«BLW will Landwirtschaft retour entwickeln»

An der Versammlung des Vereins Bern-Mittelland skizzierte Landwirt Markus Lüscher erneut seine Vorstellung einer modernen und effizienten Landwirtschaft.

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In der Region Bern-Mittelland bezahlen über 1600 Landwirtschaftsbetriebe den Beitrag an den Berner Bauernverband (BEBV). Damit sind sie Mitglieder des Teilverbands Landwirtschaft Bern-Mittelland (LBM). Am Mittwoch waren diese zur Hauptversammlung in Konolfingen BE eingeladen. Markus Lüscher, Landwirt in Schalunen BE, trat als LBM-Präsident zurück, sein Nachfolger ist Daniel Etter aus Meikirch BE.

«BLW-Leute schauten auf protestierende Bauersleute herab»

Zum ersten Mal in seiner neunjährigen Amtszeit als LBM-Präsident verlas Lüscher seinen schriftlichen Jahresbericht. Er begann mit der Erinnerung an Basisaktionen. Lüscher wiederholte deren Forderungen: Mehr Stabilität und Planungssicherheit, weniger Bürokratie, faire Preise, mehr Wertschätzung für unsere Arbeit und unsere Produkte. Dann erwähnte er, dass im Dezember noch einmal rund 1000 Bauersleute zum Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) in Bern-Liebefeld kamen.

Lüschers Kommentar: «Die Verhaltensweise der Bundesangestellten, welche aus ihrer geschützten Werkstatt hinter Glas auf den Bauernstand herabschauten, machte jede Erklärung überflüssig. Das massive Polizeiaufgebot widerspiegelte die grosse, ungerechtfertigte Angst, welche die Bundesverwaltung vor den Bauernfamilien hat.»

«Brauchen Kompetenz für Versorgungssicherheit»

Lüscher sagte, dass die Kriege in und um Europa im Jahr 2024 intensiver geworden seien. Die nächsten Generationen würden wieder mehr für die Sicherheit und die Unabhängigkeit der Schweiz leisten müssen.

Und dann Lüscher schon bereits bei der Agrarpolitik: «Dies wir jedoch nur mit einer entsprechenden Kompetenz zur Versorgungssicherheit gelingen. Von dieser sind wir aktuell weit entfernt. Unsere aktuelle Agrarpolitik ist immer noch darauf ausgerichtet, Kompensationen zu Gunsten weltweiten Freihandels zu gewähren. Es werden Systembeiträge für den Anbau von Kulturen ausgerichtet, egal ob geerntet werden kann oder ob eine Produktionseffizienz vorliegt.»

«Fehlanreiz: Systembeiträge für Biogasweizen» 

Lüscher sprach auch das teilweise schlechte Heu und die gestiegenen Preise auf dem Schweinemarkt an. Er selbst aber ist Pflanzenbauspezialist und widmete dem Pflanzenbau zusätzliche Sätze.

«Schadorganismen im Pflanzenbau breiteten sich sehr stark und kulturübergreifend aus. Die Strategie weg vom gesamtheitlichen Pflanzenschutz mit einer grossen Anzahl von Wirkstoffen hin zum punktuellen Einsatz mit wenigen Produkten ist nicht zukunftsfähig. Grosse Mengen Getreide anzubauen und in Biogasanlagen zu verwerten, hat weder mit Klimaschutz noch mit Versorgungssicherheit etwas gemeinsam. Es zeugt eher von einer nicht zielführenden Politik».

«Effizient und klug produzieren» 

Er hielt fest, dass sich Versorgungssicherheit, Produktion, Klimaschutz und möglichst tiefe Abdrücke in der Umwelt nicht ausschliessen. Erfolgsversprechende Ansätze sieht er etwa im Berner Pflanzenschutzprojekte, an dem er mitgearbeitet hat, in Verbindung mit digitalen Lösungen.

Lüscher weiter: «Systembeiträge für Biogas-Weizen bekämpfen weder den Hunger noch retten sie das Klima, es sind einfach falsch gesetzte Anreize. In Zeiten von Kriegen und Krisen müssen Ressourcen effizient und klug eingesetzt werden. Wir sind es unseren Mitmenschen schuldig.» Auf Nachfrage, was er mit Systembeiträgen meine, sagt Lüscher, er beziehe sich auf die Strategie des Bundes, Direktzahlungsverordnung des Bundes und es gehe um den Nichtschutz von Pflanzen.

«Erlös ist Preis mal Menge» 

Auf die LBM-Versammlung folgte ein Podium mit Martin Rufer (SBV-Direktor), Jürg Iseli (BEBV-Präsident) und Urs Haslebacher, den Lüscher als «Bauernrevoluzzer» bezeichnete. Lüscher fasste das Gespräch in einem Schlusswort zusammen und legte den Finger auf die Erträge, die da sein müssten.

«Die Einigkeit, dass wir mehr an den Märkten holen müssen, ist wichtig. Aber die Marktpreise, das, was bei uns Cashflow auslöst, das ist Menge mal Preis.» Er sei sich nicht sicher, ob man das aktuell in der Pflanzenbauproduktion hinkriege, er erwähnte Negativtrends infolge diverser Probleme und weniger gutem Pflanzenschutz.

«Brauchen gute Erträge»

«Und was ist die Antwort des BLW? Man macht nicht Forschung, man weist nicht sofort Agroscope an, man brauche unverzüglich Lösungen für diese Krankheiten, man macht nicht Problemerfassung und schaut, warum sich diese Krankheiten und Schadorganismen entwickeln. Nein, man sagt, wir brauchen Digiflux, wir brauchen Lenkungsabgaben, wir brauchen da noch eine zusätzliche Vorschrift und noch mehr Bürokratie.» So die Kritik von Lüscher. Er wiederholte, dass man für mehr Markterlöse auch eine Marktmenge brauche.

«Es nützt uns nichts, wenn wir für die Radieschen einen Fünfliber bekommen, aber wir gar keine haben.» Die entscheidende Frage ist laut Lüscher, wie man innert kürzester Zeit sowohl gute Preise als auch gute Erträge hinbringe, «sodass das Geld auf die Höfe bringen, das wir für Investitionen in unsere Betriebe brauchen, damit wir auch zukunftsfähig sind im Rahmen der Digitalisierung und der Weiterentwicklung.»

«Man darf uns vertrauen»

Die ganze übrige Gesellschaft tue dies und nütze Fortschritte und neue Methoden. «Oder habt ihr schon einmal gehört, dass heute jemand statt zum Zahnarzt zum Dorfschmied einen Zahn ziehen geht, wie man es im Mittelalter getan hat? Mir kommt es in der Landwirtschaft immer so vor, dass das Bundesamt für Landwirtschaft retour entwickelt und uns an der Weiterentwicklung für die Zukunft hindert.»

Lüscher äusserte die Hoffnung, dass man aus dem Abend in Konolfingen BE den gemeinsamen Nenner, auf den Markt und nicht auf die Verteilung der Direktzahlungen zu fokussieren, mitnehme. Und dass man dem Bundesamt im Rahmen einer positiven Kommunikation folgende Botschaft vermitteln könne: «Wir wollen die Nahrungsmittel produzieren und für unsere Gesellschaft diesen Beitrag leisten. Man muss uns einfach machen lassen, und man darf uns auch vertrauen.»

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