Er steht mit dem Rebbaukataster im Konflikt

Roland Lenz pflanzt unter anderem Obstbäume zwischen seine Reben. Diese Massnahmen vermindern seine Produktionsrechte.

Cécile Luterbacher |

Auf einer Hektare Rebfläche müssen mindestens 3000 Rebstöcke stehen. Das bedeutet, dass jedem einzelnen Rebstock maximal drei Quadratmeter Boden zur Verfügung stehen. Sonst dürfen auf den im Rebbaukataster ausgewiesenen Flächen keine weiteren Kulturen geerntet werden. So ist es in der Wein- und der Direktzahlungsverordnung des Bundes festgelegt.

Mit Franziska Herren

Roland Lenz hat es sich zu seiner Aufgabe gemacht, an dieser Vorgabe zu rütteln. Der Winzer aus Uesslingen  TG dürfte dem einen oder der anderen bekannt sein: Lenz trat im Mai  2021 zusammen mit Franziska Herren in der SRF- «Arena» auf, um für die Trinkwasserinitiative zu werben. Und nun soll also mehr Platz für Biodiversität und Mischkulturen im Rebberg geschaffen werden – doch damit nicht genug. Lenz möchte auch die Vielzahl kleiner AOC-Reglemente durch ein einheitliches für die ganze Schweiz ersetzen. Dabei steht AOC («Appellation d’Origine Contrôlée») für eine kontrollierte Ursprungsbezeichnung.

In den sechs Schweizer Weinbauregionen gibt es insgesamt 62 AOC. Beim Praktikertag auf dem Bioweingut von Roland und Karin Lenz im vergangenen Herbst erzählte der umtriebige Winzer von seiner Idee, den Weinbau «neu zu denken». Neben zahlreichen innovativen Praktiken im Rebberg – darunter 1200 Haselnussbäume, 70  Walnussbäume und 50 Maulbeerbäume sowie weitere Obstbäume und Mischkulturen mit Dinkel, Hafer oder Buchweizen – ging es in seinem Beitrag auch um Kritik an den gesetzlichen und reglementarischen Rahmenbedingungen.

Unternehmerische Freiheit

Denn: Kommen seine Haselnuss- und Obstbäume in Ertrag, wird er auf rund einem Drittel seiner Fläche die Produktionsrechte verlieren, zeigt Lenz auf Nachfrage exemplarisch auf. Auf die Frage, wie eine Lösung diesbezüglich aussehen könnte, schreibt der Ostschweizer Winzer: «Abschaffen würden wir den Rebbaukataster!» Der Weinbau sei einer der wenigen Landwirtschaftsbereiche, die dem freien Weltmarkt voll ausgesetzt seien, erklärt er und fügt hinzu: «Darum brauchen wir bessere Rahmenbedingungen und unternehmerische Freiheit.»

An das Argument, dass eine Abschaffung zu einer Überproduktion führen würde, glaubt er nicht. Jeder, der eine neue Fläche bestocke, werde sich gut überlegen, ob er das tun solle. Dabei entstünden nicht nur Kosten von 125’000 Franken pro Hektare, sondern auch Absatzdruck. «Betreffend AOC-Regelungen wären wir für eine Vereinfachung, nicht Abschaffung: ein AOC-Reglement für die ganze Schweiz», schreibt Lenz weiter.

Flächencode 725

Neben dem Thurgauer Landwirtschaftsamt bietet auch die Fachstelle Rebbau der Kantone Thurgau und Schaffhausen Roland Lenz Unterstützung an. Deren Leiter Hansueli Pfenninger bestätigt dies auf Nachfrage. Ihm sei daran gelegen, die unternehmerische Freiheit der Winzer und Winzerinnen so weit wie möglich zu gewähren. Konkret erhofft sich Roland Lenz eine Änderung der Direktzahlungsverordnung (DZV). Nach ihm soll der Flächencode 725 für Permakultur – unter den auch die Mischkulturen auf dem Bioweingut Lenz fallen könnten – angepasst werden.

Dieser Code existiert seit 2020 im Flächenkatalog des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW) und beschreibt eine «kleinräumige Mischung verschiedener Kulturen mit mehr als 50 Prozent Spezialkulturen». Allerdings sind Reben in dieser Beschreibung nicht enthalten. Mit einem zusätzlichen Artikel schlägt Lenz daher vor, dies nachzuholen. Somit wäre sichergestellt, dass ihm keine Einbussen bei den Direktzahlungen drohen. Aktuell ist das der Fall. clu

Mit nur 15’000 Hektaren Rebfläche müsste das zu schaffen sein. Er verweist auf die deutschen Weinbaugebiete wie das Elsass oder Baden, die eine vergleichbare Grösse haben, und schreibt weiter: «Die Kantone würden massiv entlastet werden, und auch der Kontrolldruck von der Eidgenössischen Weinhandelskontrolle wäre viel kleiner.»

Guy Parmelin lachte

Roland Lenz spricht, wie er sagt, für sich persönlich sowie für viele Kollegen, die auf AOC verzichten und Landwein («Vin du Pays») produzieren. Um deutlich zu machen, dass ihm die Ambition dieses Plans bewusst ist, ergänzt er: «Als Bundesrat Guy Parmelin hier war, habe er gelacht und gemeint, dass das eine zukunftsträchtige Idee wäre, aber wir beide das wohl nicht mehr erleben würden.»

Auch die Abschaffung des Rebbaukatasters – und damit Roland Lenz’ Vorstellung, dass jeder Winzer selbst entscheidet, wo er seinen Wein anbaut – ist noch in weiter Ferne. In einem ersten Schritt erhofft er sich nun, über das Thurgauer Landwirtschaftsamt Abklärungen beim Bundesamt für Landwirtschaft treffen zu können, ob Anpassungen in der Direktzahlungsverordnung möglich sind.

Das Wetter heute in

Lesershop

Hier gehts zum Lesershop

Umfrage

Setzt Ihr auf Natursprung?

33.8 % Ja, ausschliesslich
18.9 % Nein, nie
24.3 % Ja, je nach Kuh
12.2 % Ja, als letzte Chance (wenn KB mehrfach erfolglos)
10.8 % Manchmal

Teilnehmer insgesamt 74

Zur aktuellen Umfrage

Bekanntschaften

Suchen Sie Kollegen und Kolleginnen für Freizeit und Hobbies? Oder eine Lebenspartnerin oder einen Lebenspartner?