Munimäster sind Unternehmer

Franz Hagenbuch, der Präsident von Swiss Beef und selbst Munimäster, gibt Auskunft im Interview mit dem «Schweizer Bauer». Er verrät, was einen typischen Schweizer Munimäster ausmacht.

«Schweizer Bauer»: Herr Hagenbuch, was zeichnet einen klassischen Munimäster aus?

Franz Hagenbuch: Munimäster sind vom Naturell her Unternehmer, also innovativ und an­passungsfähig. Von staatlicher Seite wurden wir in der Vergangenheit kaum unterstützt, geschweige denn gefördert. Es macht träge, wenn der Staat alles auf dem Silbertableau serviert. Wir sind es gewohnt, dass wir auf uns selbst gestellt sind. Durch mehr staatliche Eingriffe schafft man nur Abhängigkeiten. Wir pflegen auch einen Austausch auf Augenhöhe mit unseren Abnehmern. Weiter sind die Munimäster sehr gut vernetzt und tauschen sich gegenseitig auch über Probleme aus. Diese Offenheit bringt uns als gesamte Branche weiter. Eine wirtschaftliche Produktion von hoher Qualität ist für uns zentral. Für viele unserer rund 500 Mitglieder ist die Mast der Haupterwerb.

Die Bankviehpreise können stark variieren. Wie gehen die Mäster damit um?

Ja, die Preise schwanken sehr stark. Als ich Ende der Achtzigerjahre angefangen habe zu mästen, löste ich für einen Muni deutlich über 12 Franken pro Kilo Schlachtgewicht. Die Tränker sind dann im Ankauf bis auf 16 Franken gestiegen. Innert kürzester Zeit sind die Muni auf 9 Franken gefallen. Die BSE-Krisen waren sehr schwierig und haben Substanz gekostet. Später sind die Banktiere sogar auf 6 Franken gesunken, und dementsprechend war der Tränkerpreis am Boden. Interessant war Folgendes: Bei den sehr hohen Tränkerpreisen wollten viele noch mehr. Kurz darauf war der Preis kein Thema mehr: Hauptsache, die Kälber werden abgeholt. Unglaublich. Wir sind dem Markt ausgesetzt. Wie heisst es doch: Spare in der Zeit, so hast du in der Not.

Wie wirtschaftlich ist die Mast von Muni mit reiner Milchviehgenetik im  Vergleich zu Kreuzungen oder Fleischrassen?

Die Wirtschaftlichkeit hängt stark vom Tränker- oder vom Remontenpreis ab. Reinrassige Milchviehgenetik muss viel günstiger im Einkauf sein. Damit kann die schlechtere Fleischigkeit und somit die schlechtere Ausbeute beim Verkauf kompensiert werden. Die Preisdifferenz muss für uns je nach Kalb bei 3 bis 5 Franken pro Kilo Lebendgewicht liegen. Aber bei absolut leerfleischigen Kälbern hört dann der Spass auf.

Welche Entwicklungen beobachteten Sie in den letzten 20 Jahren?

Durch den sehr verbreiteten Einsatz von Mastrassenvätern sind die Tiere heute generell fleischiger und auch robuster geworden. Die Fleischigkeit bringt neue Herausforderungen: Grössere Entre­côtes sind zwar schön anzusehen, werden in der Gastronomie jedoch seltener nachgefragt – ein zu grosses Stück sprengt die Preisgrenzen. Mit der Anpassung der CH-Tax-Tabelle von Proviande, auf welche sich die Branche im Jahr 2020 geeinigt hat, wurden Zuschläge für Tiere zwischen 280 und 290 kg Schlachtgewicht (SG) als Anreiz für leichtere Schlachtkörper eingeführt. Im Gegenzug wurden die Abzüge für Tiere ab 300,1 kg Schlachtgewicht auf 30 Rappen pro kg SG erhöht. Es handeln jedoch nicht alle Marktteilnehmer nach diesen Usanzen.

Ja, gerade jetzt scheint da einiges in Bewegung zu sein ...

Ja, es ist so. Es gibt Abnehmer, die haben wegen der Mangellage die Limite für Abzüge auf 320 kg angehoben. Ab 320,1 kg gibt es dann aber auf einen Schlag Abzüge von 70 Rappen. Das sind dann rund 220 Franken. «Elefanten» wollen sie also immer noch nicht. Noch vor nicht allzu langer Zeit schien das absolut unrealistisch. Aber natürlich ist diese Situation auch nicht in Stein gemeisselt.

Welche Rolle spielt die Grossviehmast in der Verwertung überschüssiger Kälber?

