Vom Feld geklaut: Kein Respekt vor Privateigentum

Viele Leute können heute nicht mehr zwischen Mein und Dein unterscheiden. Landwirt Dieter Weber musste das nicht zum ersten Mal erfahren. Kürzlich haben sich Spaziergänger an seinem Mohnfeld bedient. Muss man die Kulturen nun wegen der Menschen einzäunen?

Elmar Gächter |

Dieter Weber lässt sich nicht so schnell aus der Ruhe bringen. Beim Gespräch mit dem Biolandwirt des Hofs Obere Wanne in Liestal, s pürt man jedoch, dass er betroffen ist, ja sich sogar Wut bei ihm bemerkbar macht.

Letzten Herbst hat er auf einer Parzelle in der Nähe der Waldenburgerbahn-Station speziellen Mohn angepflanzt, um zusammen mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) in Frick eine Sorte auf Winterhärte zu testen.

Mohnkapseln gestohlen

«Die Pflanzen haben im Laufe des Sommers mit einer so schönen Farbe geblüht, wie ich es noch nie gesehen habe», so Weber. Das prächtige Mohnfeld scheint auch anderen Leuten gefallen zu haben. Ungefragt hätten Menschen das Feld betreten, Selfie um Selfie geschossen und mit Schere und Messer «bewaffnet» Mohnkapseln mitlaufen lassen. «Viele Pflanzen bestanden nur noch aus Stängeln und Blättern», bilanziert der Landwirt.

Dieter Weber ist sich in Sachen «Selbstbedienung» schon einiges gewohnt. Erst vor kurzem hätten an einem Sonntag fremde Personen auf seinem Kürbisfeld südlich des Altmarkts Grünmaterial in grosse Säcke gefüllt. Im Gegensatz zu Vorjahren liessen sie zwar keine Blüten mitlaufen, hingegen Amaranth, eine alte Kulturpflanze. Sie werde, so Weber, auch heute noch in etlichen Kulturen als Salat oder Gemüse genutzt.

Ähnliche Ausreden

«Für uns Landwirte ist es eher ein Unkraut, und so habe ich überhaupt nichts gegen das Einsammeln, aber man hätte mich doch vorher fragen können.» Stelle man die Leute zur Rede, höre man laut dem Bauer stets die ähnlichen Ausreden. Man habe nicht gewusst, wo man hätte fragen sollen, oder man zeige sich ganz überrascht, etwas Unrechtes getan zu haben. Auch habe es laut den Leuten ja so viele Pflanzen, da würden ein paar mehr oder weniger nichts ausmachen.

Sich gross dagegen zu schützen, sei fast unmöglich. Als er vor zwei Jahren eine Bande aus Osteuropa in flagranti erwischt und bei der Polizei angezeigt habe, seien die Personen am nächsten Tag bereits wieder auf freiem Fuss gewesen. «Es gibt Leute, die sehen es nicht so eng und vertreten die Meinung, die Betroffenen seien selber schuld, wenn sie ihre Erzeugnisse so nahe an öffentlichen Strassen und Wegen ‹präsentierten›. Das lädt in ihren Augen geradezu zum Diebstahl ein», meint Weber.

Respekt schwindet

Auch sind es nach seiner Erfahrung häufig Personen, die es selber am wenigsten goutieren, wenn ihnen Sachen gestohlen werden. Für Marc Brodbeck, Präsident des Bauernverbands beider Basel, ist es eine allgemeine Zeiterscheinung, dass der Respekt gegenüber dem Eigentum mehr und mehr schwindet. Immer wieder höre er von Landwirtschaftsbetrieben, dass auch Lebensmittel wie Spargel oder Kartoffeln von den Feldern gestohlen werden. Eine Lösung kann auch er nicht anbieten.

«Wo kommen wir hin, wenn wir unsere Kulturen nicht nur wegen unserer Tiere, sondern auch noch wegen der Menschen einzäunen müssen?» Dieter Weber hat sein Mohnfeld inzwischen geerntet und die Pflanzen gedroschen, mit einem ansehnlichen Ausfall. Zurück bleibt der Frust über jenen Teil der Gesellschaft, für den ein Baum, eine Hecke, eine Wiese oder ein Feld öffentliches Gemeingut sind, an dem man sich ungefragt bedienen kann. «Dies ist anstandslos und Diebstahl», hält er unmissverständlich fest.

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