
Benjamin Blumenstein ist Agrarwissenschaftler.
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Was ist «Mein Hofkompass»?
Benjamin Blumenstein: Das ist eine digitale Plattform zur Entscheidungsunterstützung für Bio-Suisse-Betriebe in der Deutschschweiz. Sie ermöglicht eine Nachhaltigkeitsbewertung anhand eines Selbstchecks und bietet zusätzlich eine Wissenssammlung, Austauschmöglichkeiten wie Chats und Webinare sowie Beratungsdienstleistungen.
Was ist das Ziel?
Ziel ist es, landwirtschaftlichen Betrieben praxisnahe Entscheidungshilfen und Orientierung im Bereich Nachhaltigkeit zu bieten. Die Entwicklung des Prototyps wird vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert, wobei es nicht nur um die Bereitstellung der Plattform geht, sondern auch darum, zu erforschen, wie sie genutzt wird und wie sie das Bewusstsein für Nachhaltigkeit stärkt, sodass Betriebe bessere Entscheidungen treffen können.
Wie funktioniert der Nachhaltigkeits-Selbstcheck?
Der Selbstcheck beginnt mit einem Basischeck, den man in rund 30 Minuten absolvieren kann und der verschiedene Nachhaltigkeitsthemen mit ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten abdeckt.
Welche Art von Informationen erhalten Landwirte nach dem Selbstcheck?
Nach dem Selbstcheck erhalten Landwirtinnen und Landwirte eine Selbsteinschätzung zu den Nachhaltigkeitsfragen ihres Betriebs, inklusive eines Ergebnis-Benchmarkings mit anderen Betrieben, die die Plattform ebenso nutzen. Sie bekommen dann basierend auf ihren Antworten passgenaue Hinweise auf Infomaterialien zu möglicherweise optimierbaren Bereichen ihres Betriebs und können sich daraufhin auch mit Kolleginnen und Kollegen oder Beratungspersonen austauschen.
Welche Zielgruppe profitiert besonders?
Mein Hofkompass ist derzeit speziell auf Bio-Suisse-Betriebe ausgerichtet, orientiert sich an deren Verbandsrichtlinien und eignet sich für alle Betriebsgrössen. Besonders profitieren Gemischtbetriebe, während spezialisierte Betriebe bisher noch weniger abgedeckt sind. Perspektivisch soll die Nutzung auf andere landwirtschaftliche Systeme ausgeweitet werden, inklusive konventioneller Betriebe.
Wie sehen Sie die Rolle von Mein Hofkompass im Kontext der nachhaltigen Landwirtschaft in der Schweiz?
Mein Hofkompass ergänzt die vielfältigen Bemühungen für eine nachhaltigere Landwirtschaft. Zwar ist die Bio-Suisse-Zertifizierung ein wichtiger Baustein, Teile der Plattform könnten jedoch jetzt schon für alle Betriebe relevante Orientierung bieten. Ziel ist es, Schweizer Betriebe besser aufzustellen im Spannungsfeld zwischen Wirtschaftlichkeit, sozialer Verantwortung und ökologischer Nachhaltigkeit.
Welche Tipps würden Sie Interessierten geben, die noch unsicher sind, ob sie die Web-App ausprobieren sollen?
Die Einstiegshürden sind gering, der Basischeck lässt sich schnell absolvieren, danach kann jede und jeder selbst entscheiden, wie intensiv die Plattform genutzt werden soll. Man kann einfach reinschnuppern, die verschiedenen Bereiche entdecken und dank dem ansprechenden Design schnell einschätzen, ob eine vertiefte Nutzung sinnvoll ist.
Beenden Sie die Sätze... Nachhaltigkeit ist… und muss trotz der leider abgenutzten Begrifflichkeit ein fester Bestandteil der landwirtschaftlichen Produktion sein, wenn wir auch in Zukunft mit den der Landwirtschaft zur Verfügung stehenden Mitteln wertvolle Lebensmittel produzieren wollen.
Landwirtschaft ist… als grosser Flächennutzer aus Nachhaltigkeitsperspektive mit einem immensen Hebel ausgestattet. Um die Lebensgrundlage von uns allen zu schützen, sollte dieser Hebel bestmöglich genutzt werden, dabei müssen Produktivität und Ressourcenschutz nicht im Widerspruch zueinander stehen.
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