Im Geschäftsjahr 2023 hatte die Bayer-Division Crop Science insbesondere unter «erheblichen Preisrückgängen» bei den glyphosathaltigen Produkten zu leiden. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) vor Sondereinflüssen von Crop Science sank gegenüber 2022 um 26,6% auf 5,038 Mrd. Euro (4.79 Mrd. Franken).
Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten
Zu den Glyphosat-Rechtsstreitigkeiten in den USA kündigte Anderson «neue Ansätze» an. Die Bayer AG stellte im kürzlich vorgelegten Geschäftsbericht 2023 fest, dass bis zum 31. Januar 2024 die US-Tochter Monsanto in einer beträchtlichen Zahl von Ansprüchen Vergleichsvereinbarungen erzielt habe oder kurz davorstehe.
Von insgesamt etwa 167’000 angemeldeten Ansprüchen seien rund 113’000 verglichen worden oder erfüllten nicht die Vergleichskriterien. Bis Ende Januar 2024 wurden laut Bayer 19 Verfahren vor Bundes- oder einzelstaatlichen Gerichten mit Geschworenen in den USA abgeschlossen. In zehn davon entschieden die Jurys zugunsten von Monsanto, während in neun den Klagenden kompensatorischer Schadenersatz sowie ein Vielfaches davon als «Strafschadenersatz» zugesprochen wurde.
Rückendeckung durch Behörden
Nach Auffassung des Leverkusener Konzerns basieren die Urteile zugunsten der Kläger auf zahlreichen beweiserheblichen und rechtlichen Fehlern sowie verfassungswidrig überhöhten Schadenersatzfestsetzungen. Vor Bundesgerichten sind laut Bayer derzeit zwei Berufungsverfahren anhängig, in denen es um den Vorrang des Bundesrechts vor dem Recht der einzelnen Bundesstaaten geht.
Zum 31. Dezember 2023 beliefen sich die Rückstellungen des Unternehmens für den Verfahrenskomplex Glyphosat auf insgesamt 5,7 Mrd. Euro (5.42 Mrd. Franken). Nach wie vor bestehen aus Sicht der Bayer AG keinerlei Bedenken in Bezug auf die Sicherheit der Produkte. Man habe gute Argumente zur Verteidigung gegen die erhobenen Ansprüche und beabsichtige, die Sicherheit von Glyphosat und seinen glyphosatbasierten Herbiziden entschieden zu verteidigen, so der Konzern.
Auch Anderson betonte jetzt nochmals: «Glyphosat ist sicher.» In der Europäischen Union wurde die Zulassung des Wirkstoffs gerade um zehn Jahre bis zum 15. Dezember 2033 verlängert. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte im Juli vorigen Jahres aus wissenschaftlicher Sicht keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine erneute Zulassung vorgebracht. In den USA hatte die dortige Umweltschutzbehörde (EPA) mehrfach betont, dass die umfangreichen wissenschaftlichen Erkenntnisse weiterhin die Sicherheit von Unkrautbekämpfungsmitteln mit Glyphosat stützten und dass dieser Wirkstoff nicht krebserregend sei.
Landwirtschaft nicht die Hauptquelle?
Derweil könnte das negative Image des Herbizidwirkstoffs an anderer Stelle abgeschwächt werden. Wie die Monatszeitschrift «spektrum» berichtete , deutet eine wissenschaftliche Untersuchung darauf hin, dass ein Teil des Glyphosats in der Umwelt aus einer ganz anderen Quelle stammt als bisher vermutet, nämlich als Abbauprodukt von Wasserenthärtern. Statt der Landwirtschaft könnten demnach Waschmittel für den größten Teil der Umweltbelastung mit dem Wirkstoff verantwortlich sein.
Ein Forscherteam um die Umweltchemikerin Carolin Huhn von der Universität Tübingen verglich die Konzentrationen von Glyphosat und seinem Abbauprodukt AMPA in europäischen und US-amerikanischen Flüssen. Danach passen in den USA die Daten gut zur Landwirtschaft als Quelle, in Europa indes überwiegend nicht. Hier legt der zeitliche Verlauf der Konzentrationen den Forschenden zufolge eher Abwasser als Quelle nahe.
