
Valérie Strebel mit ihren Gartenfeen Brigitte Meyer und Sandra Lehner (v. l.).
Susanne Sigrist
Valérie Strebel, die in Muri den ersten Selbsterntegarten im Kanton Aargau aufgebaut hat, blickt dankbar auf die zweite Gartensaison zurück. «Ich habe mich schon immer für Gemüse und Blumen interessiert», erklärt sie. Schon die Tochter ihres Götti, Olivia Stafflage, hatte in Sarnen OW einen Selbsterntegarten aufgebaut. Dank ihrer Überzeugungsarbeit wagte Strebel den Schritt, im Klosterhof Muri auch einen solchen Garten anzulegen.
Um für ihr Projekt zu werben, ging sie mit Flyern von Tür zu Tür. Gefunden hat sie Familien und Einzelpersonen aus der näheren Umgebung, einige wenige auch ausserhalb von Muri, die das Projekt unterstützten. Im März 2024 wurden die ersten Beete auf dem Klosterhof angelegt. Der Bauernhof, der zum Kloster von Muri gehört, wird von ihrem Partner Jules Frey geführt.
Konzept Selbsterntegarten
Bei ihrem Vorhaben lehnte sie sich an die Vorgaben von Selbsterntegarten Schweiz, eine Idee von solidarischer Landwirtschaft, die hierzulande bis heute zehn Gruppen übernommen haben. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Gärten, die eine Mitarbeit beinhalten, und solchen, wo die Mitglieder nur ernten. Sie können wählen zwischen Abo klein (1–2 Personen), mittel (3–4 Personen) oder gross (5–6 Personen) und brauchen sich nicht aktiv zu beteiligen, so auch im Garten in Muri.
«Es ist eine gute Sache, die wir gerne unterstützen, und gemeinsam geht die Arbeit leicht von der Hand.»
Nur zu Beginn der Gartensaison und beim Abräumen im Herbst helfen alle mit. Das wöchentliche Jäten und Pflanzen wird von Valérie Strebel und ihren zwei Helferinnen Sandra Lehner und Brigitte Meyer übernommen. Die drei treffen sich von März bis Oktober jeden Donnerstagmorgen. «Win-win», sagen die beiden Teilzeit-Gartenfeen und lachen. «Es ist eine gute Sache, die wir gerne unterstützen, und gemeinsam geht die Arbeit leicht von der Hand.»
Dabei ist mittlerweile die Kaffeepause während des Vormittags genauso Teil der Routine. Ein weiterer fixer Termin findet jeden zweiten Dienstagnachmittag statt: Dann werden Setzlinge angeliefert. Der Garten besteht aus zwei Teilen. Dieses Jahr wachsen neben der denkmalgeschützten Scheune einige Gemüse und viele Blumen, während im grösseren Feld neben einem Bach verschiedene Kohlarten, Kürbisse, Zucchetti und vieles mehr gedeihen.
100 Porzent Bio und ohne Zwischenhändler
Alles wächst prächtig und ist hundertprozentig biologisch angebaut, während der Rest des Hofes nach IP-Suisse-Richtlinien geführt wird. Valérie Strebel muss ein bisschen lächeln, als sie das erzählt. «Ein weiterer Unterschied zwischen mir und meinem Partner ist auch, dass Jules an Grossverteiler liefert, während ich keine Zwischenhändler habe und die Konsumenten direkt bei mir vor Ort sind.»
Diese haben sich mittlerweile in einem Verein organisiert und kommunizieren live auf den Gartenwegen oder elektronisch via Chat. Zusätzlich gibt es einen Chat von Selbsterntegarten Schweiz, in dem alle Mitglieder Rezepte austauschen können. Mit ihrem Garten geht Valérie Strebel zwar ihren eigenen Weg, aber wenn sie Zeit hat, hilft sie auf dem Klosterhof mit.
Die gelernte Kindergärtnerin, die zwei Tage pro Woche im angrenzenden Kanton Zürich unterrichtet, besucht auch mit den Kindergartenkindern immer mal wieder einen Bauernhof. «Mir ist wichtig, dass sie wissen, woher unsere Nahrungsmittel kommen», erklärt sie. Und sie erzählt, wie gerne die Kleinen den Apfelsaft getrunken hätten, der vor ihren Augen gepresst worden sei.
Bunter Angebotsstrauss
Diese Nähe kennen auch ihre 25 Gartenabonnenten, die umgerechnet rund 60 Personen entsprechen. Sie können jederzeit Gemüse ernten, und dies frisch ab Feld. Valérie Strebel: «Am Anfang war es für sie schwierig, abschätzen zu können, welche Menge ihrem Abo entspricht. Sie waren eher zögerlich, sodass wir fast etwas zu viel Gemüse hatten. Dies erlaubte es uns, die für die Grösse eines Selbsterntegartens übliche Zahl von 20 auf 25 Abos zu erhöhen. Es muss sich vermutlich erst einpendeln, aber das ist in Ordnung. Wichtiger ist, dass es mit dem gegenseitigen Vertrauen klappt.»
Hier in Muri werden die Mitglieder für ihr Geld nicht nur mit biologischem Gemüse belohnt, sondern sie dürfen einmal pro Monat einen Blumenstrauss pflücken. Und wenn Ende Herbst nur noch wenige Gemüse wie Nüsslisalat, Kohl oder Kabis warten und keine Blumen mehr blühen, können sie sich bereits auf Weihnachten freuen: Dann dürfen sie nämlich in eine Pferdekutsche steigen und im Klosterhof-Wald einen Tannenbaum auswählen und mitnehmen. Gemeinsam mit Valérie Strebel und Jules Frey wird dann auf eine frohe Weihnachtszeit angestossen. Und natürlich auf ein weiteres gemeinsames Gartenjahr.