Am vierten Tag der Leserreise auf Malta standen eine Besichtigung einer Schaf- und Schweinebetriebs auf dem Programm. Trotz der kleinen Strukturen konnten sich beide Betriebe eine Existenz aufbauen. In Sachen Tierwohl gibt es zur Schweiz aber beträchtliche Unterschiede.
Schaf- und Ziegenkäse sind auf Malta hoch im Kurs. Überall in den Supermärkten und Lebensmittelgeschäften sind diese zu finden. Auf der Insel finden sich deshalb auch Schafmilchproduzenten. Die Reisegruppe des „Schweizer Bauer“ besuchte einen davon in der Nähe von Rabat im Südwesten von Malta.
Futter grösstenteils importiert
Chris Zahra führt zusammen mit seiner Frau, einem Angestellten für den Verkauf sowie einer Aushilfe den 2,5 ha grossen Betrieb. Die meisten Nutztierhalter auf Malta besitzen wenig oder gar kein eigenes Kulturland. Auf seiner Fläche kultiviert Chris Getreide und Klee. Das reicht natürlich nicht aus, um die 100 Schafe zu versorgen. Den grössten Teil des Futters kauft er zu. Das Stroh stammt aus Grossbritannien. Für eine 300 Kilo schwere Quaderballe muss er rund 145 Euro bezahlen.
Die Hälfte des Strohs produziert er selbst, der Rest wird zugekauft. Das Mischfutter wird von Sizilien eingeführt. Die italienische Insel ist rund 100 Kilometer von Malta entfernt. 100 Kilo Pellets kosten ihn rund 34 Euro. Die kleinen Siloballen erwirbt Chris von Bauern aus der Region. Eine schlägt mit 7,50 Euro zu Buche.
Kein Weidegang
Wie sämtliche Nutztiere auf Malta werden die Schafe nicht ins Freie geführt. Das Weiden ist auf der Insel aus klimatischen (in den Sommermonaten fehlt es an Gras), aber auch aufgrund der begrenzten landwirtschaftlichen Nutzfläche nicht möglich. Der Stall von Chris ist von guter Bausubstanz, die Räume sind gut durchlüftet. Einzig bei der Klauenpflege sind einige Mängel festzustellen.
Gemolken wird zweimal täglich, pro Tag gibt ein Schaf 1,5 kg Milch. Der Rohstoff wird auf der hofeigenen Käserei verarbeitet. Chris kauft auch von anderen Schafbauern Milch zu. Diesen zahlt er einen Milchpreis von 1,35 Euro/kg aus. Produziert wird Frischkäse oder getrockneter Käse – dieser ist typisch für Malta. Sämtliche Milch wird pasteurisiert.
Direktvermarktung als Absatzkanal
Aus einem Kilo Schafmilch stellt er 7 kleine Frischkäse à 80 Gramm her oder vier getrocknete Käse. Für ein Kilo Appenzeller werden im Vergleich rund 10 Kilo Milch benötigt. Für die Vermarktung hat Chris einen Verkäufer angestellt, der die Produkte mit einem Lieferwagen ausliefert. Diesem bezahlt er für maltesische Verhältnisse fürstlich. Pro Monat zahlt er dem Angestellten rund 1700 Euro brutto aus. Doch das Engagement lohnt sich. Die gesamte Produktion wird über Direktvermarktung abgesetzt. Die gut 60 Kunden zahlen pro Kilo getrockneten Schafkäse 23 Euro, ein Frischkäse wird für 70 Cent verkauft.
Die Schafe lässt er nach 4 bis 5 Jahren schlachten. Chris kann von seinem Betrieb gut leben. Doch hat er vor wenigen Jahren auch kräftig investiert. Rund 300‘000 Franken steckte er in den Stallausbau. Rund 50 Prozent der Kosten wurden über Förderprogramme der EU zurückerstattet. „Eigentlich sind es aber nur 20 Prozent, da ich noch sehr viel Eigenarbeit hineingesteckt habe“, hält Chris Zahra fest.
Höchster Schweinepreis der EU
Auch der am Nachmittag besuchte Schweinezucht- und mastbetrieb „profitiert“ von den kleinräumigen Strukturen des Landes. Die Transportzeiten sind äusserst kurz, der Zwischenhandel ist praktisch ausgeschaltet. Schweine auf der Insel Gozo beispielsweise werden dort geboren, gemästet, geschlachtet und auch verkauft.
Die Schweinebauern auf Malta können deshalb auch die höchsten Preise in der EU lösen. Pro Kilo Schlachtgewicht werden bis 2,24 Euro bezahlt, im Laden kostet aber ein Kilo Schweinefleisch im Durchschnitt nur zwischen 4,80 bis 5,20 Euro. Das durchschnittliche Schlachtgewicht liegt bei 88 kg, variiert aber von Betrieb zu Betrieb stark.
Hitze beeinträchtigt Fruchtbarkeit
Organisiert haben sich 60 von 100 Schweinebauern des Landes in der Kooperative „Pig Breeders Co-operative Society“. Dieser steht Oliver Frendo vor. Der studierte Tierarzt führt die Leserreisegruppe durch den Betrieb, welcher deutlich grösser ist als ein Durchschnittsbetrieb auf Malta. Hier werden zwischen 105 und 110 Zuchtsauen gehalten, die Anzahl Mastschweineplätze liegt bei 1‘200. Um die Genetik aufzufrischen, werden aus Grossbritannien zuweilen Zuchtschweine eingeführt. Die künstliche Besamung ist auf dem Eiland noch nicht so verbreitert. Erst 30 Prozent der Schweine werden so besamt. Viele Bauern halten daher noch einen Eber auf dem Hof.
Das Klima auf Malta erschwert die Zucht markant. Durchschnittlich werden pro Wurf 11 Ferkel registriert, in den heissen Sommermonaten sinkt dieser Wert gegen 8. Und auch auf die Fruchtbarkeit haben Aussentemperaturen von weit über 30 Grad negative Auswirkungen.
Gülle in ARA
Gefüttert wird nur Trockenfutter aus Mais und Soja. Verarbeitet werden die importierten Rohstoffe von drei Mühlen auf Malta. Pro Tonne werden 304 bis 310 Euro fällig. „Nicht der Transport der Rohstoffe auf dem Schiff ist teuer, sondern die Zollfertigung verursacht die hohe Kosten“, hält Frendo fest.
Die Gülle wird nicht auf die Felder ausgeführt. Diese wird in der ARA entsorgt, um eine mögliche Verschmutzung des Grundwassers zu verhindern. Zudem dürfte das Austragen von Gülle in der maltesischen Hitze den Kulturen nicht zuträglich sein. Auch dürfen die Tiere den Boden niemals betreten, ein Freilaufgehege ist daher ausgeschlossen.
Kastenstände und Abferkelkäfige
Im Gegensatz zu der Schweiz sind Kastenstände in der EU bis 2033 erlaubt. Per Anfang 2013 trat jedoch eine EU-Richtlinie in Kraft, die die Zeitdauer, in der die Sauen nach dem Besamen in solchen Einzelkäfigen gehalten werden dürfen, auf vier Wochen beschränkt. Tragende Sauen müssen ab der vierten Woche nach Trächtigkeit bis eine Woche vor dem errechneten Abferkeltermin in Gruppen gehalten werden. Die Fress-Liegebucht ist mit einem selbstschliessenden Schwenktor ausgestattet.
Abferkelkäfige wie auf Malta sind in der Schweiz verboten. „Wir befinden uns hier auf einem Vorzeigebetrieb“, hält Frendo fest. Bei sämtlichen Ferkeln werden die Schwänze kupiert, obwohl dies nur in Ausnahmefällen erlaubt wäre. Bei den Mastschweinen werden pro Abteil deutlich mehr Tiere gehalten als in der Schweiz. Zu beachten gilt aber, dass sich der Betrieb an die seit 2013 geltenden EU-Verordnungen hält.