«Ein grosser und wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit»

Der Nationalrat hat dem Vorschlag des Bundesrats zur besseren finanziellen Absicherung von mitarbeitenden Ehepartnern und Ehepartnerinnen zugestimmt. Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband bezeichnet dies als grossen und wichtigen Schritt.

Anine Hungerbühler |

Im Falle einer Scheidung stehen mitarbeitende Ehegattinnen und Ehegatten in der Landwirtschaft oftmals mit leeren Händen da. Viele arbeiten gegen wenig oder gar keinen Lohn mit und besitzen keinen Anteil am Hof. Was als gemeinsames Lebenswerk begann, endet nicht selten in wirtschaftlicher Abhängigkeit und grosser Unsicherheit.

Der Nationalrat hat in der Sommersession dem Vorschlag des Bundesrats zur Änderung des Landwirtschaftsgesetzes zugestimmt. Ein neuer Absatz im Gesetz sieht vor, dass bei verheirateten bzw. in eingetragener Partnerschaft lebenden Betriebsleitenden künftig eine gemeinsame Beratung oder ein Nachweis einer Lohnzahlung als Voraussetzung für die Gewährung von Finanzhilfen für einzelbetriebliche Strukturverbesserungen gelten soll.

Allenfalls müssen die beiden Anforderungen kumulativ zu erfüllen sein, zum Beispiel ab einer gewissen Investitionssumme. Der Nachweis soll durch eine Selbstdeklaration erfolgen. Die zuständige Kommission unterstützt den Vorschlag laut Nationalrat Martin Hübscher (SVP, ZH) als pragmatische Lösung ohne grossen administrativen Aufwand. Sie sei eine Ergänzung zur Sozialversicherungspflicht für den Erhalt von Direktzahlungen.

Tiefes Einkommen ist das eigentliche Problem

Die Hauptproblematiken sind laut Hübscher oft nicht die fehlenden Regelungsmöglichkeiten, sondern die sehr tiefen Einkommen, die in der Landwirtschaft erzielt werden. Die allermeisten Ehen stünden unter dem Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung. «Bei einer güterrechtlichen Auseinandersetzung wird die Errungenschaft hälftig aufgeteilt. Wenn nun nichts da ist respektive alles für den Lebensunterhalt gebraucht wurde, dann gibt es auch nichts aufzuteilen – und daran ändert auch eine neue Regelung nichts», so Hübscher.

Auch Katja Riem, Nationalrätin (SVP, BE), sprach sich für die Annahme des Vorschlags aus: «Die jetzt vorgeschlagene Lösung des Bundesrates bringt keine Wunder, aber sie hilft, zu sensibilisieren, damit die Absicherung bei Invalidität, Todesfall oder im Alter verbessert werden kann.» Sie hielt fest, dass es am besten sei, wenn die Frau eigenständig als Unternehmerin im Betrieb mitarbeite, dann sei sie ohnehin richtig versichert und ihrem Partner gleichgestellt im Betrieb unterwegs. Die Vorschläge des Bundesrates wurden am Schluss mit 170 zu 12 Stimmen angenommen.

Die Gegenstimmen kamen aus der FDP. Ihr Argument: Der Staat greift ins Private ein. Vorher beantragte Jürg Grossen (GLP, BE) im Namen einer Minderheit allerdings, die Vorlage, die er als Alibiübung bezeichnete, an den Bundesrat zurückzuweisen. Er sprach Sonderregelungen an, die abzuschaffen seien. «Diese führen bisher dazu, dass mitarbeitende Ehepartnerinnen keine automatische berufliche Altersvorsorge, keine Unfallversicherung und keine Arbeitslosenversicherung erhalten, selbst wenn sie einen Lohn beziehen. All das nur, weil sie in der Landwirtschaft arbeiten und mit dem eigenen Ehemann über die ganze Sache verhandeln müssen.»

Alle, die mitarbeiten, sollen Lohn erhalten

Unterstützung erhielt Grossen von Kilian Baumann (Grüne, BE). Er sagte, Personen, die Strukturverbesserungsbeiträge beantragten, investierten in die Zukunft. «Daher ist es uns wichtig, dass alle auf dem Hof tätigen Personen ein Einkommen oder einen Lohn erhalten und entsprechend versichert sind.» Es stimme, dass die Einkünfte in der Landwirtschaft oft unzureichend seien, man könne damit aber nicht rechtfertigen, dass Bäuerinnen keinen Lohn erhielten.

Der Schweizerische Bäuerinnen- und Landfrauenverband (SBLV) schreibt auf seiner Website über die Annahme im Nationalrat: «Ein grosser und wichtiger Schritt für mehr Gerechtigkeit.» Der SBLV habe massgeblich an dieser Lösung mitgearbeitet, er freue sich sehr über diesen Erfolg.

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