Die Rinder- und Munimäster spielen zusammen mit den Kälbermästern eine zentrale Rolle. Beide veredeln wir die überschüssigen Tränker aus der Milchproduktion. Wenn es uns nicht gäbe, müssten die Milchviehhalter ihre Kälber alle selber aufziehen oder ausmästen. Umgekehrt gäbe es unsere Betriebe ohne die Milchviehhalter natürlich nicht. Diese gegenseitige Abhängigkeit scheint manchmal vergessen zu gehen.

Was sagen Sie zur Situation auf dem Tränkermarkt?

Ganz einfach: Markt ist Markt. Überschuss im Herbst/Vorwinter und Mangel im Sommer, also tiefe Preise im Herbst und hohe Preise im Sommer. Die grosse Herausforderung für die ganze Branche ist das saisonal zu stark schwankende Angebot. Das ist eine echte Herausforderung. Hier spielt die Kälbermast eine ganz wichtige Rolle. Zum Tränkermarkt wage ich keine Prognosen mehr. Noch vor wenigen Jahren dachte ich: Das kommt nicht gut. Immer weniger Milchkühe und da und dort ein neuer Maststall. Die Tränkerpreise sind stark gestiegen. Dann sind aus verschiedenen Gründen die Kälbermast und auch der Kalbfleischkonsum eingebrochen. Plötzlich hatten wir im Herbst/Vorwinter rund 20 000 Tränker zu viel. Dementsprechend sind die Preise unter Druck geraten. Das hat sich wieder eingependelt, und die Blauzungenkrankheit lässt das Pendel auf die andere Seite ausschwenken, zumindest bis im Herbst. Prognosen sind aber schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen …

Welche Marktentwicklungen beobachten Sie aktuell bei den Banktieren?

Die Marktlage ist derzeit gut. Im Ausland sind die Preise noch viel stärker als im Inland angestiegen. Für uns ist ein funktionierender Grenzschutz von zentraler Bedeutung. Weiter sind wir auch auf eine gute Arbeit der Proviande angewiesen. In den letzten Jahren hat der Verwaltungsrat gute Arbeit geleistet und zum richtigen Zeitpunkt die korrekten Mengen für den Import beantragt. Dennoch ist Wachsamkeit geboten: Eine zu grosse Preisdifferenz zum benachbarten Ausland (z. B. Deutschland, Frankreich) kann den Einkaufstourismus fördern und den Inlandmarkt schwächen. Auch der Fleischschmuggel ist immer wieder ein Thema.

Wie entwickelte sich die Kälbergesundheit?

Ab dem 1. Juli 2025 ist die erste Impfung gegen Rindergrippe auf dem Geburtsbetrieb Pflicht – ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Kälbergesundheit. Die Durchmischung von Kälbern aus verschiedenen Herkunftsbetrieben sowie Transportbelastungen führen zu gesundheitlichen Herausforderungen, die aktuell oft nur mit Antibiotika bewältigt werden können. Die Impfungen auf den Geburts- wie auch auf den Mastbetrieben sollen diese Problematik entschärfen. Sie ersetzen aber nicht alle anderen Bemühungen für gesunde Kälber sowohl auf dem Geburts- wie auch auf dem Mastbetrieb. Was wir uns definitiv nicht leisten können, ist ein Antibiotika-Skandal. Dann «hocken» wir dann ganz bestimmt im selben Boot. Das scheint nicht immer allen klar zu sein.

Was ärgert Sie?

Wir haben rund 150 Labelbetriebe mit dementsprechend teuren Bauten und hohen Betriebskosten, welche ihre Tiere wegen mangelnder Nachfrage nicht im IP-Suisse-Kanal absetzen können. Sie erhalten also nur die BTS/Raus-Beiträge, nicht aber den Labelzuschlag. Ärgern tue ich mich auch generell über unterschlagene Zielkonflikte in der Landwirtschaft. Davon gibt es naturgemäss sehr viele. Den Vogel abgeschossen haben allerdings die Verantwortlichen für die neue Lebensmittelpyramide ohne rotes Fleisch – in einem ausgesprochenen Grasland, wie die hügelige Schweiz eines ist.

Was freut Sie an Ihrer Verbandsarbeit?

Es erfüllt mich mit Befriedigung, einer so engagierten Truppe vorzustehen. Wir haben sehr engagierte, weitsichtige Vorstandsmitglieder und natürlich unternehmerische Mitglieder. Durch meine Arbeit als Präsident habe ich auch vertieft Einblicke in die verschiedensten Bereiche der Landwirtschaft. Die Zusammenarbeit mit dem Bauern­verband macht viel Freude. Nicht zuletzt haben wir schlanke, effiziente und somit kostengünstige Strukturen. Das freut mich ganz besonders.

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