Bauern profitieren vom Aufschlag kaum

Trotz steigender Ladenpreise profitieren Bioproduzentinnen und -produzenten kaum vom Aufpreis, wie der Preismonitor von Faire Märkte Schweiz zeigt. Eine Grafik veranschaulicht die deutlichen Unterschiede. Besonders betroffen sind Biofleisch-Produzentinnen, heisst es in der Studie.

egz/clu |

Wer im Laden zu Bioprodukten greift, zahlt deutlich mehr – doch bei den Produzentinnen und Produzenten kommt davon kaum etwas an. Das zeigt der neue FMS-Preismonitor 2025, den die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) im Auftrag des Vereins Faire Märkte Schweiz (FMS) erhoben hat. Laut der vierten Untersuchung seit 2023 hat sich die Benachteiligung von Bio- und Labelprodukten weiter verschärft.

Der Wertschöpfungsanteil der Produzentinnen und Produzenten sei bei Bio- und IP-Suisse-Produkten von 34 auf 32 Prozent gesunken, während er bei konventionellen Produkten leicht auf 45 Prozent gestiegen sei. Besonders gering falle der Anteil bei Fleischprodukten aus: Beim Bioschweinsnierstück und beim Biohinterschinken verblieben den Bauern nur 16 beziehungsweise 12  Prozent der Wertschöpfung.

Marge statt Mehrwert

Bei tierischen Produkten fällt das Bild gemischt aus. Aus dem Fazit des Preismonitors im dritten Quartal 2025 geht hervor, dass es «kleine Fortschritte» gebe, insbesondere bei Milch und Joghurt. Hier habe sich die Preisdifferenz zwischen Bio- und konventionellen Produkten verringert, weil die Händler geringere Margen aufgeschlagen hätten. Bei der Biovollmilch sei der Ladenpreis um 5 Rappen gesunken, während die Produzentenpreise leicht gestiegen seien. Anders sieht es beim Fleisch aus.

Besonders beim Schweinsnierstück und beim Hinterschinken zeige sich laut Monitoring eine deutliche Ungleichheit. Die Detailhändler verlangten von den Konsumentinnen und Konsumenten im Laden zwei- bis dreimal so viel für das Bioprodukt wie für konventionelle Ware. Beim Biohinterschinken betrage der Aufpreis im Laden rund 250 Prozent, die Mehreinnahmen der Biobäuerinnen und -bauern jedoch lediglich 52 Prozent. Vom gesamten Verkaufspreis gingen damit nur etwa 12 Prozent an die Produzentinnen und Produzenten, während der überwiegende Teil bei Verarbeitung und Handel bleibe.

Grosse Differenzen bei Äpfeln und Karotten

Diese Diskrepanz sei laut FMS besonders stossend, weil sie zeige, dass die Zahlungsbereitschaft der Kundschaft kaum beim Ursprung der Produkte ankomme. «Das ist stossend, aus Sicht des Konsumentenschutzes wie aus Sicht der Produzenten», sagte Stéphanie Lichtsteiner, Co-Geschäftsführerin v on Faire Märkte Schweiz. Laut dem aktuellen Bericht haben sich die Preisdifferenzen bei Obst und Gemüse weiter vergrössert. Besonders deutlich zeigt sich dies bei Äpfeln, Kartoffeln und Karotten.

Erklärung zur Grafik

Die Grafik zeigt die Entwicklung der Produzentenpreise (PP) und Konsumentenpreise (KP) von Produkten in Schweizer Supermärkten und Discountern über mehrere Quartale hinweg. Die Konsumentenpreise stellen den durchschnittlichen Verkaufspreis der jeweiligen Produkte in den Supermärkten bzw. Discountern dar.

