Aus Brasilien, von indigenen Völkern in Indonesien, aus Zypern oder aus dem Toggenburg. In Daniel Hepenstricks Atelier im Kreis 8 der Stadt Zürich liesse sich eine Weltreise durch das Besenuniversum unternehmen.
An einer Wand sind die Besen aus den unterschiedlichen Ländern aufgehängt. Einige selbst gemacht, andere von Freunden aus fernen Ländern mitgebracht. Er selbst fliege nicht mehr.
Via Youtube-Videos gelernt
Besenbinden gelernt hat Hepenstrick, der als selbstständiger Botaniker arbeitet, mit Filmen. Begonnen hat er mit den Kurzfilmen von Margrit Linder, die die Schweizer Grashandbesen-Tradition dokumentieren. Bald einmal hatte er sich durch ihre Videos durchgearbeitet, das Interesse wurde aber immer grösser.
So machte er sich die Technik zunutze: «Ich habe ‹Wie binde ich einen Besen› in viele verschiedene Sprachen übersetzt und so in Youtube nach Videos gesucht.» Bei jeder Suche sei etwas Glück nötig gewesen, um auf die Besenbinde- und nicht die Haarflechtvideos zu stossen. Einmal im Thema drin, schlug ihm der Algorithmus immer mehr Videos vor, und Hepenstrick war vom Fieber des Besenbindens gepackt.

Zwei geflochtene Besen mit Techniken, wie sie in der Schweiz genutzt wurden.
Anine Hungerbühler
Bewahrt dank Handys
Diese einfache Zugänglichkeit zum alten Handwerk fehlt in der Schweiz laut Hepenstrick. Er habe viel Zeit investiert, um Literatur zu finden, aber fast keine gefunden. Besonders schwer sei es, Bildmaterial zu finden, das zeigt, wie die handgebundenen Besen ausgesehen haben.
«In Indien beispielsweise kam die Digitalisierung, bevor die alten Handwerke ausgestorben sind.» Viele Menschen dort besässen keine Staubsauger, aber Handys, mit denen sie ihre Besenbindetradition filmisch festhalten. Mit dem anderen Verlauf der Digitalisierung im Vergleich zur westlichen Welt böte sich die Chance, altes Handwerk zu bewahren. Denn die Techniken sind dieselben. So fand Hepenstrick heraus, dass im Berner Oberland, in Indien, im Toggenburg und auf Kreta dieselbe Flechttechnik für Grasbesen genutzt wird.
Nicht verstauben, sondern dokumentieren
All diese Ergebnisse lässt er nicht etwa in seinem Atelier verstauben, er dokumentiert alles säuberlich auf seiner Website . Aufgeschrieben wird nicht nur die Technik, sondern auch das Material.
Denn der Botaniker hat es sich zur Aufgabe gemacht, Besen nach Techniken aus aller Welt aus heimischen Materialien herzustellen. Was ihn besonders freuen würde, wäre, jemanden zu treffen, der das Besenbinden im bäuerlichen Alltag praktiziert hat.
Besen ohne Draht
Für die Besen wird bei Daniel Hepenstrick aber nicht im Baumarkt eingekauft. Er sammelt alles Material selbst. Auch Fasern von Hanfpalmen, die im Tessin invasiv sind, nutzt er. Am Flechten möge er das Spiel mit dem Material: «Die Arbeit mit Draht wäre mir zu langweilig.»
Traditionell wurde in der Schweiz Birkenreisig mit einem Besenbinder zusammengezogen und mit Draht gebunden. So entstanden die typischen Stallbesen. «Früher zogen Besenbinder von Hof zu Hof und verkauften ihre Reisigbesen.» Birkenbesen mussten zuerst genässt werden, damit die Putzleistung zufriedenstellend war. Neben dem deutlich tieferen Preis punkten die heute verbreiteten Bambusbesen also auch mit dem leichteren Gewicht.
Er verschenkt sie
Leben lässt sich vom Besenbinden heute nicht mehr. Hepenstrick verschenkt seine Besen. «Ich freue mich, wenn die Besen auch gebraucht und nicht nur ausgestellt werden.» Besen seien traditionell Gebrauchsgegenstände, die nicht repariert würden, im Gegensatz etwa zu Körben. Sein Wissen gibt der Besenbinder in Kursen weiter.
«Die Leute finden es meist noch lustig, dass jemand Besen herstellt.» Viele seien auch freudig überrascht, dass dies noch jemand tue. Ihn selbst motiviert, Neues zu entdecken. Und wer weiss, vielleicht schreibt Daniel Hepenstrick in Zukunft auch ein Buch über Besen. Vorbilder in dieser Hinsicht sind Margrit Linder und Flavia Brändle. Ihr Buch «Im Besengebiet / Field of Brooms» erscheint demnächst.
Besenausstellung
Ab dem 27. April findet im Schweizer Strohmuseum in Wohlen AG eine Besenausstellung statt. Mehr Infos finden Sie hier.




