
Auf dem Wanderweg von der Rigi Kulm Richtung Alp Chäserenholz hinunter. Blick über Rigi Scheidegg und ins Urnerland.
Monika Neidhart
Faszinierend der Moment, wenn die Zahnradbahn der Rigi-Bahnen durch die dicke Nebelschicht ins wolkenlose Blau fährt. Die ersten Sonnenstrahlen blenden und zaubern gleichzeitig ein Lachen auf die Gesichter der Fahrgäste. Es ist die Lage und die Zugänglichkeit, die diesen Berg zu einem beliebten Ausflugsziel machen.
Die Insellage ist im Spätherbst, wenn das Mittelland unter der Hochnebeldecke liegt, besonders sichtbar. Auch wenn der höchste Punkt der Rigi auf Kulm nicht einmal auf 1’800 Meter über Meer liegt, der Rundblick von verschiedenen Orten der Rigi sucht seinesgleichen. Bei guten Bedingungen sieht man 24 Kantone (ohne Genf und Basel-Stadt), 620 Alpengipfel und 13 Seen. Oder wie es der Dichter Johann Wolfgang von Goethe beschreibt, der 1775 die Rigi besuchte: «Rings die Herrlichkeit der Welt».
Geschenk vergangener Zeit
Vor gut hundert Jahren, der Hochblüte des Tourismus, gab es über 2’000 Hotelbetten (heute sind es weniger als 300). Allein die englische Königin Victoria verweilte über einen Monat auf dem Berg. Um den Gästen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen, liess die damalige Hotelierfamilie Bon auf Rigi First 1905 bis 1911 den Felsenweg aus dem Fels sprengen.
Ein Flanierweg hoch über dem Vierwaldstättersee. Selbst einzelne Bäume der Schatten spendenden Baumallee sind noch heute erhalten. Der flache Weg ist an der Stelle, wo der Fels fast senkrecht hinunterfällt, gut mit einem Geländer gesichert. Hier, auf der Südseite des Berges, kann man die milde Wärme der Herbstsonne auf einer Bank sitzend geniessen.
Druck der afrikanischen Platte
Der Blick schweift über das Nebelmeer, das den Vierwaldstättersee unter sich verbirgt, hinüber zu Uri Rotstock, Titlis bis zu Eiger, Mönch und Jungfrau. Zum Greifen nah der Pilatus. Offen zeigt sich hier auch die Geologie der Rigi. Grössere und kleinere, mehr oder weniger abgerundete Steine und Felsbänder mit feinstem Gestein. Es sind Ablagerungen der Ur-Reuss.
Die Schichten wurden durch den Druck der afrikanischen Platte hochgeschoben. Durch diese schief gestellten Nagelfluhrippen, den «Riginen», erhielt der Berg auch seinen Namen. Rigi First ist auf flachen, rund halbstündigen Spazierwegen von Rigi Wölfertschen und Rigi Kaltbad erreichbar.
Alpkäserei Rigi First
Hier auf rund 1’500 Meter über Meer hat diesen Sommer die vierte und grösste Käserei der Rigi ihren Betrieb aufgenommen. Die Alpkäserei Rigi First ist das Reich des 36-jährigen Basil Imlig, der als Betriebsleiter in der grosszügigen und topmodern eingerichteten Käserei rund 25 Tonnen Käse und Alpmilchspezialitäten zwischen Mitte Mai und dem 20. September herstellt. Hauptaktionäre sind die neun Älpler, die die Milch liefern, unterstützt durch die Unterallmeind-Korporation Arth (UAK) und andere, vor allem aber auch durch eine grosse Geldspende von Coop Patenschaft für Berggebiete.

Basil Imlig ist ganzjährig als Betriebsleiter der Alpkäserei angestellt. Ausserhalb der Alpsaison ist er für die Pflege und die Vermarktung des Käses zuständig.
Monika Neidhart
Der geteerte, breite Wanderweg zwischen Rigi Staffel und Rigi Kulm, der den Geleisen der ersten Zahnradbahn Europas folgt, ist viel begangen. Ein anderer, lohnenswerter Weg verbindet die beiden Bahnstationen über die Alp Chäserenholz. Nimmt man diesen Wanderweg ab Station Kulm, hat man bereits nach wenigen Schritten einen freien Blick über den Talkessel von Schwyz, Richtung Alpstein, Mythen und Glärnisch. Keine Kuh und kein Gebimmel mehr von den Kuhglocken auf den Weiden, an denen der Weg vorbeiführt. Das Vieh ist längst wieder im Tal. Es herrscht Stille. Nach 20 Minuten erreicht man die Chäserenholz.
Im Gleichgewicht mit der Natur leben
Hier lebt und arbeitet seit rund 40 Jahren Franz-Toni Kennel. Er sömmert über 30 Kühe, dazu Rinder und Schweine. Kost und Logis für eine Kuh kostet bei ihm acht Liter Milch pro Tag. Mit Wildschnittlauch aus der Umgebung kreiert der gelernte Käser ein Mutschli, und statt standardisierter Milchsäurebakterien züchtet er seine eigenen Fettsirtenkulturen. Die 15 Tonnen Käse, die er während der Alpsaison herstellt, pflegt und vermarktet er zum grösseren Teil selber in seiner Alpwirtschaft.

Franz-Toni Kennel in seiner «Bank», wie er seinen Käsekeller selber nennt.
Monika Neidhart
Im Winter wohnt er hier oben allein. Er weiss, was es heisst, im Einklang mit der Natur und im Gleichgewicht mit sich zu leben: «Als der Blitz ganz in der Nähe einschlug, hat die Tanne fünf Tage gebrannt.» An diesem sonnigen Tag im Spätherbst jedoch zeichnet sich kein Unwetter ab. Etwas zurück auf dem Weg bergwärts zweigt ein breiter Wanderweg Richtung Staffel ab. Gelegenheit, die Rigibahn nach einem 30-minütigen Marsch zurück ins Unterland zu nehmen.
Wer das Glück hat, nicht ins Tal hinunterfahren zu müssen, geht eine halbe Stunde weiter nach Rigi Staffelhöhe. Nur wenige Minuten vom Kräuterhotel Edelweiss, auf der Krete Richtung Känzeli, hat man wieder einen faszinierenden Panoramablick wie aus dem Bilderbuch in Richtung Berge, Luzern und das Mittelland. Vor allem aber auch einen Logenplatz für einen farbenkräftigen Sonnenuntergang.
Wissenswertes
Anreise: Von Arth-Goldau und Vitznau mit der Zahnradbahn, Variante ab Weggis mit der Luftseilbahn. GA und Halbtax sind gültig. Kinder bis zum 16. Lebensjahr fahren in Begleitung eines Erwachsenen gratis.
Aktivitäten: 120 km Wanderwege, davon 35 km im Winter präpariert. Mineralbad & Spa Rigi Kaltbad, Architekt Mario Botta. Die Bädertradition auf der Rigi begann bereits im 16. Jahrhundert. Damals wurde im kalten, mineralhaltigen Quellwasser vom Drei-Schwestern-Brunnen gebadet, das noch heute für das Mineralbad genutzt wird. Gleichzeitig war die heute noch bestehende Felsenkapelle ein wichtiger Wallfahrtsort. mne