Mit Antrag Schweizer Ware bevorzugen

Für Bio Suisse sind die Lizenzeinnahmen aus dem Import wichtig. Den Delegierten liegen dazu zwei Anträge vor. Im Zentrum des aktuellen Streits um die Knospe steht auch der Zielkonflikt zwischen Marktbedürfnissen, dem gelebten Konsumentenverhalten und der Glaubwürdigkeit eines Labels. Der Entscheid könnte wegweisend werden. 

Daniel Hasler, Daniel Salzmann |

«Sicherung des Absatzes für CH-Knospe-Betriebe». So lautet der Passus aus dem Antrag, den die Biofarm-Genossenschaft an die Delegierten von Bio Suisse stellt.

Lager sind voll

Diese Textzeile soll in die kürzlich veröffentlichte Zukunftsstrategie von Bio Suisse im Kapitel Marktpartner eingefügt werden. «Mit Besorgnis nehmen wir zur Kenntnis, dass der Umsatz mit der Knospe zwar wächst, aber vor allem im Importbereich», wird der Antrag eingeleitet. Die Biofarm-Genossenschaft handelt und verarbeitet Getreideprodukte und Früchte nach Knospe-Standard und gehört darin zu den Vorreitern.

Auch für vermeintliche Trendprodukte wie Hirse und Hafer aus Schweizer Bioproduktion bietet das Unternehmen Anbauverträge an. Normalerweise. Doch aktuell sind die Lager von gewissen Produkten, die notabene in einer Nische produziert werden, so hoch, dass keine neuen Produzenten zugelassen werden können. Biofarm kritisiert nun den Fokus auf die Importlizenz der Dachorganisation. Ein Satz in der neuen Strategie soll dem Abhilfe schaffen.

Schweizer Kreuz ist unscheinbar

Auf der anderen Seite der Wertschöpfungskette, im Regal der Detailhändler, stehen die Schweizer Knospe-Produkte neben anderen Bioartikeln. Aus Sicht der Knospe-Bauern besonders ärgerlich: Ihre Dachorganisation vergibt die Knospe-Lizenz auch an die Importprodukte. Das Störende daran: Eigentlich wäre noch Schweizer Ware in den Lagern. Das Tüpfelchen auf dem i ist zudem die Verpackung und das Arrangieren im Regal. Beinahe unsichtbar verrät das Schweizer Kreuz die Herkunft zwischen zahlreichen praktisch identisch aussehenden Import-Knospe-Produkten.

Kritiker sagen: Der Schweizer Biomarkt kommt zu kurz. Von der anderen Seite heisst es: Wir wollen die Knospe auch auf den Importprodukten, so können wir günstigere Bioprodukte anbieten, die trotzdem die Knospe tragen und Lizenzabgaben einbringen. Die Detailhändler machen möglicherweise mit «Knospe-freien» Biomarken wie Alnatura und Bio365 Druck.

Zuerst Schweizer Produkte aufbrauchen

Der Vorstand von Bio Suisse hat mit einem Gegenvorschlag reagiert. Der Passus ist identisch, soll aber im Kapitel zu den Produzenten untergebracht werden. Das kann als mildere Variante interpretiert werden, denn so wären nicht direkt die Marktpartner in der Pflicht. Aus dem ausführlichen Antrag von Biofarm geht die Forderung hervor: «Das Prinzip muss gelten, wonach die Import-Knospe nur vergeben wird, wenn der einheimische Markt abgeräumt wird.»

Biofarm spricht dabei vor allem Produkte an, die in der Schweiz sehr gut produziert werden könnten, zum Beispiel Hafer und Hirse. Sie erinnert an die Knospe-Richtlinien, wonach nur Rohstoffe importiert werden sollen, die es in der Schweiz nicht gibt oder von denen es in der Schweiz zu wenig hat.

Absatz für Schweizer Bioprodukte sichern

Bio Suisse ist als Dachverband in der Zwickmühle. Einerseits müssen genügend Knospe-Produkte in den Regalen liegen, damit Detailhändler das Label überhaupt führen und Konsumentinnen und Konsumenten eine breite Auswahl haben. Andererseits droht genau dieses Wachstum zur Verwässerung der Herkunftsidentität zu führen – denn ein wachsender Teil dieser Knospe-Produkte stammt heute nicht mehr aus Schweizer Höfen, sondern aus dem Ausland.

Für viele Knospe-Betriebe, die unter teils hohen Auflagen produzieren und ihre Ware vermarkten müssen, ist das ein schwer nachvollziehbarer Widerspruch. Schliesslich steht in den Knospe-Richtlinien ausdrücklich: «Nur Rohstoffe, die es in der Schweiz nicht gibt oder von denen es in der Schweiz zu wenig gibt, werden importiert.» Warum soll der Dachverband, dem sie mit ihrer Mitgliedschaft verbunden sind, ein Qualitätssiegel auf Importware vergeben, während eigene Produkte im Lager verstauben oder wenn der Anbau ausgedehnt werden könnte? Und noch brisanter: Weshalb wird in der Strategie von Bio Suisse der Absatz der Schweizer Produktion nicht explizit gesichert?

Bio-Importe ohne Knospe als Alternative

Die Erklärung liegt zum Teil in der Finanzierung von Bio Suisse. Sie lebt stark von Lizenzeinnahmen – und diese stammen nicht nur von Produzenten, sondern auch von Importeuren und Händlern. Ein konsequenter Inland-Vorrang hiesse weniger Importprodukte und damit weniger Einnahmen. Vielleicht droht Coop, auch wenn es sich als Knospe-Partner der Extraklasse bezeichnet, damit, bei einer Nichtzertifizierung des Importhafers sowohl den Schweizer Knospe-Hafer als auch den Knospe-Importhafer aus dem Regal zu werfen und nur noch ein billiges Bio-365-Produkt hinzustellen.

Mit Fairness im Handel, wie ihn die Knospe-Richtlinien ausdrücklich einfordern, hätte das dann nichts mehr zu tun. Biofarm schreibt im Antrag: «Die Nicht-Durchsetzung der bestehenden Knospe-Richtlinien-Artikel durch Bio Suisse hat mit den Konkurrenzverhältnissen insbesondere von Coop und Migros zu tun und mit dem Umstand, dass Bio-Importe ohne Knospe getätigt werden, einerseits von Discountern, aber zunehmend auch von den beiden Grossverteilern.»

Kein Angriff auf Bioprodukte-Importe

Der Antrag von Biofarm ist weniger ein Angriff auf Importe als ein Ruf nach einer klaren Priorisierung – nach einem System, das zuerst den eigenen Markt berücksichtigt, bevor die Nachfrage über die Grenze hinaus gedeckt wird. Der Gegenvorschlag zeigt, dass Bio Suisse bemüht ist, alle Interessen unter einen Hut zu bringen, entschärft aber den Antrag von Biofarm deutlich.

Die Debatte um die Importknospe ist deshalb mehr als nur ein Streit um eine gewisse Getreidemenge – sie ist ein Richtungsweiser für die Zukunft des Biolabels in der Schweiz. Es geht um die Frage, ob die Knospe ein Zeichen für Herkunft bleibt und sich intensiver direkt für den Schweizer Biolandbau engagiert oder zum flexiblen Markenlogo in einem globalisierten Biomarkt wird. Die Entscheidung vom 16. April könnte deshalb wegweisend werden – nicht nur für Biofarm, sondern für das Selbstverständnis von Bio Suisse insgesamt. 

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