Die Landwirtschaft in der Europäischen Union (EU) soll mit der am Mittwoch angestossenen Reform stärker auf Umweltschutz getrimmt werden. So werden Subventionen an eine umweltfreundlichere Produktion geknüpft.
Die gemeinsame Agrarpolitik müsse sich den «Herausforderungen der Nahrungsmittelsicherheit, der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und des Wachstums stellen», sagte EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos vor dem Landwirtschafts-Ausschuss des EU-Parlaments in Brüssel.Staaten uneinig
Nötig ist laut Ciolos ein «neues Gleichgewicht und eine wahre Partnerschaft zwischen der Gesellschaft, die die Ressourcen für die Politik zur Verfügung stellt, und den Bauern, die unsere Nahrungsmittel produzieren».
Der rumänische Kommissar legte seine Pläne für die EU-Agrarpolitik von 2014 bis 2020 vor. Das Gesetzespaket muss noch von den Mitgliedsländern und dem EU-Parlament verabschiedet werden. Dabei werden heftige Diskussionen erwartet.
Denn Grossbritannien und Schweden fordern, die Subventionen für die Bauern stark zu kürzen und das Geld für die Forschung und Innovationen zu verwenden. Die beiden grössten Agrarnationen Deutschland und Frankreich stemmen sich dagegen.
Höchstgrenze an Zahlungen und mehr Extensivierung
Nach den Plänen der EU-Kommission soll ein Bauer in Zukunft die vollen Unterstützungsbeiträge nur erhalten, wenn er beispielsweise sieben Prozent seiner Ackerfläche für Wiesen, Hecken oder Wäldchen extensiviert (Grenning). Berechnet werden die Subventionen auch nach Grösse seines Betriebs und Anzahl der Mitarbeitenden.
Die Kommission will kleinere Betriebe stärker fördern, indem die Höchstsumme, die ein Landwirtschaftsunternehmen erhalten kann, bei 300’000 Euro (370’000 Franken) liegt. Höhere Subventionen kann nur bekommen, wer die Kosten für Arbeitskräfte dazu rechnen kann.
Die Zuckerquoten sollen bereits ab dem Jahr 2015 auslaufen. Die EU-Kommission hat in ihrem Reformvorschlag für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) das Ende des Quotensystems um ein Jahr vorgezogen, schreibt agrarzeitung.de. Dies ist die einzige grössere Änderung, die nach den abschliessenden Beratungen der EU-Kommissare am Mittwochvormittag bekannt wurde.
Möglich ist auch der Anbau von mindestens drei Pflanzenkulturen - wobei keine davon auf mehr als 70 Prozent der Fläche angebaut werden darf. Ohne solche Massnahmen muss ein Landwirt auf knapp ein Drittel der Unterstützung aus Brüssel verzichten.
Kritik an Ideen - Bürokratiemonster
Diesem Vorgehen steht die deutsche Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner kritisch gegenüber: Hier werde schon wieder ein neues Fördersystem geschaffen, die Förderung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft. «Das lehne ich ab», erklärte Aigner in Berlin.
Der europäische Bauernverband COPA befürchtet drastische Mehrbelastungen, sollten die Vorschläge der EU-Kommission umgesetzt werden. «Es wird ein Bürokratiemonster», warnte COPA-Präsident Gerd Sonnleitner. Er kritisierte insbesondere die geplante Beschränkung der Direktzahlungen an Genossenschaften und Grossbetriebe.
Sorgen bereite ihm auch die vorgesehen Stilllegung von Nutzflächen zur Renaturierung: Dies gefährde gerade in Zeiten weltweiter Markt- und Klimaschwankungen die Versorgungssicherheit mit Nahrungsmitteln.
Summe der Subventionen wird nicht gekürzt
Die EU-Agrarpolitik sorgt wegen der Höhe der Zahlungen, knapp 60 Milliarden Euro (75 Mrd. Franken), immer wieder für heftige Auseinandersetzungen unter den EU-Staaten. Auch in Zukunft sollen jährlich knapp 60 Milliarden Euro aus den Brüsseler Töpfen an die Bauern in den EU-Ländern ausgeschüttet werden.
Die Agrarsubventionen sind der grösste Einzelposten im EU-Haushalt. In Zukunft sollen die Gelder nach Angaben der Kommission aber «gerechter, einfacher und gezielter» eingesetzt werden.
EU-Mitgliedstaaten haben künfitg die Möglichkeiten, die Direktzahlungen um bis zu 10 Prozent zu senken, um mehr Geld für die 2. Säule (Entwicklung des ländlichen Raumes) zu generieren. Die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton hatte auf mehr Umverteilungsmöglichkeiten zwischen den beiden Säule gedrängt.
Die Neuregelungen sollen 2014 in Kraft treten, müssen aber zuvor noch mit den EU-Ländern und dem EU-Parlament ausgehandelt werden. Hier steht Ciolos noch eine heftige Auseinandersetzung bevor.