Arbeit im Familienbetrieb ist intensiv, aber gut verteilt

Alessandro und Chiara Turello teilen eine Leidenschaft: Sie betreiben Bergweinbau. Der Familienbetrieb produziert jährlich 10’000 Flaschen Wein. Seit einigen Jahren halten sie auch eine kleine Schafherde, die die Weinberge und Wiesen sauber hält. Doch leider mussten sie in diesem Jahr schwere Verluste verkraften.

Sophie Blonk |

In Vogorno, dem ersten Dorf des Verzascatals, liegt das Weingut Catapicch, geführt von Alessandro und Chiara Turello. Ihre drei Hektaren Weinberge erstrecken sich über steile Hänge mit Blick auf den künstlichen Lago di Vogorno.

Das Weingut wurde offiziell 2014 gegründet, als Alessandro Turello, gebürtig aus Vogorno, beschloss, das familieneigene Weinbauerbe weiterzuführen. «Mein Grossvater und mein Onkel waren Hobbywinzer. Sie verkauften die Trauben an ein grosses Weingut im Sopraceneri. Ein kleiner Teil wurde für den Eigenverbrauch gekeltert. Als mein Onkel aufhörte, habe ich die Reben in Gordola übernommen», erzählt er.

«Es war ein Glücksfall»

Chiara Turello aus Lavertezzo, einem Dorf im Tal weniger als 10 Kilometer von Vogorno entfernt, kam 2018 ins Weingut und brachte Organisationstalent sowie Erfahrung mit. «Meine Eltern hatten immer Weinberge in Agarone, etwa 3 Kilometer von Lavertezzo entfernt, etwas erhöht auf einem Hügel, als Hobby», erzählt sie. «Dort habe ich die ersten Geheimnisse gelernt und schon als Kind geholfen. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich einen Winzer heiraten und ein eigenes Weingut führen würde», sagt sie.

«Es war ein Glücksfall, Chiara zu treffen. Für mich ist es enorm wichtig, eine Frau an meiner Seite zu haben, die diese Leidenschaft teilt»

Alessandro Turello, Winzer

Das Schicksal führte die beiden bei einer Wanderung der Federviti, der Tessiner Winzervereinigung, bei der auch ihre Familien teilnahmen, zusammen. 2023 heirateten sie. «Es war ein Glücksfall, Chiara zu treffen. Für mich ist es enorm wichtig, eine Frau an meiner Seite zu haben, die diese Leidenschaft teilt», ergänzt der 32-Jährige. Heute bewirtschaften sie drei Hektaren: zwei in Vogorno, den Rest in Gordola und Agarone. Seit einem Jahr ist auch ihre kleine Tochter Noemi bei der Lese dabei.

Hinter den Flaschen

Die Arbeit im Familienbetrieb ist intensiv, aber gut verteilt: Alessandro Turello kümmert sich vor allem um die Weinberge, Chiara Turello um Keller, Verwaltung, Logistik und Auslieferungen. Neben dem Weingut arbeitet die 28-Jährige 60 Prozent in einer Institution für Menschen mit Behinderung im Raum Locarno. Alessandro Turello arbeitet Vollzeit im Betrieb. Turellos produzieren den Wein vollständig selbst – vom Anbau der Trauben bis zur Vinifizierung.

Der Keller befindet sich in einer ehemaligen Stallung in Gordola. Der Platz darin ist knapp: «Es ist jedes Mal wie Tetris spielen», scherzt der Winzer. «Dort unten wird in zwei Jahren der neue Keller entstehen, grösser, moderner, funktionaler und näher an den Weinbergen.» Bergweinbau ist harte Arbeit: «Fünfmal anstrengender als anderswo, mit deutlich geringeren Erträgen», erklärt der Winzer. Die Produktion liegt derzeit bei rund 10’000 Flaschen pro Jahr.

Mit dem neuen Keller peilen Turellos etwa 15’000 Flaschen an – das Maximum für ihren Familienbetrieb, da darüber hinaus Personal und grosse Marketinginvestitionen nötig wären. Die Arbeit folgt den Jahreszeiten. «Im Sommer gibt es viel zu tun: Pflanzenschutz, Entblättern, Heuarbeit und so weiter», sagt Chiara Turello. Die Lese ist die intensivste Zeit: «Familie und Freunde helfen mit – ohne sie könnten wir es nicht schaffen.» Auch der Winter bringt Aufgaben: «Reben schneiden, Pfähle setzen, Netze spannen... und die Büroarbeit hört nie auf.»

Helfer auf vier Beinen

Seit einigen Jahren halten sie auch eine kleine Schafherde, die die Weinberge und Wiesen sauber hält. «Sie leisten grossartige Arbeit, aber sie machen auch viel Arbeit», gibt Alessandro Turello zu. Das ganze Jahr über wechseln die Schafe ihren «Arbeitsplatz». Von Herbst bis Frühling helfen sie in den Weinbergen, ab Ende Mai ziehen sie wegen der Hitze ins Dorf, später im Sommer auf die Hänge des Pizzo di Vogorno in 2400 Meter Höhe.

Leider mussten sie in diesem Jahr schwere Verluste verkraften: «Wir haben die Hälfte unserer Herde an Wölfe verloren. Die meisten Schäfer im Verzascatal klagen über den Wolf – für uns ist er eine echte Bedrohung. Für nächstes Jahr versuchen wir, eine neue Lösung zu finden, oder überlegen, ob wir die Schafhaltung ganz einstellen», sagt Alessandro Turello. Sie sind fest entschlossen, ihren Betrieb weiterzuführen.

Mehltau und Mikroklima

Auch die Reben haben ihre eigenen Kämpfe. Besonders der Mehltau, eine Pilzkrankheit, die durch feuchte Sommer begünstigt wird, stellt eine ständige Bedrohung dar. «Der Pilz befällt Blätter und Trauben und kann die gesamte Ernte zerstören», erklärt Alessandro Turello. «Biologischer Weinbau ist für uns fast unmöglich, weil wir hier im Tessin fast jedes Jahr feuchte Bedingungen haben.

Ohne zusätzliche Behandlungen würden wir einen grossen Teil der Trauben verlieren.» Um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und den Arbeitsaufwand zu reduzieren, experimentieren Turellos mit pilzwiderstandsfähigen Sorten (Piwi) wie Cal 1-28 und Souvignier gris sowie mit amerikanischen Traubensorten.

Beindruckende Vielfalt

Ausserdem testen sie Agroforstsysteme, indem sie die Reben zwischen Feldahorn und Ulmen pflanzen ‒ das soll die Reben stabilisieren, Schatten spenden und die natürliche Biodiversität fördern, wodurch die Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten werden.

Trotz dieser Herausforderungen produzieren Turellos eine beeindruckende Vielfalt an Weinen. Neben drei unterschiedlich vinifizierten Merlots und einer Spezialität wie Bondola setzen sie auf amerikanische Trauben in Weiss, Rosé, Rot und sogar als Schaumwein. So kombinieren sie traditionelle Tessiner Weine mit innovativen Ansätzen, um trotz der widrigen Bedingungen edle Tropfen zu erzeugen.

=> Hier gelangen Sie zu der Website von Alessandro und Chiara Turello.

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