Die Winzerinnen und Winzer der Region erwarten trotz den heurigen Wetterkapriolen von der Qualität her eine gute Ernte. Vorausgesetzt, die sonnigen Tage halten noch rund drei bis vier Wochen an.
«Als Winzer muss man auch psychisch stark sein, vor allem wenn man wirtschaftlich vom Rebberg abhängig ist», sagt Urs Jauslin vom gleichnamigen Weingut in Muttenz. Er spricht die Wetterkapriolen dieses Jahres an, die sowohl von den Weinproduzenten als auch von den Kellermeistern einiges abverlangen. Zunächst die vielen Frostnächte im April, dann der Dauerregen im Juni und Juli und nicht zuletzt die steten Befürchtungen, der Hagel könnte die Ernte vernichten. Und doch gehen die Weinfachleute bei aller Unbill des Wetters von einer gegenüber den Vorjahren zwar etwas geringeren aber qualitativ guten Weinernte aus.
Nötige Reife
Die Stimmung bei den Produzenten der Region Basel–Solothurn ist auf jeden Fall positiv, nicht zuletzt, weil sie darauf hoffen, dass das zurzeit sonnige Herbstwetter sich über die nächsten Wochen hinzieht und den Trauben die nötige Reife bringt. Der Weinherbst 2021 war jenes Thema, zu dem der Verband der Weinproduzenten Region Basel-Solothurn mit seinem Präsidenten Paul Leisi auf den Kienberghof in Sissach eingeladen hat. Von einer grossen Herausforderung sprach auch Rebbaukommissär Urs Weingartner vom Ebenrain-Zentrum. Nach vier heissen Sommern mit Wasserknappheit habe der regionale Rebbau 2021 den nassesten Rebsommer seit dem Messbeginn im Jahr 1984 erlebt. Die Extremereignisse würden bedingt durch den Klimawandel häufiger und machten sich ausgeprägter bemerkbar. Die Qualitätsaussichten für den Jahrgang 2021 beurteilt er dennoch als intakt. «Wir werden mengenmässig kein Spitzenjahr haben, aber es ist momentan noch zu früh, um genaue Prognosen zu wagen», so Weingartner. Die Qualität stehe jener der Vorjahre kaum nach. Zwar lägen die Öchslewerte bei den roten Trauben um rund 20 Grad tiefer als zur gleichen Zeit 2020, doch könnten sonnige und warme Herbsttage die Beeren noch stark ausreifen lassen.
Falscher Mehltau
Die lange Nassperiode war einladend für den Falschen Mehltau, der sich laut Ueli Bänninger vom Weingut Tschäpperli in Aesch sehr schnell entwickeln konnte. «Im Juni und Juli konnten laufend Infektionen stattfinden. Vor allem jene vor und während der Blüte hatten einen massiven Traubenbefall und Ernteverluste zur Folge.» Doch auch er ist zuversichtlich, dass, wenn auch gegenüber den Vorjahren um einige Wochen verspätet, eine gute Ernte eingefahren werden kann.
Die Siebe-Dupf-Kellerei AG in Liestal keltert Weine von 90 verschiedenen Produzenten. «Heuer haben wir am meisten mit negativen Einflüssen seitens der Natur zu kämpfen, seit ich vor 20 Jahren mit Weinmachen begonnen habe», hält Kellermeister Thomas Engel fest. Er war in den vergangenen Tagen ausschliesslich unterwegs, um sich über den Zustand der Trauben zu informieren. Es gebe Parzellen, die wegen des Mehltaus Totalschaden erlitten hätten, andere seien kaum betroffen gewesen. Thomas Engel sprach das Problem der Kirschessigfliege an, auf das heuer besonders zu achten sei, weil später geerntet werde. Auf jeden Fall sei die Fliege sehr aktiv, und man müsse sich Gedanken machen, wie ihr zu begegnen sei. «Wir haben unseren Winzern jedoch nicht vorgeschrieben, was konkret zu machen ist. Ja, die Kirschessigfliege bereitet mir zum jetzigen Zeitpunkt die grössten Sorgen», so der Kellermeister.
Viel Handarbeit
Die Gastgeber Dieter und Jeanette Imhof bewirtschaften eine Rebfläche von 3,3 Hektaren und zählen damit zu den grösseren Produzenten in Sissach. Zum bisherigen Rebjahr hält Dieter Imhof fest: «Es war kräfteraubend für uns, da wir wegen der nassen Böden weitgehend auf Handarbeit ausweichen mussten. Aber wir werden belohnt mit schönen weissen und roten Trauben. Die nächsten drei bis vier Wochen sind matchentscheidend. Wenn das schöne Herbstwetter anhält, gibt es einen guten Jahrgang. Es ist nicht das erste Mal, dass wir so spät herbsten, wir haben schon im November Trauben gelesen.»
