Führen gemeinsam: Der Visionär und die Strategin

Im st. gallischen Neckertal hat der Adelbach-Hof einen bemerkenswerten Wandel durchgemacht: Aus dem klassischen Familienbetrieb wurde ein Unternehmen mit eigener Molkerei und effizienter Direktvermarktung. Hier verraten sie ihr Erfolgsgeheimnis.

Silvana Roffler |

In Necker SG auf rund 600 Metern über Meer bewirtschaften Leandra und Köbi Hagmann den Adelbach-Hof. Die Hagmanns setzen auf eine klare «Low Input – High Output»-Strategie. Mit 20 bis 25 Milchkühen produzieren sie jährlich rund 6’500kg Milch pro Tier, und das mit minimalem Kraftfuttereinsatz.

Arbeiten ausgelagert

Die gemischte Herde von Brown Swiss bis Simmentaler werden mit einem Roboter gemolken und sind den grössten Teil des Jahres auf der Weide. Ein betriebseigener Stier deckt die Kühe. Auf eine eigene Aufzucht wird verzichtet. Der dadurch frei gewordene Stallraum wurde zum Produktionsbereich für die hofeigene Molkerei umgebaut.

Durch das Auslagern ineffizienter oder zeitintensiver Arbeiten an Lohnunternehmer konnte die notwendige Präsenzzeit auf dem Betrieb massiv reduziert werden. Von ursprünglich 200 Prozent Arbeitszeit auf rund 60 Prozent. Die gewonnene Zeit wird in den Aufbau der Molkerei und die immer weiter führende Spezialisierung auf kundenorientiere Produkte gesteckt.

Hofeigene Milchverarbeitung,

Zwei Jahre nach der Hofübernahme wagten die Hagmanns den Einstieg in die hofeigene Milchverarbeitung, zunächst mit Pastmilch. Die Nachfrage war gross, die vorhandene Rohmilch war jedoch schnell aufgebraucht. Die Konsequenz: eine schrittweise Umstellung auf die Produktion von laktosefreiem Joghurt, ein Nischenprodukt, das besonders bei Spitälern und Altersheimen gut ankommt.

Die Nachfrage stieg stetig, und bald wurde das Sortiment erweitert. Anfangs wurden kleine 100-Gramm-Becher angeboten, später entwickelte sich das Sortiment weiter: Heute produziert der Betrieb verschiedene Sorten und Grössen, abgestimmt auf die Bedürfnisse eines wachsenden Kundenstammes.

Nur regionale Zutaten

Besonders erfolgreich ist das hausgemachte Birchermüsli: Aus einem Kilogramm Milch entstehen etwa zwei Kilogramm Müesli, alles unter Verwendung regionaler Zutaten. «Lieber etwas mehr bezahlen, aber dafür genau wissen, von wem die Ware stammt», sagt Köbi Hagmann. Somit wird bewusst auf regionale Handelspartner geachtet.

Die grösste Herausforderung liegt in der Produkthaltbarkeit. Diese wird nur durch strenge Einhaltung von Hygienestandards gewährleistet. Sie sind für die Hagmanns das klare Erfolgsgeheimnis. Ein entscheidender Schritt zur Vermarktung des Birchermüslis war die Investition in eine Schockfrostanlage. In nur zweieinhalb Stunden können 500kg Masse bis in den Kern gefroren werden. Dieser Prozess verbessert die Qualität des Müslis erheblich.

Schweizweiter Vertrieb

Die Schockfrosttechnik ermöglicht es zudem, das Birchermüsli als Take-away-Produkt schweizweit zu vertreiben. Für Bäckereien bedeutet dies weniger Food-Waste, da nur die benötigte Menge aufgetaut werden muss. Übrig gebliebene Portionen können problemlos wiederverwendet werden. Die für den Schockfrostprozess benötigten 50  Kilowatt Strom pro Frostvorgang werden von der eigenen Solaranlage auf dem Betrieb geliefert. Ein Chauffeur beliefert dreimal pro Woche Spitäler, Altersheime und Bäckereien.

Der direkte Kontakt zu den Kunden ist dabei zentral. Rückmeldungen fliessen direkt in die Produktentwicklung ein, und auch in Zukunft plant die Familie, weitere Zutaten wie geraffelte Äpfel oder Beeren direkt mitzuliefern. Leandra Hagmann übernimmt als Produktionsleiterin den täglichen Betrieb und sorgt mit viel Organisationstalent dafür, dass alles reibungslos läuft.

Der Visionär und die Strategin

Sie ist die Strategin, die Prozesse optimiert und deren Umsetzung überwacht. Köbi Hagmann bringt als Visionär neue Ideen ein, kümmert sich um den Kundenkontakt und ist zudem für die Landwirtschaft zuständig. Gemeinsam bilden sie ein starkes Team, das auch ihre sieben Mitarbeitenden, die in Teilzeit und Vollzeit arbeiten, motiviert und integriert.

Früher hielten die Hagmanns rund 110 Mastschweine in konventioneller Stallhaltung. Heute sind es nur noch zehn Freilandschweine, die ausschliesslich direkt vermarktet werden. Ein Bereich des Stalls wurde mit Panzerglas ausgestattet, sodass Spaziergänger direkt einen Blick auf die Haltung werfen können. Diese Offenheit schafft Vertrauen bei den Kunden und macht die Produktion greifbar.

Die Familie Hagmann hatte zu Beginn keine Erfahrung in der Lebensmittelverarbeitung. Sie musste sich alles selbst beibringen, stellte immer wieder alles infrage, verbesserte Prozesse kontinuierlich. «Wenn ein Produkt so knapp kalkuliert ist, dass man bei der Qualität sparen muss, stimmt das Konzept nicht», sagt Köbi Hagmann. Faire Preise entlang der gesamten Wertschöpfungskette seien langfristig für alle Beteiligten die bessere Lösung.

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