Ein Lehrpfad, der die bäuerliche Arbeit zeigt

Auf einem Parcours mit 19 Posten wird in drei Aargauer Seetaler Gemeinden gezeigt, was die Landwirtschaft leistet. Der Lehrpfad soll zeigen, wie wichtig die landwirtschaftliche Bewirtschaftung für die Biodiversität und das Landschaftsbild ist, sowie die bäuerliche Arbeit wertschätzen.

Hans-Peter Widmer |

Naturschutzorganisationen und die Landwirtschaft haben das Heu nicht immer auf der gleichen Bühne. Aber in Egliswil, Seengen und Hallwil ist ein gemeinsames Projekt entstanden: ein Lehrpfad für die Landwirtschaft. An 19 Stationen wird vor Augen geführt und mit sorgfältig gestalteten Informationstafeln beschrieben, wie die Landwirtschaft vielfältige Nahrungsmittel produziert und – ja, tatsächlich – auch die Biodiversität fördert.

Das ist ein ungewohntes Kompliment für die Bauern aus Naturschutzkreisen, von denen sie sonst eher für den Schwund der Artenvielfalt mitverantwortlich gemacht werden. Es gebe neben den unterschiedlichen Interessen eben auch Gemeinsamkeiten, sagt der Pro-Natura-Geschäftsführer und GLP-Grossrat Matthias Betsche.

Wertschätzung

Das Projekt wurde durch Pro Natura Aargau lanciert und letzten Herbst von Inès Röthele umgesetzt. Wegen der fortgeschrittenen Vegetationszeit war das Echo jedoch zunächst gering. Von der Weiterführung in diesem Jahr verspricht man sich mehr Zuspruch. In die Kampagne sind neun Betriebe vor allem aus biologischer, aber auch konventioneller Richtung eingebunden. Der Lehrpfad solle zeigen, wie wichtig die landwirtschaftliche Bewirtschaftung für die Biodiversität und das Landschaftsbild sei, sowie die bäuerliche Arbeit wertschätzen, betont Matthias Betsche.

Der Parcours eignet sich auch als Familienwanderung. Auf Anfrage können Gruppen eine geführte Tour buchen. Der Lehrpfad habe ausserdem eine touristische Bedeutung, bestätigt René Bossard, Präsident von Seetal Tourismus: Er ergänze die viel besuchten Hotspots dieser schönen Gegend, den Hallwilersee, das Wasserschloss Hallwil, den Ausflugs- und Tagungsort Eichberg und die Fischrestaurants um den See.

Bauern-Einmaleins

Warum sind unterschiedliche Strukturen wie Wildhecken, extensive Wiesen und Weiden, Buntbrachen sowie Getreide in weiter Reihe oder Obstgärten zwischen Ackerflächen ökologische Paradiese? Welche Bedingungen müssen Landwirte erfüllen, damit sie Direktzahlungen erhalten? Wieso ist die alte Getreidesorte Dinkel wieder beliebt, und wie wird sie zu Mehl verarbeitet? Welchen Stellenwert hat die Kartoffel in der Nahrungskette? Was bedeutet tierfreundliche Haltung in der Milchwirtschaft?

Auf solche und weitere Fragen bekommt man auf dem Lehrpfad Antworten. Die Informationstafeln lassen sich leicht versetzen, sodass sie den betreffenden Kulturen bei der Fruchtfolge an neue Standorte folgen können. Die mitwirkenden Betriebe sind von dieser Aufklärungsarbeit überzeugt: «Wir Bauern werden von der schollenfernen Gesellschaft zunehmend missverstanden, darum müssen wir ihr vermehrt erklären, was wir tun», sagt der Maschineningenieur und Landwirt Reto Häusermann.

Vielfältiges Schaufenster

Der Gutsbetrieb Eichberg in Seengen auf 600 Metern Höhe mit exzellenter Aussicht auf den Hallwilersee und die Alpenkette widmet sich den Themen Dinkelmehl und Wildtierkorridore. Ganz in der Nähe laden Petra und Rolf Sandmeier auf ihrem 30  Hektaren grossen Acker-, Gemüse- und Feldobstbaubetrieb mit einer beliebten Besenbeiz zur nächsten Station ein. Im benachbarten früheren Bauerndorf Egliswil, das sich rasant zur Wohngemeinde entwickelt, sind drei innovative Betriebe am Lehrpfad beteiligt.

Die Familie Häusermann führt den 27  Hektaren grossen Hof Engi mit vielfältigen Feldkulturen, 39  Mastrindern, 60  Legehennen und einem das ganze Jahr geöffneten Hofladen. Ihre Themen sind Rapsöl, Blumenwiesen, Hecken, Buntbrachen. Die Familie Woodtli betreibt auf dem 54  Hektaren grossen, dorfabseits gelegenen Geisshof Milchwirtschaft, Pouletmast und Ackerbau. Sie zeigt tierfreundliche Haltung in Zeiten des Klimawandels. Die Familie Stofer widmet sich dem Thema Kulturland als Lebensraum.

Andere Landwirtschaft

Eine besondere Lehrpfadstation ist der biologisch-dynamisch geführte Haldenhof in Hallwil mit 39 Hektaren landwirtschaftlicher Nutzfläche, Getreideund Gemüseanbau, Milchvieh-, Schweine-, Hühner- und Schafhaltung, Käserei, Gewächshaus, Steinmühle, Ölpresse und Hofladen. Die Betriebszweige ergänzen sich ökologisch und ökonomisch. Produktion, Verwertung und Verkauf geschehen unter einem Dach.

Die von einem Privatinvestor finanzierten neuen Hofgebäude verfügen über Fotovoltaik, Erdwärme, Holzfeuerung, einen 20’000-Liter-Wasserspeicher und einen 500’000-Liter-Grauwassertank. Mit dem Haldenhof verbunden ist der «Gmüeser»-Betrieb von Thomas Urech, ausgebildeter Sozialanthropologe, Ökologe und Landwirt in Hallwil – eine weitere Station «für die etwas andere Landwirtschaft».

Angeboten werden Gemüseabos, Baumpatenschaften, Wildobst und Blumen zum Selberschneiden. Die ursprünglich elfköpfige Rätische-Graunvieh-Herde ist auf vier Mutterkühe geschrumpft. Vom Lehrpfadpublikum habe er bis jetzt nicht viel gespürt, gesteht Urech – «aber es kann noch werden», meint er. Die Werbung von Seetal Tourismus ist jedenfalls im Gang

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