«Ein Draht ist kein Draht»

Wer zäunt, trägt die Verantwortung, falls die Tiere ausbrechen. Es ist wichtig, die Vorgaben zu beachten. Und sich mit einer Checkliste abzusichern. Bedeutung kommt auch der Wahl des Zaunmaterials zu.

In diesen Wochen sind viele Rindvieh-, Schaf- und Ziegenhalter am Erstellen der Zäune. Es ist eine Arbeit, die Zeit braucht – und Sorgfalt erfordert. Denn wenn es zu Unfällen kommt, weil Tiere ausbrechen oder Kinder unter dem Zaun hindurch auf die Weide gelangen, haftet der Tierhalter. Gemäss Artikel 56 aus dem Obligationenrecht «Haftung für Tierhalter» muss er bei einem Unfall beweisen, dass er die Sorgfaltspflicht eingehalten hat.

Dokument haben juristisch Gewicht

«Wir empfehlen daher allen Rindviehhaltern mit Weiden im Publikumsbereich, unseren Ratgeber und die Checkliste anzuwenden », so Cornelia Stelzer von der Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL, siehe Kasten).

«Die Checkliste kann auch angewendet werden, wenn keine Wanderwege durch die Weide führen oder wenn Milchkühe oder Aufzuchtrinder geweidet werden. Die Praxis zeigt, dass dieses Dokument bei Ereignissen mittlerweile juristisch gesehen ein grosses Gewicht hat. Tierhalter können damit zeigen, dass sie die Risiken beurteilt und Massnahmen umgesetzt haben – und haben so im Fall der Fälle nicht ‹nichts› in der Hand.»

Keine Meldepflicht

Wie oft es zu solchen Zwischenfällen kommt, ist nicht bekannt. «In der Landwirtschaft gibt es keine Meldepflicht. Wir können also nicht sagen, wie viele Unfälle sich 2024 ereignet haben», ergänzt Stelzer. Vermutlich ist aber auch das letzte Jahr nicht konfliktfrei vergangen. Man liest immer wieder von Beschwerden, weil eine Person oder ein Hund den Elektrozaun berührt und einen Stromstoss erlitten hat.

Sie betont deshalb: «Elektrozäune müssen generell markiert werden, die Frequenz ist jedoch nicht vorgeschrieben. In Publikumsbereichen lohnt es sich sicher, genügend Schilder aufzuhängen.» Bei Durchgängen auf Wanderwegen ist darauf zu achten, dass nicht gleichzeitig das metallene Drehkreuz oder Tor und ein Leiter des Elektrozauns berührt werden können.»

Starke Kontraste

Konkreter sind die Vorgaben, wie Zäune für verschiedene Tierarten aufgebaut sein sollten. «Ein Draht ist kein Draht», betont Cornelia Stelzer. «Wir raten generell immer zu mindestens zwei Litzen oder Drähten. Je nach Risikobeurteilung ist dann eine dritte Litze notwendig, etwa bei Kälbern in der Weide, Stieren oder entlang von Hundespazierwegen.» Generell würden im Einzelfall die Empfehlungen der Zaunhersteller gelten, auch punkto Höhe, ergänzt sie.

«Was die Farbe der Litzen oder Bänder anbelangt, werden starke Farbkontraste besser wahrgenommen», so ihr Tipp. «Man weiss mittlerweile auch, dass Rinder, Pferde, Kleinwiederkäuer und Wild die Farbe Blau gut sehen.»

Gute Leitfähigkeit

Die Zaunhersteller raten ebenfalls bei Kälbern, Rindern und Kühen zu mindestens zwei Drähten, für den Stier zu einem dritten. Auch für Pferde werden drei Drähte empfohlen. Bei Schafen und Ziegen sind ein 90er-Netz mit 3000 Volt am Ende des Zauns und der 4-Litzen-Zaun in der Höhe eines Weidenetzes gängige Methoden. Bei Verwendung von Litzen und Drähten sowie bei breiten Bändern sollten laut der Firma Horizont die Pfähle im Abstand von 6 bis 8 m gesteckt oder geschlagen werden.

Bei 20 mm breiten Bändern sind 5 m Abstand, bei 40 mm breiten Bändern 3 m ratsam. 4 m voneinander entfernt sollten die Pfähle bei 7 bis 8 mm dicken Elektroseilen stehen. Ob man Bänder oder Drähte verwendet, spielt laut Cornelia Stelzer keine Rolle. «Wichtiger sind eine gute Leitfähigkeit und Erdung, dass gute Isolatoren verwendet werden und dass die Leiter immer gut gespannt sind. Hier macht das Band mehr Probleme, vor allem in Gegenden mit viel Wind. Band sollte nur zusammen mit Bandisolatoren verbaut werden.»

Nicht verknoten

Bei den Zaunpfählen gilt laut dem Inforama Zollikofen BE: Schwere Eichenschwellen überdauern Generationen, für das Rammen sollte aber auf spezialisierte Unternehmen zurückgegriffen werden. Vom eigenhändigen Eingraben der Schwellen wird abgeraten, da diese den Zugkräften längerfristig nicht standhalten. Bei der Verwendung von weniger groben Pfählen aus Akazie, Kastanie oder Lärche lassen sich stabile Ecken und Abschlüsse erstellen, indem sie fachgerecht verstrebt werden.

Spezielle, drehbare Eckisolatoren ermöglichen es, mehrere Hundert Meter Litze oder Band von einer Stelle aus zu spannen. Dies erleichtert das spätere Nachspannen und schont die Litze. Denn, so Cornelia Stelzer von der BUL: «Litzen und Bänder sollten nicht geknickt, gewickelt und schon gar nicht verknüpft werden, damit sie den Strom sicher leiten. Sonst respektieren die Nutztiere auch die besten Abschrankungen nicht lange.»

So sichert man sich ab

Die Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft (BUL) und Mutterkuh Schweiz haben einen Ratgeber mit Checkliste für Bauern erarbeitet, womit Gefahren erkannt und gebannt werden können. Rindviehhalter sollten ihre Weiden und Alpweiden mit diesem Ratgeber und der dazugehörenden Checkliste beurteilen und wo nötig Massnahmen einleiten und umsetzen. Die Pflicht der Bauern ist es ebenso, den Wanderern das richtige Verhalten aufzuzeigen.

Hinweistafeln und ein Merkblatt, das von der BUL, Mutterkuh Schweiz, dem Verband Schweizer Wanderwege und dem Schweizer Bauernverband erarbeitet wurde, macht Spaziergänger mit einfachen Zeichnungen auf die wichtigsten Verhaltensregeln aufmerksam. Doch Hinweistafeln allein genügen nicht, um der Sorgfaltspflicht nachzukommen. Jeder Tierhalter ist ersatzpflichtig für Schäden, die seine Tiere anrichten.

Eine zwingend nötige Haftpflichtversicherung sollte fünf bis zehn Millionen Franken Schaden decken und der Selbstbehalt massvoll begrenzt werden. Der Tierhalter kann sich von der Haftung befreien, wenn er eine Risikobeurteilung gemacht hat und nachweist, dass er alle Massnahmen zur Schadensvermeidung getroffen hat. Dies alles kann er mit der ausgefüllten Checkliste belegen.

Ratgeber mit Checkliste sowie Hinweistafeln und Merkblätter könnten unter www.bul.ch bestellt werden.  Den Leitfaden zur Alpung  von Mutterkühen gibt’s hier zum Download.

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