
Claudia Hauenstein schätzt die grosse Vielfalt an der Arbeit in und mit der Natur.
Sibylle Hunziker
«Für mich gibt es nichts Schöneres, als im Wald zu arbeiten», sagt Claudia Hauenstein. Weil sie die Natur und besonders den Wald liebt, studierte sie zunächst Waldwissenschaften an der Berner Fachhochschule Hafl, Zollikofen. Schon während des Praktikums bei Florinett in Bergün GR merkte sie, dass ihr auch die praktische Arbeit mit Holz liegt.
Nach dem Studium und einem Wählbarkeitspraktikum bei der Waldabteilung Alpen machte sie deshalb bei der Waldgemeinde Wimmis BE die Lehre zur Forstwartin, die sie wegen ihrer Erstausbildung verkürzen konnte. Danach arbeitete sie beim Forstbetrieb der BLS.
Vielseitiger Beruf
«Wenn ich noch einmal 16-jährig wäre, würde ich sofort Forstwartin lernen», sagt Claudia Hauenstein heute. «Damals habe ich mir diese Arbeit noch nicht zugetraut.» Aber in der Praxis habe sie gesehen, dass junge Frauen und Männer dank den heutigen Werkzeugen und Hilfsmitteln in die Aufgabe hineinwachsen können, auch wenn sie nicht schon Muskeln aus Stahl mitbringen. «Wichtig ist, dass man gerne bei jedem Wetter draussen arbeitet.»
«In diesem Beruf arbeitet bisher kaum jemand unter 80 Prozent, da würde ein kleineres Pensum die Organisation der kleinen Einsatzgruppen kompliziert machen.»
An der Arbeit in und mit der Natur schätzt Hauenstein die grosse Vielfalt: «Man fällt Bäume und pflegt Jungwald, man unterhält Forststrassen, Erschliessungswege und Schutzbauten, und man muss in jeder Art Gelände zurechtkommen.» Interessierten Jugendlichen empfiehlt sie die Forstwartlehre ohne Wenn und Aber. «Dieses Handwerk wird es immer brauchen. Und wer weiterlernen will, dem stehen alle Wege offen.»
Kaum jemand unter 80 %
Mit der Berufsmatur können Forstwartinnen und Forstwarte zum Beispiel direkt an einer Fachhochschule studieren oder an den höheren Fachschulen in Lyss BE oder Maienfeld GR die Försterausbildung absolvieren. Als Forstwartin macht sie jedoch seit der Geburt ihrer Tochter Pause. «In diesem Beruf arbeitet bisher kaum jemand unter 80 Prozent, da würde ein kleineres Pensum die Organisation der kleinen Einsatzgruppen kompliziert machen.»
Als Försterin kann sie nun mit 40 Prozent in einem interessanten Aufgabenbereich arbeiten – «auch dank des super Teams bei Forst Frutigland». Das Team aus zwei Försterinnen und zwei Förstern ist verantwortlich für die Schutzwaldprojekte, die Beratung der Waldbesitzer, die Förderung von Holznutzung und Biodiversität sowie die hoheitlichen Forstrevieraufgaben der Gemeinden Reichenbach, Frutigen, Kandergrund, Kandersteg und Adelboden.
Lokale Forstunternehmen
Das Revier umfasst 8’400ha Wald, 75Prozent davon sind Schutzwald. Hauenstein ist nun dort angekommen, wo es ihr am besten gefällt. «Für die Holzgewinnung und -verarbeitung haben wir hier innovative Betriebe», freut sich Claudia Hauenstein. Die Holzschläge werden ausschliesslich von lokalen Forstunternehmen ausgeführt. Es gibt auch immer noch zwei kleinere Sägereien im Tal.
Zudem ist die traditionelle Herstellung von Schindeln eine wichtige Nische. Der Grossteil der Stämme wird von der Sägerei Olwo in Erlenbach im Simmental und Worb BE gesägt. Das Energieholz wird – soweit es die Waldbesitzer nicht selber brauchen – der Firma Brügger verkauft, die unter anderem ein grosses Holzwärmewerk in Frutigen betreibt.
Den Wald verstehen
Claudia Hauenstein ist im Team für die Erhaltungsprojekte – also vor allem für Waldschutzbauten – zuständig sowie für die Bereiche Information und Wissensvermittlung. «Wir beteiligen uns am Programm ‹Treffpunkt Berner Wald› und wollen das noch ausbauen.» Die Vermittlung von Wissen über die vielfältigen Funktionen des Walds und die Möglichkeit, Wald und Holz mit allen Sinnen kennen zu lernen, richtet sich zum einen an Schulen der Region, zum andern an Klassen, die für die Landschulwoche ins Tal kommen.
«Ausserdem wollen wir unsere Dienstleistungen bekannter machen.» So hilft Forst Frutigland zum Beispiel Waldbesitzern, gemeinsam Holzschläge zu organisieren – und das Anzeichnen eines Schlags kostet einen Waldbesitzer nichts. «Für die Verjüngung des Schutzwalds ist es wichtig, dass wir auch die Besitzer der vielen kleinen Waldparzellen im Tal erreichen.»