Kadaver rumzufahren mit dem Kran und es dann wiederzuverwerten das tote Tier statt es endlich in ruhe tot sein zu lassen wie man es aber bei den Menschen unbedingt sein muss....die letzte Ruhestätte....hahaha krank und dann quetsch ich noch den letzten bisschen Vorteil oder Verwendung die man noch haben kann raus...ja das macht mehr sinn als eine letzte ruhestätte in ehren!!!!! Sind ja keine richtigen Lebewesen mit Herz und Seelen wie wir....nein die sind anderst entstanden ahahahaha
  • Schmed Corinne | 26.11.2025
    Mein Pferd ist auf dem Reitplatz tot zusammengebrochen und ich musste ihn auch abholen lassen. Der Chauffeur war so lieb und hat gewartet, bis mein Reitmädchen sich von unserem Pferd verabschiedet hat. Nochmals vielen herzlichen Dank für Ihr Verständnis.
  • Zurfluh Wendelin | 26.11.2025
    Wen will man dann bestrafen,wenn Tiere verenden zb bei einem Blitzschlag auf der Alp
  • Kuster Hansjörg | 26.11.2025
    Super du hast bei uns eine gute Arbeit gemacht Danke aus Bad Ragaz 🐎🐎🐴
  • Gaucho | 26.11.2025
    Habe gemischte Gefühle, warum werden die Verantwortlichen Leute nicht härter bestraft, und zwar recht hart.
    • Mike | 26.11.2025
      Warum?
      Verstehe nicht wieso, kranke Tiere sollte man doch erlösen von ihrem leid
    • Ernesto | 26.11.2025
      Mein Rat: Nochmals Wort für Wort langsam durchlesen; und dann versteht man auch, dass hier niemand etwas falsch gemacht hat.
  • Christine Meyer | 26.11.2025

    Also ich muss zugeben dass es für mich schwer ist ein Tier zu sehn, dass so sterben musste.


    Gerade wenn eine Kuh kalbt und der Bauer alles versucht um ihr zu helfen, Kuh und Kalb zu retten, letzten Endes aber doch Kampf gegen Mutter Natur verliert, finde ich es extrem grausam für alle Beteilligten.


    Aber auch wenn ich den Job von Herrn Pfister nie machen möchte, finde ich es toll dass es Leute gibt, Die sich dieser Aufgabe annehmen und so viel Verständnis zeigen.


    Vielen Dank für ihre Arbeit

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