
Die polnische Landwirtschaft ist nach wie vor ein wichtiger Wirtschafts- und Erwerbszweig. Auf ca. 14,5 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche existieren etwa 1,4 Mio. landwirtschaftliche Betriebe, die beinahe ausschliesslich von Einzellandwirten geführt werden, da eine Kollektivierung der Landwirtschaft nie stattgefunden hat. Die Flächenstruktur ist extrem kleinteilig, vor allem im Südosten Polen.
Tomek
Krajewski hat seine Ankündigung wahr gemacht und eines der zuletzt meistdiskutierten Themen angepackt, nämlich eine genaue Definition landwirtschaftlicher Tätigkeit vorzulegen.
Landwirtschaftliche Tätigkeit
«Unser Hauptziel ist es, die Situation in Ordnung zu bringen, damit das Geld bei den echten Landwirten ankommt», betonte der Minister. Das neue Gesetz werde die Zahlungen an Grundeigentümer einschränken, die keine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübten, sondern nur von der Verpachtung ihres eigenen Landes profitierten.
Laut Gesetzentwurf soll die Definition des Begriffs «aktiver Landwirt» nicht vom Umfang der Produktion, dem Umsatz mit landwirtschaftlichen Produkten oder anfallenden Ausgaben abhängen. Vielmehr soll die landwirtschaftliche Tätigkeit künftig auf der Grundlage der tatsächlichen Einnahmen oder der Kosten des Betriebes überprüft werden. Zudem sollen Landwirte wählen können, wie sie die Führung eines Hofes nachweisen. Das soll die Überprüfung der landwirtschaftlichen Tätigkeit auch für solche Bauern ermöglichen, die in einem bestimmten Jahr keine Einnahmen aus dem Verkauf landwirtschaftlicher Produkte erzielen.
Mindestens 0,3 GVE/ha
Vorgesehen ist, dass die Höhe der akzeptierten Kosten oder Einnahmen eines einzelnen Landwirts – beispielsweise pro Flächeneinheit – vom Gesetzgeber auf der Grundlage von Daten über die tatsächlichen Kosten und Einnahmen der polnischen Bauern festgelegt wird. Eine solche Lösung soll die Möglichkeit eröffnen, flexibler auf Veränderungen zu reagieren, die beispielsweise auf dem Markt für Betriebsmittel oder bei Preisänderungen landwirtschaftlicher Produkte auftreten.
Der Gesetzentwurf des Agrarministers enthält auch eine Liste von Kriterien, anhand derer ein Landwirt automatisch ohne weitere Prüfung als «beruflich aktiv» anerkannt werden kann. Dazu zählt unter anderem der Besitz von Tieren, die offiziell registriert sein müssen, wobei die Anzahl der Tiere mindestens 0,3 GVE/ha betragen muss. Ein weiteres Kriterium ist der Erhalt von Zahlungen im Zusammenhang mit der Pflanzenproduktion beziehungsweise im Rahmen verschiedener Bio-Regelungen. Der vorgelegte Kriterienkatalog ist nicht abgeschlossen, sondern soll im Bedarfsfall «durch die Entscheidung des Ministers» praxisnah ergänzt werden können. Krajewski geht davon aus, dass das neue Gesetz bereits im vierten Quartal 2025 in Kraft treten kann.
Pachtrecht modernisieren
Modernisieren will der Ressortchef auch das Pachtrecht, um der gestiegenen Bedeutung der Pacht in der polnischen Landwirtschaft gerecht zu werden. Der dazu jetzt vorgelegte Gesetzentwurf sieht beispielsweise vor, dass Pachtverträge künftig nur noch schriftlich abgeschlossen werden dürfen. Laut Krajewski beruhen in Polen derzeit noch rund drei Viertel aller Pachtverträge auf mündlicher Basis. Das könne ausgenutzt werden, um Missbrauch bei Direktzahlungen oder Ausschreibungen landwirtschaftlicher Flächen zu betreiben.
Auch Polens neuer rechtskonservativer Präsident Karol Nawrocki, der erst seit dem 6. August im Amt ist, will schnellstmöglich die wichtigsten Punkte seines Wahlprogramms umsetzen. Bei einem Treffen mit Landwirten in der Woiwodschaft Westpommern unterzeichnete Nawrocki am 9. August seine Gesetzesinitiative «Schutz des polnischen ländlichen Raums». Dies ist in Polen möglich, denn der Staatspräsident hat ein Initiativrecht bei der Gesetzgebung.
Zoff zwischen Präsident und Regierung
Der Entwurf des Präsidenten umfasst unter anderem die Blockade des Mercosur-Abkommens und den Stopp weiterer Lieferungen von landwirtschaftlichen Produkten aus der Ukraine. Ausserdem soll der Verkauf von landwirtschaftlichen Grundstücken, die sich in staatlichem Besitz befinden, für die kommenden 20 Jahre ausgesetzt werden.
Mit seinem Vorpreschen fährt Nawrocki allerdings dem Landwirtschaftsministerium und damit der proeuropäischen Regierung unter Ministerpräsident Donald Tusk in die Parade. Das Agrarressort reagierte umgehend und stellte klar, dass es alle Themen, über die der Präsident bei dem Treffen mit Landwirten gesprochen habe, seit Langem umsetze. Es seien rechtsgerichtete PiS-Politiker der Vorgängerregierung gewesen, die den unkontrollierten Zustrom von Agrar- und Lebensmittelprodukten aus der Ukraine nach Polen akzeptiert und auf europäischer Ebene die Liberalisierung des Handels mit dem Nachbarland unterstützt hätten.