
IP-Suisse DV 2025: Migros-Chef Mario Irminger stellt sich den Fragen der Jungbäuerin Ariane Baux Jaquemet und Jungbauer Severin Kiener.
Adrian Haldimann
An der 37. IP-Suisse-Delegiertenversammlung gab es weit mehr als nur die Abarbeitung der Traktandenliste. Ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Show, Comedy, Tanz, Vorträgen, Interviews und einem königlichen Auftritt sorgte in der Ilfishalle in Langnau – der legendären Heimstätte der SCL Tigers – für Unterhaltung.
106 Delegierte und zahlreiche Gäste nahmen an der Versammlung teil. Die Tigers, die auch von IP-Suisse unterstützt werden, hatten am Vorabend einen Sieg gefeiert. Unter den Anwesenden war zudem Schwingerkönig Armon Orlik, der für seine Erfolge geehrt wurde.
Nachdenkliche Worte zum Auftakt
Bereits in seiner Eröffnungsrede fand IP-Suisse-Präsident Andreas Stalder nachdenkliche Töne. Die Konsumentinnen und Konsumenten seien heute kaum mehr bereit, den Preis zu zahlen, den die Natur eigentlich fordere, sagte er. Damit beschrieb er die schwierige Marktsituation für Labelprodukte und zeigte Verständnis dafür, dass der Detailhandel angesichts des Preisdrucks die Nachhaltigkeit nicht immer an erste Stelle setzen könne.

Präsident Andreas Stalder: «Wir müssen nachhaltige Produkte schmackhaft machen.»
Adrian Haldimann
«Der Preis ist das Mass aller Dinge», so Stalder. Er nahm den Detailhandel gar in Schutz – nur wenige Meter entfernt sass Migros-CEO Mario Irminger. «Der höhere Preis für nachhaltig produzierte Lebensmittel wird meiner Meinung nach zu Unrecht mit höheren Margen des Detailhandels in Verbindung gebracht. Es ist nicht an uns Bauern, diese Margen zu hinterfragen.» Entscheidend sei, den Konsumenten nachhaltige Produkte schmackhaft zu machen.
IP-Suisse könne nur erfolgreich sein, wenn sie sich nicht von Gier, Missgunst und Egoismus leiten lasse, sondern von ihren bewährten Werten: Verlässlichkeit, Menschlichkeit und sozialer Verantwortung.
Markttrends und Biodiversität
Geschäftsführer Christophe Eggenschwiler präsentierte die aktuellen Marktentwicklungen. Beim Getreide gehe es um einen strategischen Lageraufbau, während bei Ölsaaten wie Raps der Absatz stocke. Bei Zuckerrüben bestehe eine Warteliste interessierter Betriebe, und im Bereich der Proteinpflanzen wolle man die Chancen in der Gastronomie nutzen. Wachstum gebe es bei Gemüse und Früchten.
Positiv sei die Entwicklung bei Swiss Black Angus und beim Grossvieh, während der Schweinemarkt schwierig bleibe. Die Wiesenmilchmenge habe sich mit über 300 Mio. kg und rund 10 % Marktanteil stabilisiert – weitere Absatzmöglichkeiten würden gesucht.
Ein zentraler Punkt bleibe die Biodiversität. Ab 2026 müssen IP-Suisse-Betriebe mindestens 9 % Biodiversitätsförderfläche ausweisen (bisher 7 %). Rund 9 % der Betriebe erfüllen dieses Ziel noch nicht, werden aber laut Eggenschwiler in den kommenden Tagen informiert und beraten. «Wir wollen Lösungen finden, damit dieses ambitionierte Ziel erreicht werden kann», so Eggenschwiler. 2026 sei als Übergangsjahr vorgesehen.
Kritik aus den Reihen der Produzenten
Nicht alle Delegierten zeigten sich mit der Richtung der Organisation einverstanden. Thomas Hollenstein aus Rossrüti SG erinnerte daran, dass IP-Suisse eine Produzentenorganisation sei: «Ihre Partner sollen nicht die besten Freunde, sondern Geschäftspartner sein.» Er spielte damit insbesondere auf die enge Partnerschaft mit der Migros an. Zudem kritisierte er, IP-Suisse verhalte sich manchmal wie die Entwicklungsabteilung des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW). Auch bei den Biodiversitätsvorgaben sei die Schmerzgrenze erreicht. «In unserem Kanton brodelt es unter den IP-Suisse-Produzenten», warnte er.

