Entscheid zum grössten Aargauer Windpark

Die Gemeindeversammlung Beinwil AG entscheidet nächsten Mittwoch über eine Spezialzone auf dem Lindenberg für die bisher grösste Windkraftanlage im Aargau.

Hans-Peter Widmer |

Von den fünf im Aargauer Richtplan festgelegten potenziellen Windkraftanlagen sind die Standorte Burg-Oberhof im Fricktal und Lindenberg-Beinwil im Freiamt am weitesten fortgeschritten. Das Projekt Burg wird aber durch Einsprachen blockiert, wogegen über das Vorhaben Lindenberg nächste Woche eine ausserordentliche Gemeindeversammlung in Beinwil entscheidet.

Es geht um die Änderung der Bau- und Nutzungsordnung: Die benötigte Fläche nahe der aargauisch-luzernischen Kantonsgrenze soll von der Landwirtschafts- in eine Spezialzone für Energieanlagen umgeteilt werden. Würde die Vorlage abgelehnt, wären die Pläne vom Tisch.

Befürworter und Gegner

Hinter dem Projekt steht die 2017 gegründete Windpark Lindenberg AG mit der AEW Energie AG (Aargauisches Elektrizitätswerk), der CKW (Centralschweizerische Kraftwerke AG) und der SIG (Services industriels de Genève). Vorgesehen sind drei – ursprünglich vier – jeweils 229 Meter hohe Windenergieanlagen mit einer Nennleistung von 5,5 Megawatt (MW). Es gab Machbarkeitsstudien und eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Der Gemeinderat erliess einen Gestaltungsplan und leitete die Nutzungsplanänderung mit einem rege benutzten Mitwirkungsverfahren ein. Die Bevölkerung wurde zudem durch eine Begleitgruppe, eine Steuerungsgruppe und zwei Ausstellungen in den Planungsprozess einbezogen. Den Initianten wird ein transparentes Vorgehen attestiert.

Abstimmungskampf entzweit Dorfbewohner

Eine breite Befürworterschaft betont den energiepolitischen Nutzen und die Naturverträglichkeit des Projekts. Unterstützt wird das Vorhaben vom Gemeinderat, vom Regionalplanungsverband Oberes Freiamt, von betroffenen Grundeigentümern, vom Bauernverband Aargau, von den Naturschutzorganisationen Pro Natura und WWF Aargau sowie Pro Wind Aargau.

Die Gegner schlossen sich über die Kantonsgrenze hinweg in der Interessengemeinschaft Pro Lindenberg zusammen. Sie haben natur-, landschafts- und denkmalschützerische Bedenken sowie hydrologische und ornithologische, störungstechnische und betriebswirtschaftliche Zweifel. Der Abstimmungskampf entzweit die Dorfbewohner. Er erinnert an die harte Auseinandersetzung von 2007 im 1’300-Seelen-Ort um ein Golfplatzprojekt.

Ein Naherholungsgebiet

Der Lindenberg ist ein 20 Kilometer langer, rund 800 Meter hoher Molassehügel im südlichen Aargau. Sein Kamm bildet auf einer längeren Strecke die Grenze Aargau/Luzern. Er trennt das Seetal und das Bünztal, ist landwirtschaftlich geprägt und ein Naherholungsgebiet für Wanderer, Schlittlerinnen und Läufer. Beliebte Treffpunkte sind der Gasthof Hämikerberg auf Luzerner sowie die Wirtschaften Oberniesenberg, Guggibad und Horben auf Aargauer Boden.

Der Horben mit Schloss, St.-Wendelin-Kapelle und ehemaligem Pächterhaus, der heutigen Gaststätte, war Sommeraufenthaltsort der Benediktinermönche des nahen Klosters Muri. Das Schloss ist in Privatbesitz, die Wirtschaft und der Sömmerungsbetrieb für 250 Stück Jungvieh gehören der 1923 gegründeten Alpgenossenschaft.

Bäuerliche Abwägungen

Die vierte Anlage wäre 300 Meter von der Wirtschaft entfernt gestanden. Dagegen wehrte sich die Alpgenossenschaft vehement und mit Erfolg, wie der inzwischen zurückgetretene, langjährige Präsident Willi Köpfli bestätigt. «Wir bekämpften nicht den Windpark an sich, sondern nur den einzelnen für uns inakzeptablen Turbinenmast», präzisiert Willi Köpfli und ergänzt: «Im Übrigen haben wir mit der Windpark Lindenberg AG einen Dienstbarkeitsvertrag für die Baustellenzufahrt gemacht.»Wegen der vierten geplanten Windenergieanlage sah auch die eidgenössische Denkmalpflege eine Benachteiligung für das Schloss Horben. Dieser «Störfaktor» ist nun eliminiert.

Die Übereinkunft der Alpgenossenschaft sowie weiterer Grundeigentümer und der Jägerschaft mit dem Windparkunternehmen dürfte eine wichtige Voraussetzung für den Bauernverband Aargau (BVA) gewesen sein, dem Projekt zuzustimmen. Er sieht sich dabei für einmal auf gleicher Seite wie Pro Natura und WWF, wobei die Förderung erneuerbarer Energien immerhin zu seinen strategischen Zielen gehört.

Hecken auf Weideland

Die beim Windpark Lindenberg vorgesehenen ökologischen Ausgleichsmassnahmen auf Kulturland seien als tragbar erachtet worden, da es sich um Hecken auf Weideland handle, was auch den Wünschen der Jäger entspreche, erklärt BVA-Geschäftsführer Ralph Bucher.

Bei künftigen Projekten werde man solche Belastungen im Kulturland ebenfalls genau prüfen und sie im Prinzip ablehnen, weil die Aargauer Landwirtschaft ihre Pflicht diesbezüglich mehr als erfülle. Sie bewirtschaftet bereits 22 Prozent ihrer Nutzflächen als Ökoausgleichsflächen, das Doppelte des gesamtschweizerischen Durchschnitts.

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