«Für viele Bauern ist Wolle einfach lästig»

Simon Zaugg schert 10’000 Schafe im Jahr. Er erklärt, was die Absage der Wollannahmen für die Schafhalter bedeutet.

ats |

«Schweizer Bauer»: Die Frühlingswollabnahmen von Swisswool wurden abgesagt. Inwiefern sind Ihre Kunden davon betroffen? Simon Zaugg: Bis jetzt hat das noch niemand erwähnt und ich wurde noch nicht drauf angesprochen.

Hatten die Wollabnahmen eine Bedeutung in der Branche? Ich denke die regionalen Annahmen sind für viele schon wichtig gewesen. Es gibt neben den grossen Abnehmern wie Swisswool, Fisolan und Fiwo noch ein paar kleinere Unternehmen oder Privatpersonen, die auch Wolle annehmen. Aber auch die sind irgendwann am Limit.

«Der Rohstoff Wolle hat in der Schweiz keinen Wert.»

Simon Zaugg

Was bedeutet das kurzfristig für die Schafhalter? Ich denke, diese Saison wird sich nicht viel ändern. Und auch sonst wird es keine grossen Veränderungen geben. Scheren muss man die Schafe so oder so. Grössere Betriebe werden die Wolle vielleicht lagern, bis es einen Abnehmer gibt. Kleinere Betriebe werden die Wolle vermutlich entsorgen.

Was sind die mittel- und langfristigen Folgen? Noch schwierig zu sagen. Viel verdient haben die Schafhalter mit der Wollabgabe sowieso nicht. Aber immerhin konnten sie die Wolle wieder an einem Ort abgeben. Für viele Schafhalter – besonders die Berufsschäfer – ist es recht mühsam, zehn bis zwanzig Big-Bag-Säcke Wolle entsorgen zu müssen. Es ist einerseits Schade, dass die Wolle keinen Wert hat in der Schweiz. Andererseits ist das Entsorgen aufwendig und kostet recht viel Geld. Für viele Bauern ist Wolle sowieso einfach lästig.

Weshalb? Wie gesagt, der Rohstoff Wolle hat in der Schweiz keinen Wert. Je nach Qualität wird pro Kilo Wolle ein Preis von 20 Rappen bis zu 1.5 Franken bezahlt. Damit ist nicht einmal das Schafscheren bezahlt. Je nachdem ob die Wollabnahme in der Region ist, oder ob man damit zuerst eine Stunde Anfahrtsweg hat -kann man mit dem Wollerlös bestenfalls die Entsorgungskosten decken.

Wann ist Hauptscherzeit? In der Schweiz haben wir zwei Scherzeiten. Mitte März hat sie angefangen und dauert bis Ende April. Nach der Alpzeit bis zum Einstallen der Schafe ist die zweite Scherperiode.

Wie ist die Wollbranche organisiert? Es gibt den Verein Pro Wolle Schweiz, der versucht, die Wollbranche schweizweit zu organisieren. Generell ist die Branche und auch das Schafscheren an sich recht schlecht organisiert. Wenn man im Internet sucht, findet man schon Scherer und Verarbeiter, aber es gibt keine zentrale Organisation.

Bei der Zucht wurde praktisch nicht auf die Wollqualität geschaut.»

Simon Zaugg

Was wünschen sich die Schafhalter? Ich denke, eine Plattform, auf der alle Infos vorhanden sind, würde sicher genutzt werden. Aber es braucht jemand, der es machen will. Niemand will aber den Aufwand auf sich nehmen. Vor allem die professionellen Schafhalter würden sich wünschen, dass die Wolle abgenommen und verwertet und nicht entsorgt werden muss. Die Frage wird meiner Meinung nach ein ewiges Thema bleiben. Eine Zeitlang gab es einen rechten Hype auf Dünger-Pellets aus Schafwolle, aber davon ist heute wenig zu spüren. Ich weiss nicht, ob der Markt gesättigt ist oder der Absatz nicht so gut, wie man ursprünglich dachte. Für die Textilindustrie kann die Schweizer Schafwolle qualitätsmässig nicht mithalten.

Warum? Bei der Zucht wurde praktisch nicht auf die Wollqualität geschaut. Schweizer Wolle ist für die Textilindustrie zu kurz. In der Schweiz werden Schafe in der Regel zweimal im Jahr geschoren, weil viele im Winter in Stallhaltung verbringen. Durch das Scheren bleiben die Tiere in den Wintermonaten sauberer. Die Rassenvielfalt in der Schweiz macht die ganze Situation mit der Wollqualität noch schwieriger. Viele verschiedene Farben und Faserstrukturen machen die Verarbeitung in der Industrie aufwändiger und damit auch teurer. In Ländern wie Australien oder Neuseeland sind die Schafbestände pro Betrieb viel grösser. Es macht einen Unterschied, wenn Wolle von 4000 Schafen der gleichen Rasse, die nur einmal pro Jahr geschoren werden, weil sie immer draussen gehalten werden, verarbeitet wird.

«Durch Absage werden 80 Tonnen nicht verarbeitet»

Swisswool hat alle Wollabnahmen im Frühling abgesagt. Dadurch werden rund 80 Tonnen Wolle nicht aufgekauft und verarbeitet. Geschäftsführer Friedrich Baur erklärt, wie es dazugekommen ist und wie es weitergeht. -> Hier lest Ihr mehr

Was machen Sie mit Ihrer Wolle? Bei uns in Schwarzenburg ist noch jemand privat der Wolle annimmt. Ich liefere die Wolle meiner Schafe dort ab. Ein Grossteil wird zu Isolation verarbeitet.  

Beenden Sie die Sätze… Die Absage der Wollannahme ist…  Schade aber kein Drama Wolle ist… ein sehr guter und vielseitiger Rohstoff der viel zu wenig Anerkennung hat Schafe sind… ideale Tiere für eine nachhaltige Bewirtschaftung  von Grünland und Alpen Landwirtschaft ist… meine Leidenschaft

Zur Person

Simon Zaugg aus Lanzenhäusern BE ist Landwirt , Schafhirt und Schafscherer. Er hält 100 Mutterschafe. Im Sommer betreut er 2000 Schafe auf der Alp. Im Winter ist der 33-jährige als Wanderschäfer unterwegs. ats

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