Thomas Hollenstein aus Rossrüti SG erinnerte daran, dass IP-Suisse eine Produzentenorganisation sei.
Adrian Haldimann
Präsident Stalder reagierte gelassen: «Viele deiner Punkte sind korrekt. Es hat bei IP-Suisse seit der Gründung immer wieder gedampft – ruhig war es nie. Wäre es nur ruhig gewesen, hätten wir nicht gut gearbeitet.» Kritik, etwa zu Biodiversitätsmassnahmen, müsse man aushalten können.
Migros verteidigt Tiefpreisstrategie
Im Anschluss sprach Migros-CEO Mario Irminger zu den Delegierten. Natürlich ging er auf die Tiefpreisstrategie seines Unternehmens ein: Von den mehreren Hundert IP-Suisse-Produkten seien 74 auf Tiefpreis umgestellt worden. «Seit wir die Preise gesenkt haben, steigt der Absatz», so Irminger. Im Oktober habe der Mengenzuwachs dieser Artikel 5,4 % betragen – eine erfreuliche Trendwende nach Jahren rückläufiger Mengen.

Migros-Chef Mario Irminger: «Wir halten uns an die Richtpreise.»
Adrian Haldimann
Auf die Frage, ob dies Druck auf Produzentenpreise ausübe, antwortete Irminger «glasklar»: Nein. Die Preissenkungen würden anders finanziert. Die Migros verhandle «extrem hart» mit internationalen Konzernen wie Procter & Gamble, Coca-Cola oder Nestlé, die Margen von bis zu 21 % erzielten. «Gegenüber solchen Multis zeigen wir uns kämpferisch – mit der Schweizer Landwirtschaft pflegen wir eine faire Partnerschaft.»
Die Migros halte sich an Branchenrichtpreise, betonte Irminger, und dankte IP-Suisse für die langjährige, krisenfeste Zusammenarbeit. Der Umsatz mit IP-Suisse-Produkten habe sich in den letzten zehn Jahren fast verdoppelt.
Ein kabarettistischer Abschluss
Für den humorvollen Schlusspunkt sorgte Patti Basler, Kabarettistin und als schnellste Instant-Protokollantin der Schweiz bekannt. Sie fasste die Versammlung satirisch zusammen – und holte zum Abschluss sogar Migros-CEO Irminger auf die Bühne. Gemeinsam sangen sie:
«Du bist der Käfer, der punktet. Du bist das Paradies. Denn du bist die grosse IP-Suisse.»
Abschied von Urgesteinen
Mit Jost von Wyl aus Kägiswil OW (Vorstandsmitglied seit 2001) und Rudolf Weber aus Utzenstorf BE, einem Gründungsmitglied von IP-Suisse, wurden zwei Urgesteine aus dem Vorstand verabschiedet. Auch Samuel Moser aus Vendlincourt JU, der seit 2017 dem Gremium angehörte, tritt zurück.
Seinen Platz übernimmt Simon Schneider (Jahrgang 1991) aus Courgenay JU. Der Landwirt wird Anfang 2026 den elterlichen Betrieb mit Mutterkühen und Masttieren übernehmen, auf dem neben Ackerbau auch Agrotourismus betrieben wird. Die Nachfolge von Jost von Wyl ist derzeit noch offen, Rudolf Weber scheidet ohne Nachfolger aus.
Mit ihrem Rücktritt verabschieden sich Persönlichkeiten, die über viele Jahre hinweg das Gesicht von IP-Suisse geprägt haben. Präsident Andreas Stalder und weitere Vorstandsmitglieder würdigten das langjährige Engagement der Ausscheidenden. Besonders viel Zuspruch gab es für Rudolf Weber. Er wurde von Stalder als Marketingspezialist hervorgehoben, der den bekannten IP-Suisse-Käfer mit grossem Einsatz in der ganzen Schweiz – unter anderem auf Plakaten – bekannt gemacht habe.

Schwingerkönig Armon Orlik war an der IP-Suisse-DV präsent.
Adrian Haldimann