«Wir fördern Einkaufstourismus nicht»

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat eine Broschüre mit Tipps fürs Einkaufen im Ausland lanciert. Fördert die SKS damit den Einkaufstourismus? Geschäftsführerin Sara Stalder bestreitet das.

Samuel Krähenbühl |

Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hat eine Broschüre mit Tipps fürs Einkaufen im Ausland lanciert. Fördert die SKS damit den Einkaufstourismus? Geschäftsführerin Sara Stalder bestreitet das.

«Schweizer Bauer»: Migros-Boss Herbert Bolliger wirft Ihnen vor, mit einer Broschüre Werbung für den Einkaufstourismus zu machen. Was sagen Sie zu diesem Vorwurf?
Sara Stalder: Wir haben nie den Einkaufstourismus gefördert. Die Broschüre informiert lediglich, was es bei der Einfuhr von Waren über die Grenze zu beachten gibt. Konsumenten stellten uns vermehrt Fragen zum Einkaufen im Ausland. Die Broschüre entsprang also einem Informationsbedürfnis und animiert nicht zum Einkaufen im Ausland: Man sollte enorm viele Dinge beachten, damit man keinen Verstoss gegen geltendes Recht macht.

SKS verkauft die Broschüre für Fr. 9.50.  Bolliger kritisiert, dass ausgerechnet sie als staatlich unterstützte Organisation Geld verdienen mit Tipps für den Einkaufstourismus
Im Jahr 2011 erhielten wir 240’000 Franken vom Bund. Im laufenden Jahr werden es 288’000 Franken sein. Dieser Beitrag des Bundes macht nur rund 15 Prozent unseres Budgets aus, und das reicht bei weitem nicht aus, um wirksam Konsumentenschutz zu betreiben. Hätten wir einen Grossspender, etwa aus der Wirtschaft, dann könnte dieser uns das Geld kappen, wenn wir ihn verärgern würden. Um unabhängig zu bleiben, erwirtschaften wir 85 Prozent der Einkünfte mit Kleinspenden. Wir müssen aber noch weitere Einkünfte generieren, so auch über den Verkauf von Broschüren wie diese. Wahnsinnig viel verdienen wir daran nicht. Bei der ersten Auflage kostet uns ein Ratgeber 7 Franken. Und wir lassen die Broschüre in der Schweiz drucken, obschon das etwas teurer ist.

Wo bestehen aus Ihrer Sicht die grössten Missbräuche bei importierten Produkten?
Überteuert sind zum Beispiel Sportartikel, Haushaltgeräte, Schuhe, Kleider oder auch Zeitschriften. Zu hohe Preise haben aber auch Hygiene- und Pflegeprodukte und Medikamente. Bei uns melden sich sogar Gewerbler, welche sich über teurere Einstandspreise bei importierten Materialien oder Maschinen ärgern. Das Gewerbe hat dadurch einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Konkurrenz in den Nachbarländern.

Sie haben keine Lebensmittel als überteuert kritisiert. Warum nicht?
Bei den Lebensmitteln findet erstens die Wertschöpfung in der Schweiz statt und zweitens erfolgt sie unter anderen Voraussetzungen und Strukturen sowie teilweise strengeren Vorgaben. Ein Kotelett, das in der Schweiz produziert wird, ist nicht identisch mit einem, das in Deutschland oder Frankreich produziert wurde. Das ist anders bei beispielsweise einem T-Shirt, das in Thailand produziert wurde und in der Schweiz doppelt so teuer verkauft wird, verglichen mit einem Nachbarland. Gewisse Konsumgüter sind in unserem Land von 200 bis gar 500 Prozent überteuert.

Wer ist aus Ihrer Sicht schuld an den höheren Schweizer Preisen?
Erwiesen ist, dass Einkäufer aus der Schweiz nicht zu günstigeren Produkten kommen. Parallelimporte werden behindert. Wenn die internationalen Hersteller merken, dass ihre Produkte zu günstigeren Preisen in die Schweiz geliefert werden, stoppen sie umgehend diesen Beschaffungskanal. Vermutlich profitieren alle entlang der Wertschöpfungskette von den zu hohen Verkaufspreisen. Sonst hätten sich der Fach- und der Detailhandel schon längst gegen überteuerte Importprodukte gewehrt. Kostentreibend ist auch das Wachstum der Verkaufsflächen. In der Schweiz sind 19 neue Shoppingtempel geplant. Solche Einkaufstempel sind ein grosser Kostentreiber, aber ob die Konsumenten dies wirklich wollen, ist fraglich.

Momentan wird die Agrarpolitik 2017 im Parlament beraten. Sind Sie mit der bundesrätlichen Vorlage zufrieden?
Sie geht  in die richtige Richtung. Wir möchten von den Pauschalbeiträgen wegkommen hin zu leistungsbezogenen Beiträgen. Die Konsumenten wollen, dass die Landwirtschaft Lebensmittel produziert. Sie wollen aber auch eine umweltfreundliche und tiergerechte Produktion. Dass mit Direktzahlungen eine Überproduktion gefördert wird und mit importierten Futtermitteln Überschüsse produziert werden, geht aber nicht an. Wir sind deshalb gegen Tierbeiträge und hohe Flächenbeiträge. Wichtig ist zudem, dass die Deklaration verbessert wird, damit sich die Konsumenten im Markt orientieren können.

Die Agrarallianz, deren Mitglied SKS ist, will mehr Beiträge für Produktionssysteme wie Grasmilch, Bio, Extenso oder klimafreundliche Landwirtschaft. Finanziert damit nicht der Steuerzahler den Grossverteilern die Labels?
Diese Frage kann man zu Recht stellen. Doch grundsätzlich befürworten wir, dass mit solchen Produktionssystemen eine umweltfreundlichere und nachhaltigere Landwirtschaft gefördert wird. Dabei sollten aber nicht die Grossverteiler den grössten Nutzen haben: Das Preissystem ist undurchsichtig, niemand weiss, wie hoch die Margen sind und wer wie viel in der ganzen Wertschöpfungskette herausnimmt.

Der Bauernverband kritisiert, dass viele Bauern mit der AP 2017 weniger verdienen würden. Dies, weil sie ihren Betrieb extensivieren müssten, um auf gleich viele Direktzahlungen zu kommen, was sich wiederum negativ auf den Produkteerlös auswirken würde.
Eine Studie von Agroscope zeigt, dass ökologischer produziert werden kann ohne Einkommensverluste: Wenn etwas weniger intensiv produziert wird, dann braucht es auch weniger Vorleistungen wie Futtermittel oder Dünger, das spart Kosten. Die Vorleistungen sind in der Schweiz teuer.

Der Agrarfreihandel ist politisch ins Abseits geraten. Sie haben sich bisher stets vorsichtig offen dafür gezeigt.
Im Prinzip müsste man die Landwirtschaft so fit halten, dass eine Grenzöffnung der Landwirtschaft und den nachgelagerten Stufen neue Möglichkeiten bietet. Man sollte so viele gute Produkte haben, dass man damit bei einer Marktöffnung wettbewerbsfähig wäre. Ich ziehe auch Österreich als Beispiel heran, das sich mit diversen Spezialitäten und geschickter Werbung sehr gut auf dem EU-Markt positioniert hat. Würde ein Agrarfreihandelsabkommen und die Rahmenbedingungen vorliegen, müsste das ganze Paket gut geprüft werden.

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