Das 1400-köpfige Dorf Wittnau in der «Dreiländerecke» Aargau, Solothurn, Baselland ist von Hügeln des Tafeljuras umgeben, die in ausgedehnte Hochebenen übergehen. Der Gemeindebann erstreckt sich für aargauische Verhältnisse über beträchtliche 11,2 km2. Je ein halbes Dutzend Vollerwerbs- und Nebenerwerbsbauern bewirtschaften das Kulturland.
Zu den grösseren und vielfältigsten Betrieben gehört die «Sunnebreiti», Sie besteht aus dem Chilchmethof und dem Breitenhof und wird in Generationengemeinschaft von der Familie Schmid betrieben. Der Familienname gehört zum Wittnauer Urgestein.
Unternehmer-Geist
Die Eltern Philipp (59) und Monika Schmid, der Sohn David (34) und die Schwiegertochter Jasmin mit dem jüngsten ihrer drei Buben sowie dem ukrainischen Agronomie-Praktikanten-Ehepaar Marina und Vladyslav sitzen beim Znüni-Kaffee vor dem Chilchmethof, mit Aussicht auf Dorf und Kirche. Bereitwillig geben sie über die Produktionszweige Auskunft. Ihre natürliche Offenheit – auf einem abgelegenen Hof nicht ganz selbstverständlich – bestätigt, dass sie an vielfältige Kontakte mit Privatkunden und Grossabnehmern gewöhnt sind.
Die Schmids, das spürt man, sind Unternehmer. 1986, nach Abschluss der Güterregulierung, verlegten sie den engen Betrieb von der Hauptstrasse mitten im Dorf hinauf in den «Chilchmet» – was Chilch- oder Kirchmatte bedeutet. 1996 stellten sie ihn auf biologische Produktion um, weil beträchtliche Ökoflächen gute Voraussetzungen und die steigende Nachfrage nach Bioprodukten (Milch, Fleisch, Eier) bessere Wertschöpfungsmöglichkeiten boten. 2013 konnte auch der benachbarte Breitenhof erworben werden. Vater und Sohn, unterstützt von ihren Frauen, führen die beiden Betriebe insgesamt 49 Hektaren grossen Betriebe gemeinsam. Sie liegen am Wittnauer Sonnenhang, daher der Name «Sunnebreiti».
Stammkundschaft von Zürich bis Basel
Zum Viehbestand, dem angestammten Betriebszweig, gehören 15 Milchkühe in einem Anbindestall und 50 Weidebeef-Rinder. Die Remontierung geschieht mit 40 bis 50 Kälbern, die jährlich zugekauft, abgetränkt und ausgemästet werden. Die Biomilch geht per Hofabfuhr an die Emmi-Molkerei Mittelland (früher an die Miba), und das Weidebeef übernimmt die Migros. Vier bis fünf Schlachttiere im Jahr werden privat vermarktet. Eine Stammkundschaft von Zürich bis Basel wartet darauf, per Mail zu erfahren, wann die abgepackten Fleischportionen auf dem Hof abholbereit sind.
1998 stieg die Familie Schmid mit einem 2’000er-Leghennenstall in die Bio-Eierproduktion ein – damals war die Ablösung der bis dahin üblichen 500er-Ställen neu. Mit einem zweiten Stall für weitere 1’000 Leghennen wurde der Betriebszweig 2007 aufgestockt. Die Eier werden dreimal in der Woche per Lastwagen abgeholt. Abnehmerin ist die Ei AG der SEG-Gruppe in Sursee.
Hochstammbäume und Teigwaren
Zur Biodiversitäts-Philosophie der «Sunnebreiti» passen ausgedehnte Hecken und Einzelobjekte, aber auch die Photovoltaik-Anlage auf der neuen Maschinenhalle, die 60 kWh Strom liefert, sowie 250 Hochstammbäume: Kirschen, Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Mirabellen. Sie sind nicht nur eine Augenweide im Frühjahr und Teil des blühenden Chriesilandes Fricktal, sondern durchaus ein beachtenswerter Produktionszweig. Neben der Frischverwertung der Früchte wird eine beträchtliche Menge Obst – letztes Jahr zum Beispiel 1,5 Tonnen Kirschen – zu Trockenfrüchten veredelt. Der Absatz via Biofarm Genossenschaft Kleindietwil und verschiedene Spezialgeschäfte laufe gut, sagen die Schmids.
Ein spezielles Hofangebot ist die Teigwarenproduktion, die in den Händen von Monika und Jasmin Schmid liegt. Aus bis zu 1’000 Kilo Hartweizen und 500 Kilo UrDinkel sowie Eiern, alles vom eigenen Betrieb, stellen die beiden Frauen jede Woche frische Nudeln, Spiralen und andere Formen, wie Sternchen zu Weihnachten, her. Abnehmer sind Lebensmittel- und Hofläden. Die Nachfrage ist gross, obschon die handgemachten Spezialitäten verständlicherweise mehr kosten als industrielle Fabrikate.
Gut vernetzt
Es fällt auf: Die Schmids sind diversifiziert – und sie haben verschiedenste Absatzkanäle. Sie sind es gewohnt, die Kontakte zu ihren Kunden und Abnehmern bewusst zu pflegen. Ihre gute Vernetzung kommt auch in der Mitgliedschaft beim Jurapark Aargau, bei bäuerlichen Organisationen und in öffentlichen Dienstleistungen, wie dem Winterdienst für die Gemeinde Wittnau, zum Ausdruck.
Im Schwingclub Fricktal und dessen Fangemeinschaft spielt die Familie Schmid eine tragende Rolle. Kein Wunder: Sohn David ist technischer Leiter, sein Bruder Sämi ein erfolgreicher Aktivschwinger. Jasmin Schmid wirkt im Vorstand des Bezirks-Landfrauenverbandes Laufenburg mit. Ihr Schwiegervater Philipp ist örtlicher Ackerbaustellenleiter – das nennt sich heute KEL (Kommunale Erhebungsstelle Landwirtschaft). Der Familienbetrieb «Sunnebreiti» ist ein Beispiel für erfolgreiche Strukturanpassungen und unternehmerisches Handeln.
