Für den Nationalrat ist die Landschaftsinitiative das falsche Mittel, um die Zubetonierung der Schweiz zu stoppen. Er setzt auf die Revision des Raumplanungs- gesetzes. Doch der Gewerbeverband droht bereits mit dem Referendum, falls die Gesetzesrevision angenommen wird.
Die grosse Kammer hat am Mittwoch mit 114 zu 72 Stimmen bei einer Enthaltung beschlossen, die Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur» zur Ablehnung zu empfehlen.
Die Initiative will gegen die Zersiedelung der Landschaft ein 20-jähriges Moratorium für die Einzonung von neuem Bauland. Statt auf der grünen Wiese soll verdichtet gebaut werden. Für die haushälterische Nutzung des Bodens sollen Bund und Kantone gemeinsam zuständig sein.
Indirekter Gegenvorschlag ist die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG). Über diese wird das Parlament am Ende der Session in der Schlussabstimmung befinden. Die Revision sieht vor, dass die Kantone künftig nur noch Bauzonenreserven für 15 Jahre haben dürfen. Überschüssige Reserven sollen zurückgezont und die Eigentümer dafür entschädigt werden. Auf diese Lösung haben sich die Räte nach zähem Ringen geeinigt.
«Starres» Moratorium
Die Nationalrätinnen und -räte waren sich am Mittwoch einig: Die Schweiz kann nicht weiter im bisherigen Tempo verbaut werden. «Unsere Heimat verliert ihr Gesicht», sagte Beat Jans (SP/BS).
Umstritten war hingegen, welcher Weg der richtige ist. SVP, FDP, CVP und BDP lehnten die Initiative ab. Das Moratorium von 20 Jahren sei «völlig unsinnig», zentralistisch und starr, sagte Daniel Fässler (CVP/AI). Hans Grunder (BDP/BE) befürchtete, die Initiative würde jene Kantone bestrafen, die haushälterisch mit dem Boden umgegangen sind, und jene belohnen, die Reserven für Jahrzehnte ausgeschieden haben.
SP, Grüne und GLP unterstützten die Initiative. Sie betonten zwar ebenfalls mehrheitlich, dass der Gegenvorschlag der bessere Weg sei, wollten die Initiative aber nicht voreilig begraben.
Solange das Raumplanungsgesetz nicht unter Dach und Fach sei, dürfe man die Initiative als Pfand nicht aus der Hand geben, sagte Beat Flach (GLP/AG). Sie sei «im Grunde nichts anders als die Durchsetzungsinitiative zur RPG-Revision».
Drohendes Referendum
Das Taktieren hat seine Gründe: Zum einen haben die Initianten den Rückzug des Volksbegehrens angekündigt - aber nur, wenn das Raumplanungsgesetz in Kraft tritt. Zum anderen macht der Gewerbeverband Druck. Er hat die Parlamentarier dazu aufgerufen, die Gesetzesrevision in der Schlussabstimmung zu verwerfen. Sonst will er das Referendum ergreifen.
Für Bundesrätin Doris Leuthard darf die Entwicklung nicht weitergehen wie bisher: «Jetzt ist ein Paradigmenwechsel nötig.» Die Bedürfnisse nach Wohnen, Arbeiten und Arbeitsplätzen könnten nur beschränkt gesteuert werden. Deshalb müsse die Befriedigung dieser Bedürfnisse intelligenter und mit möglichst wenig Bodenverbrauch geplant werden.
Problematisch an der Initiative sei vor allem das Moratorium. Dieser Ansatz sei «viel zu starr» und und schere die ganze Schweiz über den gleichen Kamm. Der Bundesrat lehnt die Initiative deshalb ab.
Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung.