Mit Leidenschaft zum Meisterzüchtertitel

Toni Peterhans und Markus Wyss sind zwei von insgesamt fünf Holstein-Meisterzüchtern 2020. Im Interview sprechen sie über das Erfolgsrezept, den Stiereneinsatz und darüber, wann sie die Leidenschaft für die Holsteinkuh packte.

Adrian Haldimann |

Toni Peterhans und Markus Wyss sind zwei von insgesamt fünf Holstein-Meisterzüchtern 2020. Im Interview sprechen sie über das Erfolgsrezept, den Stiereneinsatz und darüber, wann sie die Leidenschaft für die Holsteinkuh packte.

«Schweizer Bauer»: Sie gehören zu den Meisterzüchtern 2020 und erhalten damit die höchste Auszeichnung von Holstein Switzerland. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Peterhans: Ich züchte konsequent und geradlinig eine funktionelle Kuh. Die Genetik ist einer von mehreren Erfolgsfaktoren. Weiter sind die Haltung, die Fütterung und das Management entscheidend. Die Kühe haben im Anbindestall viel frische Luft, eine weiche, saubere Liegefläche und viel Ruhe. Es muss den Kühen wohl sein, das ist das A und O. Zudem versuche ich stets, im Acker- und Futterbau hochqualitatives Futter zu produzieren. 

Wyss: Ich legte schon immer Wert auf leistungsstarke Kühe und viel Kuhkomfort, baute 2005 einen Laufstall und optimierte zuvor die Fütterung, unter anderem mit einer Totalmischration. Auch die Genetik ist für den Erfolg verantwortlich. Rinder, die mit 22 Monaten abkalben und 10'000 kg Milch geben sind keine Seltenheit mehr. Zudem wurden die Fitnessmerkmale stark verbessert.

Welche Kuhmerkmale möchten Sie in Zukunft verändern?
Peterhans: Meine Kuh darf nicht grösser werden. Zudem schaue ich, dass Körperbreite und Stärke erhalten bleiben.

Wyss: Langlebigkeit ist wichtig. Deshalb will ich das Abkalbeverhalten, die Fruchtbarkeit sowie die Klauen- und Eutergesundheit weiter verbessern. Meine Kuh soll eine möglichst hohe Lebetagleistung erreichen. 

Welches Merkmal oder welcher Zuchtwert hat in Ihrer Zuchtarbeit oberste Priorität?
Peterhans: Die Milchleistung, die Zellzahl und die Nutzungsdauer sind die wichtigsten Zuchtmerkmale. Die Eutergesundheit konnte stark verbessert werden. Die durchschnittliche Zellzahl lag in den vergangenen drei Jahren immer unter 100'000. Dabei schätze ich Kühe, die etwas langsamer melkend sind und dafür eine Top-Eutergesundheit haben. 

Wyss: Die Teilzuchtwerte für Exterieur (ITP), Leistung (IPL) und Fitness (IFF) müssen überdurchschnittlich sein. Weil ich viele Kühe an Melkroboterbetriebe verkaufe, muss auch die Zitzenverteilung stimmen. Sie darf hinten nicht zu eng sein. 

Von welchem Tier wünschten Sie im Moment am meisten Nachkommen und weshalb?
Peterhans: Ich habe den Meisterzüchtertitel dank einer ausgeglichenen Holsteinherde erhalten. Es gibt in meiner Herde nicht eine Einzelkuh, die hervorsticht. Eine Fussballmannschaft gewinnt auch nicht die Champions League nur mit einem einzigen Spitzenspieler.

Wyss: Wyss Meteor Herby VG-89 ist eine Urgrosstochter der 200'000er-Kuh Wyss Rudolph Haiti. Jedes Jahr wurde sie rasch gesext trächtig, war stets gesund und schloss ihre vierte Laktation mit über 15'000 kg Milch ab. Die aktuelle Lebensleistung nach vier Laktationen liegt bei 54'500 kg Milch, die Lebetagleistung bei 24,2 kg Milch. Ich hätte am liebsten im Stall nur solche Kühe.

Welche Rolle spielen Zuchttechniken wie die genomische Selektion, Embryotransfer und gesexte Samendosen in Ihrer Zuchtarbeit?Peterhans: Der letzte Embryotransfer liegt 20 Jahre zurück. Gesexte Samendosen werden vorwiegend bei Rindern eingesetzt, bei Kühen nur sporadisch. Bei der Genomik verhalte ich mich altmodisch. Ich vertraue lieber einem Stier, der 1000 Nachkommen hat, als einem Jungstier mit ausschliesslich genomischen Zuchtwerten.

Wyss: Ein Anteil von rund 60 Prozent der geborenen Kälber kommt aus gesexten Samendosen auf die Welt. Der Rest besteht aus Mastkälbern. Ich setze 80 Prozent Jungstiere ein. Das Vertrauen in die Genomik ist gross. Seit rund drei Jahren genotypisieren wir sämtliche Kälber. Pro Jahr spülen wir ein Rind mit Stierenmutterpotenzial. Wir streben aber nicht nach dem höchsten Gesamtzuchtwert ISET. 