Die Produzentenpreise zeigen dagegen, wie viel die Produzenten für ihre Waren erhalten. Ein spezieller Hinweis betrifft die Karottenpreise bei den Discountern: Diese wurden erst ab 2024 erfasst. Da dort nur Produkte der Kategorie «Standard-tief» verfügbar waren, basieren die dargestellten Werte ausschliesslich auf dieser Produktgruppe. pd/egz

Bei den Äpfeln ist die Differenz zwischen Konsumenten- und Produzentenpreisen beim Bioprodukt laut Studie mehr als doppelt so hoch wie beim konventionellen Pendant. Ursache dafür seien gesunkene Produzentenpreise im konventionellen Bereich bei gleichzeitig steigenden Konsumentenpreisen für Bioäpfel.

«Der verstärkte Preiswettbewerb ist zu begrüssen, solange er nicht auf Kosten der Produzentenpreise geht.»

Faire Märkte Schweiz

Bei den Kartoffeln haben sich die Preisdifferenzen nahezu verdreifacht. Während die Produzentenpreise zurückgingen, stiegen die Biokonsumentenpreise bei den Grossverteilern und sanken leicht bei den Discountern. Am stärksten ausgeprägt sei die Preisdifferenz bei den Karotten. Dort beträgt sie beim Bioprodukt derzeit einen Franken, während sie bei konventionellen Karotten lediglich 20 Rappen ausmacht.

Druck auf Produzenten

Während die Preisschere zwischen Bio- und konventionellen Produkten weiter auseinandergehe, sei bei den Billiglinien wie M-Budget und Prix Garantie eine Annäherung an das Preisniveau der Discounter zu beobachten. Teilweise gilt dies auch für Label- und Bioprodukte. Aus Sicht des Vereins ist dieser verstärkte Wettbewerb grundsätzlich positiv, sofern die Produzentenpreise nicht unter Druck geraten. Trotz wiederholter Versprechen der Detailhändler erfährt FMS jedoch immer wieder von Fällen, in denen Tiefpreisstrategien mit missbräuchlichen Praktiken zulasten der Produzenten umgesetzt werden.

Der Verein kündigte an, die Marktentwicklung in den kommenden Monaten genau zu beobachten und bei Bedarf aktiv zu werden. Um die Transformation des Ernährungssystems voranzubringen, braucht es laut FMS faire Produzentenpreise und transparente Preisbildung. Nur so könnten Bioprodukte erschwinglich und gleichzeitig umwelt- sowie tiergerecht produziert werden. «Dieser Missstand erschwert die Transformation hin zu einer nachhaltigen Lebensmittelversorgung und einer Landwirtschaft, die Umwelt und Tierwohl fördern kann», wird Lichtsteiner abschliessend in der Mitteilung zitiert.

Was Coop und Migros sagen

Ein Migros-Sprecher widerspricht gegenüber «Le Temps» den Studienresultaten:  «Die Migros erzielt mit Produkten, die zertifizierte Label (wie Bio) tragen, keine höheren Margen.» Die Migros kritisiert weiter die Methodik der Studie, während Coop die Unterschiede damit erklärt, dass die grosse Zahl an Zwischenhändlern ihre Margen schmelzen lasse und auf unterschiedliche Verarbeitungsmethoden verweist: «Die getrennten Warenströme, Lizenzgebühren und Kontrollen oder die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit.»

Stéphanie Lichtsteiner weist darauf hin, dass Migros und Coop beim Fleisch zwei Zwischenhändler haben: Micarna für die Migros und Bell für Coop. Ihrer Ansicht nach ist die Ursache für die Preisunterschiede wohl eher eine künstliche, wie sie der westschweizer Zeitung erklärte.

Auch Bio Suisse weist im Artikel auf einen weiteren Grund für die hohen Preise bei Fleischprodukten hin: Ein Teil des Bio-Fleischs fände im Supermarkt keinen Käufer und werde daher als konventionelles Fleisch verkauft. Die Händler würden den daraus resultierenden Einnahmeverlust auf die als Bio gekennzeichneten Produkte umwälzen.

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