Sonderstatus: Schnaps auf dem Bauernhof

Warum sind selbst produzierte Spirituosen für den Eigenbedarf im Landwirtschaftsbetrieb eigentlich steuerfrei? Nicht nur, um die Blessuren von Mensch und Tier zu desinfizieren.

Bettina Kiener |

Jahr für Jahr fordert das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) die Landwirtinnen und Landwirte im Spätsommer dazu auf, die Erklärung für das vergangene Brennjahr auszufüllen. Es gilt, die betriebseigene Schnapsproduktion und den -vorrat zu deklarieren. Dies, weil Spirituosen, die im landwirtschaftlichen Haushalt und Betrieb benötigt werden, bis zu einer bestimmten Menge steuerfrei sind.

Die Berechnung dieses steuerbefreiten Eigenbedarfs richtet sich nach der landwirtschaftlichen Nutzfläche, der Anzahl Personen, die auf dem Hof tätig sind, sowie der Anzahl Hochstammbäume (siehe Tabelle). Alles in allem maximal 45 Liter reinen Alkohol (r.A.).

Gilt seit fast 100 Jahren

Die Regelung dazu geht auf das Alkoholgesetz zurück, das 1933 in Kraft trat. Damals wurden Spirituosen noch vermehrt zum Desinfizieren und Putzen verwendet, zur Konservierung von Futtermitteln und Obst oder zur medizinischen Anwendung sowohl im bäuerlichen Haushalt als auch im Stall. Die Medienstelle des BAZG schreibt auf Anfrage, dass die Steuerbefreiung nie als «Privileg zum billigen Trinken» gedacht gewesen sei. Vielmehr als eine pragmatische Lösung, damit landwirtschaftliche Betriebe Spirituosen als Arbeits- und Konservierungsmittel nutzen konnten, ohne durch die Alkoholsteuer unzumutbar belastet zu werden.

Denn noch im frühen 20. Jahrhundert war es in ländlichen Gebieten zum Teil schwierig oder teuer, Konservierungs- und Desinfektionsmittel zu kaufen, und Ethanol war somit die beste Lösung. Laut dem Alkoholgesetz dürfen Landwirtinnen und Landwirte nur Eigengewächs von ihrem selbst bewirtschafteten Boden oder selbst gesammeltes inländisches Wildgewächs in der eigenen Hausbrennerei oder in einer Lohnbrennerei verarbeiten. Das sind Obst und Obstabfälle, Obstwein, Most, Trauben, Wein, Traubentrester, Weinhefe, Enzianwurzeln, Beerenfrüchte und ähnliche Stoffe.

Kein Kartoffelschnaps

Nicht erlaubt ist das Destillieren von Kartoffeln, Getreide, Gemüse, Zucker oder vorgezuckerten Rohstoffen. Letzteres ist auf die sogenannte «Kartoffelschnapspest» zurückzuführen. So boomte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der «Härdöpfeler» und war als billiges Rauschgetränk äusserst beliebt und führte zu grossen sozialen und gesundheitlichen Problemen. Sowohl in der Schweiz wie auch im Tirol. Mit der 1988 eingeführten bundesweiten Steuer auf gebrannte Wasser sollte der Konsum in der Schweiz eingedämmt werden, und gleichzeitig wollte sich der Staat Einnahmen sichern.

«Freimengen gelten nur für den Eigengebrauch und nicht für den Verkauf oder das Weitergeben.»

Medienstelle des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG)

Die Sonderregelung für landwirtschaftliche Betriebe wurde 45 Jahre später eingeführt. «Als Kompromiss zwischen fiskalischer Kontrolle und landwirtschaftlicher Notwendigkeit», wie es vonseiten des Bundes heisst. Heute ist die Verwendung von Alkohol in Bauernhöfen weniger relevant als früher, und die Freimengen dienen vielmehr zur Verwertung von Überschüssen in der Produktion und der Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Zudem würden sie zum Erhalt von Kultur und Tradition beitragen, so die Medienstelle des BAZG und ergänzt: «Wohlgemerkt gelten Freimengen nur für den Eigengebrauch und nicht für den Verkauf oder das Weitergeben.» In diesen Fällen müsse die normale Steuer bezahlt werden, heisst es.

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