Dämmstoffe aus Schweizer Wolle sind zunehmend begehrt. Ruedi Gasser aus Rapperswil BE hat Backsteine entwickelt, die mit Wolle von Schweizer Schafen gefüllt sind. Er liess das weltweit bislang einzigartige reine Naturprodukt sogar patentieren.
Schweizer Wolle ist aufgrund seiner feuchtigkeitsregulierenden und wärmedämmenden Eigenschaften als Isolationsmaterial für Neubauten begehrt. So kann Wolle bis zu 33 % ihres Gewichts an Feuchtigkeit aufnehmen, ohne zu schimmeln, und diese bei Trockenheit wieder an die Umgebung abgeben. Im Winter sorgt Wolle dafür, dass die Wärme im Gebäude bleibt und im Sommer draussen.
40 Tonnen Schafwolle
Aufgrund dieser Eigenschaften entschied sich Ruedi Gasser, Mit-Inhaber und Geschäftsführer der Gasser Ceramic AG, die Backsteine und Ziegel produziert, ins Wollgeschäft einzusteigen. «Letztes Jahr verarbeiteten wir bereits knapp 40 Tonnen Schweizer Schafwolle», sagt Gasser. Dies, obschon er erst seit etwa vier Jahren Wolle in die Löcher seiner Backsteine stopft.
Gasser betreibt keine eigene Wollsammlung. Er arbeitet stattdessen mit der Fiwo AG in Amriswil TG zusammen – einem der ersten Unternehmen der Schweiz, welches Dämmstoffe aus Wolle herzustellen und zu vertreiben begann. «Wir kaufen die Wolle gewaschen, aber praktisch als Rohwolle und machen daraus gemäss unseren Bedürfnissen Flocken, die sich in die Steine eintragen lassen», erklärt Gasser.
Patent auf Produkt
Weil das System weltweit bislang einzigartig sei, liess sich Gasser das Produkt patentieren. Er verrät aber: «Wir bringen die Wolle in die Backsteine ein, indem wir die frisch gebrannten Steine auf einem Band über einen Rütteltisch laufen lassen, über dem die Wolle eingefüllt und dann noch gepresst wird.»
Er nutzt dazu dieselben Steine, er nennt sie «Capo», an denen er für ein ähnliches Produkt jahrelang getüftelt hat. Denn zuerst müssen die Backsteine selbst hohen Ansprüchen genügen. «Es ist eine sehr hohe Massgenauigkeit erforderlich, und die Steine müssen angemessen porös und filigran sein», erklärt Gasser. Äusserlich am auffälligsten ist aber das Lochbild. Statt vieler kleiner Löcher besteht ein etwa 11 Kilo schwerer Capo-Baustein aus weniger, dafür bedeutend grösseren Löchern.
100-Prozent-Naturprodukt
«Früher wurden neue Gebäude meist mit einem Doppelschalen-Mauerwerk gebaut, mit Isolationsmaterial in der Mitte. Heute werden viele Gebäude nur noch einschalig gebaut, mit Stein- oder Glaswolle als Aussenisolation», erklärt Ruedi Gasser den Grund, weshalb er an einem neuen Baustein-Typ zu tüfteln begann.
Langfristig könne die Aussenisolation den Witterungseinflüssen zwar weniger gut standhalten, doch könnten neue Gebäude nicht nur billiger, sondern auch schneller gebaut werden.
Um Marktanteile zurückzugewinnen, entwickelte Ruedi Gasser daher zuerst einen mit mineralischer Glaswolle gefüllten Backstein. Er wollte allerdings auch ein «Natur-pur-Mauerwerk» verkaufen können. «Ziegelsteine werden aus Ton, einem reinen Naturprodukt, gebrannt. Dank der Schafwolle darin haben wir nun auch ein 100-Prozent-Naturprodukt», erklärt der Geschäftsmann.
Restwolle genügt
Schweizer Schäfer und Schäferinnen profitieren davon allerdings noch kaum. Zwar sind die Preise für Wolle in den letzten Jahren gestiegen, sie bewegen sich aber noch immer auf einem so tiefen Niveau, dass der Scherer deutlich teurer ist, als die Wolle einbringt.
Beim gefüllten Backstein ist es so, dass die Wolle nicht sichtbar ist. Ruedi Gasser genügt daher mischfarbige Restwolle, für die derzeit gerade mal 10 bis 20 Rappen pro Kilo bezahlt wird. Trotzdem kosten mit Wolle gestopfte Backsteine etwas mehr als jene, die mit Glaswolle gefüllt sind.
Die wärme- und feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften der Wolle ermöglichen es Bauherren und Architektinnen, Gebäude zu erstellen, in denen es sich spürbar komfortabel wohnen lässt, man gegen Lärm jeglicher Art geschützt ist und bei denen mehr Sicherheit im Brandfall gewährleistet ist.
