
Nutri-Score ist eine freiwillige Lebensmittel-Kennzeichnung durch die Produzenten. Sie zeigt auf, wie ausgewogen ein Produkt auf einer Skala von A bis E zusammengesetzt ist.
zvg
Eine Kennzeichnung von Hartkäse mit dem Nutri-Score hat keine grossen Auswirkungen auf das Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher.
Keinen Effekt
Aber der Erfolg einer Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen scheint vom kulturellen und marktwirtschaftlichen Kontext des Landes abzuhängen, in dem sie eingeführt wird. Das legt eine wissenschaftliche Studie nahe, die im Fachmagazin «Food Policy» erschienen ist.
Darin hat ein Mailänder Forschungsteam untersucht, wie sich ein Nutri-Score der Qualitätsstufe «D» – also die zweitschlechteste Bewertung der Nährwertzusammensetzung dieser fünfstufigen Skala – auf die Kaufabsicht und die gesundheitliche Bewertung von Hartkäseprodukten in Italien und den Niederlanden auswirkt. Dabei wurden Produkte mit und ohne geografische Herkunftsangaben verwendet. Laut der Studie kann ein Nutri-Score D zwar die wahrgenommene gesundheitliche Qualität mindern, insgesamt fand das Team aber keinen signifikanten Effekt auf das Kaufverhalten. Allerdings gab es durchaus Unterschiede zwischen den italienischen und niederländischen Versuchspersonen.
Unterschiede zwischen Italien und den Niederlanden
In Online-Experimenten hatten die Forschenden verglichen, wie Personen auf einen Hartkäse reagieren, wenn dieser gar kein Label, den Nutri-Score mit der Stufe D, eine geschützte Ursprungsbezeichnung (g. U.) oder beide Label aufwies. Zudem wurde die wahrgenommene gesundheitliche Qualität des Produktes abgefragt.
Die Ergebnisse zeigten, dass ein Nutri-Score-Label die Kaufabsicht und die Gesundheitseinschätzung der Italienerinnen und Italiener nicht zu beeinflussen schien. Die niederländischen Versuchspersonen reagierten hingegen ambivalenter darauf. Während der Käse von ihnen als weniger gesund eingestuft wurde, konnte eine Ursprungsbezeichnung den negativen Effekt abmildern. Diese Angabe kann den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge also ungünstige Nährwertinformationen in Teilen ausgleichen. Zudem reagierten die Niederländerinnen und Niederländer auch zum Teil positiv auf den Nutri-Score, was die Forschenden damit erklären, dass sie die zusätzlichen Informationen trotz des schlechten Nährwertes schätzen.
Bedeutung kultureller Unterschiede
Der Studie zufolge wurde die Analyse in diesen beiden EU-Mitgliedstaaten durchgeführt, da sie sich hinsichtlich der Verbreitung geografischer Angaben (g. g. A.) stark unterscheiden. Italien habe über 300 registrierte Lebensmittelprodukte mit einer Ursprungsbezeichnung, während es in den Niederlanden weniger als 15 seien.
Die Autorinnen und Autoren schliessen aus der Untersuchung, dass in Ländern wie Italien, wo die geografischen Angaben bekannt sind, die Einführung zusätzlicher Kennzeichnungen wie dem Nutri-Score möglicherweise nur begrenzte Auswirkungen auf das Kaufverhalten hat. In Ländern, die mit der Ursprungsbezeichnung weniger vertraut sind – wie beispielsweise den Niederlanden – scheint der Nutri-Score die Wahrnehmung der Konsumentinnen und Konsumenten stärker zu beeinflussen.
Darauf müssten Politikerinnen und Politiker bei ihrer Entscheidungsfindung zu einer einheitlichen unionsweiten Kennzeichnung für Lebensmittel achten, appellierten die Forschenden.