Strukturarmes, nasses Herbstgras ist nicht das beste Futter für die Kuh. Nicht nur deshalb sollte man beizeiten mit dem Weiden aufhören. Auch der Pflanzenbestand braucht vor dem Winter Zeit, Reserven zu bilden.
Das milde Wetter der letzten Wochen hat das Gras spriessen lassen. Viele Flächen wurden gemäht, viele werden noch abgeweidet. Doch macht es aus zwei Gründen nicht unbedingt Sinn, die Kühe und Rinder bis in den November draussen fressen zu lassen: Erstens ist das Gras im Spätherbst nicht mehr das beste, und zweitens müssen sich Grasbestände vor dem Winter «erholen» können.
Mit Heu ergänzen
Herbstgras ist strukturarm, eiweissreich und oft feucht und mit Erde behaftet. Es kann zu Durchfall führen, und die hohen Harnstoffgehalte im Blut wirken sich negativ auf den Stoffwechsel und die Fruchtbarkeit aus. Das heisst, dass man eine weidebasierte Ration mit genügend Rohfaser, mit gutem Heu, welches die Kühe auch fressen, ergänzen sollte.
Ökoheu kann höchstens in kleinen Mengen gegeben werden, wenn es im Futtermischwagen in die Ration eingearbeitet werden kann. Im Herbst kann auch die Verfütterung von Kartoffeln helfen, den relativ hohen Überschuss an Rohprotein von Herbstgras auszugleichen. Insbesondere bei nasser Witterung ist aber eine Zufütterung von Dürrfutter sinnvoll, um die Strukturversorgung gewährleisten zu können.
Rascher Umtrieb
Bei nebligem, feuchtem Wetter trocknen die Böden im Oktober und November nur noch langsam ab. Trittschäden sind die Folge. Die zerstörte Grasnarbe bietet spätestens im nächsten Frühjahr vielen ungeliebten Pflanzen genügend Platz zum Keimen. Mit Blacken oder anderen Unkräutern und Ungräsern verseuchte Flächen sind oft die Spätfolge von Weideschäden des Herbstes.
Bei nassem Boden sollte die Koppelgrösse zum Schutz vor Trittschäden nicht zu klein sein, und der Umtriebsrhythmus wird mit vier bis sechs Tagen relativ kurz gehalten. Hingegen fressen die Tiere auf kleineren Koppeln weniger selektiv, was sich positiv auf die Artenzusammensetzung auswirkt.
Auf Parzellen mit dichten Mäusepopulationen kann ein spätes Überweiden insofern Sinn machen, als dass durch die Tritte der Rinder die Mäusehaufen zerstört und die Mäuse zurückgedrängt werden. Dabei ist aber wieder der richtigen Ergänzungsfütterung der Tiere Beachtung zu schenken, da das Gras durch die Erdhügel stark verschmutzt sein kann.
Verzögerter Start
Die Forschungsanstalt Agroscope hat vor einigen Jahren in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues die Auswirkung einer späten Herbstweide untersucht. Eine Verlängerung der Weideperiode im Herbst hatte immer eine Ertragsreduktion im nächsten Frühling zur Folge. Diese war sogar noch im Mai festzustellen. Je länger im Herbst genutzt wurde, desto grösser war der Ertragsrückgang im folgenden Frühling. Das heisst, dass ein spätes Weiden nicht nur finanziell, sondern auch pflanzenbaulich keinen Sinn macht. Was man im Herbst übernutzt, bezahlt man im Frühjahr mit einem späteren Austrieb und einem entsprechend reduzierten Ertrag.
Reserven einlagern
Besser ist, wenn die Wiesenbestände etwa fausthoch in den Winter gehen. Dies entspricht etwa 8 bis 10cm Pflanzenhöhe. Der Zeitabstand zwischen der zweitletzten und der letzten Nutzung muss genügend lang gewählt werden, nämlich rund sechs bis acht Wochen. Das Gras sollte nach dem letzten Schnitt oder Weidedurchgang noch ein wenig nachwachsen, damit es noch genügend Reserven einlagern kann. Damit die Pflanzen im Winter nicht erfrieren, bauen sie im Herbst aktiv eine Kälteresistenz auf, vergleichbar mit einem Frostschutzmittel.
Dieser lebenswichtige Prozess wird mit einem späten Schnitt, verbunden mit einer Stickstoffgabe, verzögert. Ist das Gras aber vor dem ersten Schnee (wenn er denn kommt) zu hoch, besteht die Gefahr, dass Auswinterungspilze den Futterpflanzen zusetzen. Zudem fühlen sich die Mäuse im hohen Gras sehr wohl.
Grossflächig güllen
Im Herbst sollten die Güllelager nach Möglichkeit geleert werden. Mehr als 30m3 Gülle/ha machen aber keinen Sinn. Zu hohe Güllegaben im Herbst können negative Auswirkungen auf die Bestandeszusammensetzung haben. Kräuter wie Hahnenfuss und Löwenzahn können sich auf Kosten der Gräser ausbreiten, da sie dank des grösseren Wurzelwerkes mehr Nährstoffe einlagern und beim Austrieb im Frühjahr entsprechend im Vorteil sind.