Schweizer Holzbranche «weniger nachhaltig als behauptet»

Der emeritierte Professor Hans Rudolf Heinimann sprach über die Risiken und Chancen der Forst- und Holzwirtschaft. Kritisch sieht er die zunehmenden Importe. Und er erwähnte die Klimaleistungen des Walds.

Elmar Gächter |

Der 71-jährige Hans Rudolf Heinimann war fast drei Jahrzehnte Inhaber der Professur für forstliches Ingenieurwesen an der ETH Zürich. Er ist in Bennwil als Sohn des langjährigen Försters Theodor Heinimann aufgewachsen und lebt heute mit seiner Frau in Zug. Im Februar erschien sein Buch «Forst- und Holzwirtschaft im Wandel». Die Museumskommission Bennwil organisierte einen Vortrag mit Heinimann im Gemeindesaal Bennwil.

Genetisch modifizierte Bäume

«Wir sind nicht so nachhaltig, wie es ab und zu heisst», eröffnete er sein Referat und sprach damit sowohl die Bereitstellung als auch die Verwendung von Holz in der Schweiz an. Als Beispiel nannte er den Zellstoff als Material, das neben Altpapier für die Papierherstellung erforderlich ist. Heute werde in der Schweiz keine einzige Faser mehr aus Waldholz produziert.

Die jährlich rund 100’000 Tonnen Zellstoff stammen aus grossflächigen Plantagen gezüchteter und schnell wachsender Baumarten wie Eukalyptus, unter anderem aus Tropenländern wie Brasilien. Gleichzeitig werden auch genetisch modifizierte Bäume angebaut, was in China, Brasilien und den USA kommerziell zugelassen sei. Festhalten lasse sich jedoch, so Heinimann, dass in der Schweiz rund 80 Prozent des Papierbedarfs aus recyceltem Altpapier stammten.

Ein grosser Umbruch

Der Forstingenieur zog Beispiele aus Regensdorf und Zug heran, um den Trend zum Bau von mehrstöckigen und bis zu 75 m hohen Hochhäusern überwiegend aus Holz aufzuzeigen. Die neue Technologie, insbesondere bei der Lösung des Brandschutzes, ermögliche einen grossen Umbruch. «Allerdings braucht es dafür nicht nur viel Holz, sondern auch Holzwerkstoffe wie Leimholz. Diese stammen heute nur zu rund 40 Prozent aus der Schweiz, der Rest wird importiert.»

Laut Heinimann ist es zunehmend schwierig, grosse Industriewerke zu erstellen. «Für den Bau eines Plattenwerkes ist ein kompliziertes Bewilligungsverfahren nötig, das mehrere Bundesordner mit teuren Gutachten füllen kann.» Beim Stammholz gehe nach wie vor ein beträchtlicher Teil ins Ausland, was auch ökonomisch nachteilig sei.

Fläche Australiens aufforsten 

Der Referent sprach den Kohlenstoffkreislauf im Wald an und den Beitrag, den der Wald fürs Klima leistet. «Bäume speichern nicht nur CO2, sondern geben es mit der Atmung und abgestorbener Biomasse am Boden auch wieder in die Atmosphäre frei.» Eine Klimaschutz-Strategie sei eine massive Aufforstung, um die Senkenfähigkeit zu erhöhen. Um den gewünschten Effekt zu erzielen, müsste man laut Schätzungen rund 7 Millionen Quadratkilometer – die Fläche Australiens – in möglichst kurzer Zeit aufforsten, was unrealistisch sei.

Umso mehr, weil Hinweise darauf hindeuteten, dass Wälder weltweit durch Hitze, Waldbrände und Schädlingsbefall derzeit mehr Kohlenstoffdioxid freisetzten als aufnähmen. «Wir können das Ökosystem beeinflussen, indem wir das Kohlenstoffdioxid in der Biomasse von Holzbauten speichern, das ist wesentlich zuverlässiger als das, was im Wald passiert», hielt er fest.

Allerdings müssten, um nur 10 Prozent klassischer Bauweisen in 30 Jahren zu substituieren, circa 35 Prozent mehr Rundholz bereitgestellt werden, was praktisch kaum machbar sei. Heinimann plädiert für die Anpassung an den Klimawandel mit trockenheitsresistenteren Nadelhölzern und verweist auf Trockenfichten in Südtirol sowie Trockentannen im Ochsenboden im Wallis.

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