Meisterzüchter

Holstein Switzerland verleiht jährlich fünf Holsteinzüchtern den Titel Meisterzüchter. Diese sind in diesem Jahr nebst Peterhans und Wyss die Betriebe Christian Monney, Les Cullayes VD (Monny), Patrick Demont, Cugy VD (Suprême), und Michel Clément, Le Mouret FR (la Waebera). Die Punkte werden Tieren mit ausserordentlichen Leistungen bei der Produktion und beim Exterieur und für eine sehr gute Nutzungsdauer vergeben. Nominiert werden die Züchter, die am meisten Punkte pro registriertem weiblichem Tier erhalten. hal

Welche Stiere haben Sie zuletzt eingesetzt?
Peterhans: Josuper, Duke, Impression, Dawson, Dynamo sowie einen Natursprungstier, ein Brewmaster-Sohn aus einer Windbrook- und Hellender-Juror-Jurgolin-Tochter.

Wyss: Hulk P, Riveting, Tatoo, Royal Crash, Swingman, Tropic und Chief.

Welcher Stier überzeugt Sie als Vater bei den Erstlaktierenden am meisten?
Peterhans: Ich bin mit den Jungkühen von Aftershock, Brewmaster und vom eigenen Natursprungstier sehr zufrieden.

Wyss: Ich melke bereits vier Chief-Töchter, die sehr gut funktionieren. Sie haben eine ideale Grösse, sind enorm entwickelt und weisen Top-Euter auf. Weitere gute Erstlaktierende stammen von Galahad, Randall, Callen und Cold P ab. 

In welche Genetik haben Sie zuletzt investiert?
Peterhans: Vor drei Jahren kaufte ich eine Windbrook-Tochter aus der bekannten Hellender Juror Jurgolin EX-92, die mittlerweile EX-90 eingestuft ist und eine dritte Standardlaktation von 14'575 kg Milch mit 4,51% Fett und 3,45 % Eiweiss hinlegte.

Wyss: Ich arbeitete in den vergangenen Jahren mit Swissgenetics zusammen, stellte mehrmals Trägerrinder für Importembryonen zur Verfügung und erhielt immer wieder die Möglichkeit, gute weibliche Kälber zu kaufen. Das jüngste Tier ist die jährige Vieuxsaule Biggie Elsa SG mit einem ISET von 1533.

Wann packte Sie die Leidenschaft für die Holsteinkuh?
Peterhans: Vor rund 20 Jahren entdeckte ich das grosse Potenzial der Holsteinkuh. Das begeisterte mich. Ich bin kein Zuchtfanatiker. Für den Erfolg braucht es aber Leidenschaft und Disziplin.

Wyss: Ich war 1989 in Kanada auf einem Holsteinbetrieb mit 80 Kühen. Die Kraft der Kühe begeisterte mich. Zwei Jahre später besuchte ich die World Dairy Expo in Madison USA und machte mit Züchterkollegen eine Betriebstour. Diese Erfahrungen standen am Anfang meiner Begeisterung für die Holsteinkuh.

Zucht ist für mich:
Peterhans: Leidenschaft, Begeisterung, aber auch Business.

Wyss: Leidenschaft pur, Emotionen und Idealismus. Es ist nicht nur ein Hobby. Die Wirtschaftlichkeit muss stimmen. 

Betrieb Peterhans

Der 58-jährige Toni Peterhans aus Fislisbach AG bewirtschaftet einen breit diversifizierten Milch- und Ackerbaubetrieb mit 61 ha LN (20 ha Silomais, 6 ha Süssmais, 6 ha Weizen, 6 ha Buschbohnen, 5,5 ha Drescherbsen, 5,5 ha Zuckerrüben, 7,2 ha Ökowiese Qualitätsstufe 2 und rund 5 ha Kunstwiese). Seine 40 Holsteinkühe gaben in den letzten fünf Jahren im Schnitt 12'982 kg Milch. Der Jungviehbestand zählt 35 Tiere. Dazu kommen zwei Natursprungstiere und drei Pensionspferde. Auf dem Betrieb arbeiten sein Sohn Daniel und ein rumänischer Staatsbürger mit. Peterhans führt diverse Lohnarbeiten durch und betreibt eine Solaranlage mit einer  Leistung von 80 kWp. hal

Betrieb Wyss

Markus und Susanne Wyss halten in Grasswil BE 60 Holsteinkühe und 60 Aufzuchttiere. Ihre Tiere tragen das Präfix Wyss. Pro Jahr werden rund 650'000 kg Milch an die Emmi verkauft. Bewirtschaftet werden 22 ha LN und 7 ha Wald (davon 5 ha Mais, 5ha Weide, 1 ha Ökofläche, Rest: Kunstwiese). Der Milchleistungsschnitt lag 2019 bei 12340 kg Milch, 3,66% Fett und 3,31% Eiweiss. Markus Wyss bildet Lehrlinge aus. Aktuell arbeitet der 22-jährige Sohn Lukas, gelernter Landwirt, auf dem Hof mit. hal

 

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