
«Die Ernte 2024 war die schlechteste seit Jahren», kommentierte der Getreidemarktreferent Guido Seedler gegenüber AGRA Europe.
Christian Vogel
Die schwache Getreideernte 2024 hinterlässt deutliche Spuren in der Versorgungsbilanz Deutschlands. Wie aktuelle Daten des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) zeigen, ist der Selbstversorgungsgrad bei Getreide im Wirtschaftsjahr 2024/25 im Vergleich zum Vorjahr um 4 Prozentpunkte auf knapp 100 % gesunken. Auch die Inlandsverwendung nahm leicht ab, und zwar um 4 % auf 39,2 Mio. Tonnen.
Unterschiede bei den Getreidearten
Bei Weichweizen und Gerste sank der Anteil des Inlandverbrauchs, der aus deutscher Produktion gedeckt wurde; bei Hartweizen nahm er hingegen leicht zu. Insgesamt wurde der deutsche Bedarf zwar weiterhin übertroffen: Der Selbstversorgungsgrad lag bei 108 %, im Vorjahr waren es jedoch noch 118 %.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Gerste. Während im Wirtschaftsjahr 2024/25 noch 124 % des Bedarfs aus deutscher Produktion gedeckt wurden, waren es ein Jahr zuvor 133 %. Zugenommen hat dagegen die Selbstversorgung beim Hartweizen: 22 % der Inlandsverwendung konnten von der heimischen Landwirtschaft gedeckt werden, nach 19 % im Vorjahr.
Schlechteste Ernte seit Jahren
Begründet wurde der gesunkene Selbstversorgungsgrad vom BZL mit der deutlich niedrigeren Ernte 2024. Diese Einschätzung bestätigte auch der Deutsche Raiffeisenverband (DRV). «Die Ernte 2024 war die schlechteste seit Jahren», kommentierte der Getreidemarktreferent Guido Seedler gegenüber AGRA Europe.
Seinen Angaben zufolge litt die Herbstaussaat unter starken Regenfällen, wodurch viele Flächen nicht mehr befahrbar gewesen seien. «Deshalb sank die Winterweizenanbaufläche und damit auch die Erntemenge auf einen historischen Tiefststand», erklärte Seedler.
Klimawandel erhöht die Volatilität
Wie der DRV-Getreidemarktreferent weiter ausführte, zeigte die Ernte 2024 erneut die zunehmenden Herausforderungen im Ackerbau: Flächenverluste und wachsende Wetterunbilden. «Um unter diesen Voraussetzungen weiterhin Erntemengen oberhalb des Selbstversorgungsgrads einzufahren, müssen die vorhandenen Ackerflächen für die Landwirtschaft gesichert werden», mahnte Seedler.
Zudem brauche es Anbausysteme, die dem Klimawandel standhielten. Ohne wasserschonende Bodenbearbeitung und technische Innovationen sei dies kaum möglich. «Entscheidend für die Sicherung der Versorgung sind für mich die Züchtung trockenheitsresistenter Sorten und ein moderner Pflanzenschutz», sagte Seedler.
Entwarnung für 2025/26
Für das laufende Wirtschaftsjahr kann der DRV hinsichtlich der Getreideversorgung jedoch Entwarnung geben. «Wir fahren in Deutschland die beste Ernte seit 2017 ein, die mengenmässig deutlich über dem Verbrauch liegt», erklärte Seedler.
Das aktuelle Ergebnis dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erntemengen zunehmend volatiler würden. «Daher müssen wir die genannten Innovationen dringend umsetzen, um auch morgen noch sichere Ernten einfahren zu können.»