
Landwirt Ruedi Fischer war lange Präsident der Schweizerischen Kartoffelproduzenten. Er sitzt im Grossen Rat des Kantons Bern.
zvg
«Schweizer Bauer». Sie haben zusammen mit Martin Schlup (SVP), Bernhard Brügger (SVP), Dominik Blatti (EDU) und Jürg Rothenbühler (Mitte) im Grossen Rat des Kantons Bern für eine Standesinitiative zum Meldesystem Digiflux eine Mehrheit gefunden. Was ist das Anliegen?
Ruedi Fischer: Der Kanton Bern als grösster Agrarkanton der Schweiz sendet damit ein starkes Zeichen ins eidgenössische Parlament und in die Bundesverwaltung. Die Mitteilungspflicht im Rahmen von Digiflux muss vereinfacht werden. Die bevorstehende Einführung von Digiflux war vor einem Jahr ein Auslöser der Bauernproteste. Digiflux ist beinahe zum Unwort des Jahres geworden. Man darf nicht von administrativer Vereinfachung reden und dann noch ein solches Bürokratiemonster einführen. Ohne Korrektur wird nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch das Gewerbe stark betroffen sein.
Was sind die exakten Forderungen der Standesinitiative?
Im Bereich der Pflanzenschutzmittel soll eine Deklaration des Verwendungszwecks ‒ Gartenbau, Forstwirtschaft, öffentliche Hand, Landwirtschaft ‒ zum Zeitpunkt der Inverkehrbringung reichen. So müssen Landwirtschaft und Gewerbe nicht weitere Daten erfassen. Damit bleibt auch der Datenschutz für die Unternehmen weitgehend gewahrt. Im Bereich der Nährstoffe soll die Meldepflicht an den Bund gestrichen werden. Für die Nährstoffbilanz ist auf den Betrieben, eben nicht beim Bund, ja bereits heute jede Zufuhr von Futter dokumentiert. Das kann auch jederzeit auf den Betrieben vor Ort kontrolliert werden.
Dafür muss das Landwirtschaftsgesetz geändert werden. Das ist eine andere Strategie, als sie der Ständerat letzte Woche mit der abgeänderten Motion von Nationalrat Nicolas Kolly (SVP, FR) auf Antrag der Wirtschaftskommission mit Sprecher Ständerat Werner Salzmann (SVP, BE) beschlossen hat. Die kleine Kammer hat die Einführung der Meldepflichten gemäss Landwirtschaftsgesetz bestätigt.
Ich bin der Meinung, dass dies nicht genügt. Wir brauchen eine Gesetzesänderung. Ich zweifle daran, dass damit «die Pflicht vereinfacht auf Betriebsebene erfüllt werden kann», wie Werner Salzmann im Ständerat sagte. Er sagte auch: «Konkret heisst dies, dass Meldungen für Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie wie Schotte, Zuckerrübenschnitzel, Futterkartoffeln oder Sortierabfälle von Früchten und Gemüsen dauerhaft freiwillig bleiben.» Ich bin da misstrauisch, aus Freiwilligkeit könnte bald ein Obligatorium werden. Darum engagiere ich mich politisch dafür, dass die Meldepflicht bei den Nährstoffen gestrichen wird.
Auch im Vorstand des Schweizer Bauernverbands ist man aktuell der Meinung, dass eine Gesetzesänderung nicht angemessen ist. Denn der Bauernverband hat im Frühling 2021, vor der Abstimmung über die Trinkwasserinitiative, der parlamentarischen Initiative 19.475 mit den neuen Meldepflichten für Pflanzenschutzmittel und Nährstoffpflichten zugestimmt.
Wir sind bereit, im Bereich Pflanzenschutz mehr zu melden als bisher. Das ist auch mit der von uns im Rahmen der Standesinitiative vorgeschlagenen Gesetzesänderung der Fall. Was die Nährstoffe betrifft, so hat der Grossteil der Landwirtschaft bei der Detailberatung seinerzeit gegen die Meldepflicht gestimmt. Meine Partei, die SVP, hat die gesamte parlamentarische Initiative 19.475 seinerzeit geschlossen abgelehnt. Seither zeigt sich, wie umfassend die Verwaltung dies umsetzen will. Darum rufen wir aus dem Kanton Bern jetzt Stopp.
Der Verein nichtszumelden.ch will das System Digiflux boykottieren. Was sagen Sie dazu?
Für mich ist das ein Hilfeschrei der Firmen, welche all die Meldepflichten umsetzen müssten. Wir bieten mit unserer Standesinitiative eine politische Lösung an.
Nationalrätin Katja Riem (SVP, BE) hat im «Schweizer Bauer»-Podcast gesagt, Digiflux müsse so weit wie möglich sterben. Haben Sie bereits weitere Verbündete im Bundeshaus? Es ist ja schon manche Standesinitiative im Bundeshaus versandet.
Der Berner Bauernverband steht hinter unserer Standesinitiative. Selbstverständlich werde ich diverse Gespräche mit Bundesparlamentariern führen.
Wie ist es bei der Vereinigung der Schweizerischen Kartoffelproduzenten (VSKP)? Ihr neuer Präsident Niklaus Ramseyer hat in seiner früheren Funktion als Angestellter beim SBV die Einführung von Digiflux bearbeitet.
Auch die VSKP trägt den politischen Kurs unserer Standesinitiative mit. Digiflux darf nicht so kommen, wie es die Verwaltung vorsieht.