Die USA hat vor einigen Wochen neue Strafzölle von bis zu 31 Prozent auf Schweizer Produkte angekündigt. Dies, obwohl die Schweiz Anfang 2024 sämtliche Industriezölle einseitig abgeschafft hatte. Diese Tatsache nehmen die Jungfreisinnigen als Anlass die hiesigen Agrarzölle ins Visier zu nehmen. Diese lagen 2023 laut Angaben der Jungfreisinnigen unter Berufung auf Avenir Suisse durchschnittlich bei 28,5 Prozent – fast dreimal so hoch wie in der EU und fast sechsmal höher als in den USA.
Nicht Bauern profitieren vom Grenzschutz
Jungfreisinnigen-Präsident Jonas Lüthy bezeichnet die Agrarzollpolitik der Schweiz als «lobbygesteuert und völlig entgleist». Besonders absurd sei etwa der Aussenkontingentzoll von 731 Franken auf hundert Kilogramm Cherrytomaten. «Die Agrarabschottung ist politisch überholt. Wenn eine Öffnung gleichzeitig das Verhältnis zu den USA verbessert, wäre das ein doppelter Gewinn», wird Lüthy im Positionspapier der Jungfreisinnigen zitiert. «Im Sinne der Ernährungssicherheit sollte nicht ein hoher Selbstversorgungsgrad, sondern vielmehr eine hohe Versorgungssicherheit angestrebt werden», halten die Jungfreisinnigen fest.
Agrarzölle verhindern Freihandelsabkommen und sind teuer, unökologisch und asozial. Jeden Haushalt kosten sie aufgr. der Marktabschottung über 700 CHF pro Jahr, allein für teurere Lebensmittel. Wir fordern eine entschlossene, graduelle Marktöffnung!@NZZ: https://t.co/4gjoGQPMH7 pic.twitter.com/lR8x1GaeFu
— Jonas Lüthy (@jonasluethy) April 24, 2025
Die Jungpartei schreibt weiter, dass vom volkswirtschaftlichen Nutzen des Grenzschutzes nur einer kleiner Teil bei der Landwirtschaft lande. Profitieren würden vor allem die vor- und nachgelagerten Stufen, also unter anderem die Fenaco sowie Coop und Migros. «Folglich ist der Grenzschutz für die Unterstützung der Bauern ein hoch ineffizientes Instrument mit sehr hohen Streuverlusten», halten sie fest.
Teure Abschottung für Konsumenten
Die Kritik der Jungfreisinnigen stützt sich unter anderem auf eine Analyse des Thinktanks Avenir Suisse. In der Publikation «Zollfestung Schweiz: Sieben Fragen zum Agrarprotektionismus» wird geschätzt, dass die Agrarpolitik die Konsumenten jährlich rund 2,8 Milliarden Franken kostet – das entspricht über 700 Franken pro Haushalt. Besonders stark betroffen seien Haushalte mit geringem Einkommen, da Zölle auf Grundnahrungsmittel grundsätzlich regressiv wirken: Sie belasten Menschen mit kleinerem Budget überproportional.

Aktuell liegen die Lebensmittelpreise in der Schweiz gemäss den Jungfreisinnigen rund 60 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
Tung Lam
Während sich wohlhabende Haushalte höhere Preise leisten können, müssen – so die Argumentation der Reformbefürwortet – einkommensschwächere Haushalte einen verhältnismässig grösseren Teil ihres Budgets für Lebensmittel aufwenden. Dies verschärfe die soziale Ungleichheit unnötig. Aktuell liegen die Lebensmittelpreise in der Schweiz gemäss den Jungfreisinnigen rund 60 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
Zudem warnt Avenir Suisse, dass die hohen Zölle seit Jahren den Abschluss neuer Freihandelsabkommen erschweren. Am bekanntesten sei das gescheiterte Vorhaben eines Freihandelsabkommens mit den USA. Der Schweiz entgingen dadurch jährlich rund drei Milliarden Franken an wirtschaftlichem Potenzial.
Bauernverband: «Reine Effekthascherei»
Deutliche Kritik an der Forderung der Jungfreisinnigen kommt vom Schweizer Bauernverband. Direktor Martin Rufer sagt gegenüber 20 Minuten: «Dieser Vorschlag ist reine Effekthascherei.» Es sei unsachlich, Trumps Zollpolitik als Argument für eine Schweizer Agrarreform zu verwenden. «Trump hat eine Milchbüechlirechnung gemacht – und Milch ist ein Landwirtschaftsprodukt. Das ist der einzige Bezug zur Landwirtschaft», so Rufer.
Er weist auch den Vorwurf zurück, die Agrarzölle würden den Abschluss von Freihandelsabkommen verhindern. «Die Schweiz hat über 30 Abkommen abgeschlossen», betont er. Zudem importiere die Schweiz bereits über 50 Prozent ihrer Nahrungsmittel – Tendenz steigend. «Das zeigt, dass der Markt alles andere als abgeschottet ist.»
Käsefreihandel als Erfolgsbeispiel
Für den Bauernverband sind die Zölle ein wichtiges Instrument, um das «hohe Niveau in der Ökologie und beim Tierwohl zu sichern», so Rufer. Die Jungfreisinnigen hingegen argumentieren, dass gerade der Protektionismus Innovationen und ökologische Fortschritte ausbremse. Als Beispiel nennen sie den Käsefreihandel mit der EU: Seit der Liberalisierung 2007 habe die Schweizer Käseproduktion um 15 Prozent und die Exporte um 30 Prozent zugelegt – ohne die befürchteten Verwerfungen.
Bye-Bye Agrarzölle – Jetzt erst recht! 🚜
— Jungfreisinnige Schweiz (@Jungfreisinnige) April 24, 2025
Zur Medienmitteilung: https://t.co/oS8qaYrPRJ
Zum @NZZSchweiz-Artikel von @NeuhausC: https://t.co/PKwaLcJ45s https://t.co/nCjSngdHIR pic.twitter.com/WgyfVeUAzE
Während die Jungfreisinnigen eine schrittweise Abschaffung der Agrarzölle über zehn Jahre fordern, will der Bauernverband am bestehenden System festhalten. Avenir Suisse plädiert für eine differenzierte Reform: Zölle auf Produkte, die kaum oder gar nicht in der Schweiz produziert werden, könnten rasch abgebaut, Spitzenzölle gesenkt und Regulierungshemmnisse überarbeitet werden.

Das hatten wir auch schon ( ca 1930 ) . Als dem deutschen Kanzler das Geld ausging, begann er zu räubern.
Schnell ist viel kaputtgemacht , die Wiederherstellung dauert Jahrzehnte und kostet sehr viel.
Es ist schizophren, wenn man CH-Agrarprodukte (Milchprodukte) möglichst ohne Zoll exportieren will und gleichzeitig den Import von Agrargütern mit extremen Zöllen verhindern will.
Insgesamt mögen diese Agrarimporte am gesamten Importvolumen verschwindend klein sein. Wegen ihrer extremen Höhe fallen sie bei Trump ¬ Co sehr negativ auf.
Ist sich die Agrarlobby bewusst, dass sie mit ihrem Verhalten die gesamte CH-Volkswirtschaft und somit auch die Steuereinnahmen und unsere DZ gefährden??