Forscher wollen es regnen lassen und Blitze ableiten

Sie wollen Blitze umleiten und Wolken zum Regnen bringen: Eine Forschergruppe in Genf arbeitet an nichts geringerem, als das Wetter mit Lasern zu beeinflussen. Unlängst gelang es ihnen, in einer Wolkenkammer Eiskristalle zu vermehren - so könnten dereinst «kühlere» Wolken erzeugt werden.

sda |

Sie wollen Blitze umleiten und Wolken zum Regnen bringen: Eine Forschergruppe in Genf arbeitet an nichts geringerem, als das Wetter mit Lasern zu beeinflussen. Unlängst gelang es ihnen, in einer Wolkenkammer Eiskristalle zu vermehren - so könnten dereinst «kühlere» Wolken erzeugt werden.

Auch gefährliche Blitzschläge wollen die Tüftler mit Lasern  ablenken - etwa von startenden Flugzeugen oder heiklen Gebäuden wie  Atomkraftwerken. «Wir sind zwar noch weit davon entfernt, aber wir  hoffen, dass wir in Zukunft Blitze und Wolken beeinflussen können»,  erklärte Jérôme Kasparian von der Biophotonics-Gruppe der  Universität Genf der Nachrichtenagentur sda.

Was wie Science Fiction klingt, ist dank neuen Lasern mit  ultrakurzen Pulsen in den Bereich des Möglichen gerückt. Dies sind  Laser, die Lichtimpulse mit einer Energie im Terawatt-Bereich  (Billionen Watt) für Femtosekunden (Millionstel einer  Billionstelsekunde) aussenden können. Sie sind die kürzesten  Ereignisse, die heutzutage künstlich erzeugt werden können.

Einen solchen Laser hat das Team um Kasparians Chef Jean-Pierre  Wolf zusammen mit Kollegen aus Deutschland und Frankreich eigens  gebaut, um herauszufinden, was damit in der Atmosphäre passiert.  Der «Teramobile» kann eine Energie von fünf Terawatt erzeugen und  passt gerade eben in einen Frachtcontainer, sodass er auch in  freier Natur einsetzbar ist.

Spukhaftes Phänomen

In der Atmosphäre kreiert der Laser ein spukhaftes Phänomen: Die  hochenergetischen Laserpulse ionisieren die Luft - sie entreissen  also den Luftmolekülen ihre Elektronen - und formen einen Strom  leitenden Plasmakanal. Diese «Filamente» genannten Kanäle können  mehrere Kilometer in die Atmosphäre hinauf reichen.  Ionisierte Gase können in einer Nebelkammer Wasser kondensieren  lassen, sodass sich Tröpfchen bilden. Dies hatte der britische  Nobelpreisträger Charles Wilson schon 1896 entdeckt. So kamen die  Genfer Wissenschaftler auf die Idee, dass der Laser diesen Effekt  noch stärker auslösen und richtige Wolken erzeugen könnte.

Wolken erzeugen, Klima kühlen

Tatsächlich bildeten sich bei entsprechenden Versuchen in einer  Wolkenkammer mit Wasserdampf Wolkenschleier, die von blossem Auge  sichtbar waren. Auch bei einem Feldversuch vor einigen Jahren, bei  dem sie den Teramobile-Laser in den Himmel über Berlin richteten,  konnten die Forscher Kondensation messen. Um es regnen zu lassen,  war die Wirkung aber doch zu schwach.

Jüngste Experimente zeigen einen weiteren, unerwarteten Effekt:  In einer speziellen Wolkenkammer am Karlsruher Institut für  Technologie (KIT), die verschiedene Wolkentypen erzeugen kann,  vermehrte der Laser die Eiskristalle in Schleierwolken um den  Faktor 100. Dies sei «überraschend stark», berichteten die Forscher  kürzlich im Fachblatt «Proceedings of the National Academy of  Sciences» (PNAS).

Dadurch leuchteten die Wolken dreimal heller. Hellere Wolken  reflektieren UV-Strahlung, die für den Klima erwärmenden  Treibhauseffekt verantwortlich ist, vermehrt zurück ins All. «Wir  würden davon einen Netto-Abkühlungseffekt für das Klima erwarten»,  sagte Kasparian.

Blitze kontrollieren

Parallel dazu verfolgen die Forscher eine andere Idee: Blitze  sind elektrische Entladungen, die sich immer den einfachsten Weg  suchen. Könnten die ionisierten Filamente also nicht auch Blitze  ableiten? Etwas Ähnliches haben Forscher schon mit Raketen  geschafft, die Metalldrähte hinter sich her ziehen. Der Blitz  entlädt sich entlang des Drahts in den Boden. Die Methode ist aber  noch unzuverlässig. 

Tatsächlich gelang es den Genfern, mit dem Teramobile-Laser  Entladungen im Labor auszulösen. Diese folgten in gerader Linie den  Filamenten, statt die zufällige Zick-Zack-Route eines normalen  Blitzes zu nehmen. Sogar in echten Gewitterwolken in New Mexiko  konnten sie Entladungen, also quasi «Blitz-Frühstadien» erzeugen.  «Um einen echten Blitz in einem Gewitter auszulösen, ist unser  Laser aber nicht stark genug», sagte Kasparian. Noch nicht, ist der  Physiker überzeugt.

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