
Paul Erni ist seit 30 Jahren Jäger.
zvg
«Die Beweggründe, Jäger zu werden, sind vielfältig», sagt Paul Erni, Obmann der Jagdgesellschaft Affoltern am Albis. «Manche wachsen in Jägerfamilien auf, andere entdecken die Jagd später, oft verbunden mit dem Wunsch, aktiv etwas zum Naturschutz beizutragen.»
Erni selbst lernte die Jagd vor über 30 Jahren kennen, legte 1995 die Jagdprüfung ab und wurde 2005 Jagdaufseher. «Man lernt in diesem Beruf nie aus», betont er. Kein Tag gleicht dem anderen: Revierkontrollen, Wildbeobachtungen, Einsätze bei Wildunfällen und die Schadensbegrenzung in Land- und Forstwirtschaft gehören dazu. «Gerade für Landwirte ist die regulierte Jagd wichtig», erklärt Erni.
Rehe und Wildschweine richten jedes Jahr grosse Schäden an Mais-, Kartoffel- und Getreidefeldern an. Im Rekordjahr 2021 etwa betrugen die Wildschweinschäden im Kanton Zürich mehrere Hunderttausend Franken. Gezielte Abschüsse regulieren die Bestände, schützen Kulturen und bewahren das ökologische Gleichgewicht.
Enge Zusammenarbeit
Die Jagd geht über Schadensprävention hinaus: Bei der jährlichen Rehkitzrettung – im Kanton Zürich mehrere Hundert Tiere – arbeiten Jägerinnen eng mit Landwirten zusammen, um Jungtiere vor der Mahd zu retten. Dennoch bleibt die Jagd umstritten. Kritikerinnen verweisen auf die Rückkehr von Wolf, Luchs oder Bär, die das Gleichgewicht von selbst wiederherstellen könnten.
Naturschutzorganisationen fordern deshalb, Grossraubtieren mehr Raum zu geben. Bauern hingegen warnen vor Konflikten mit Nutztieren. Auch ethische Diskussionen, etwa über Trophäenjagd, sind präsent. Erni betont: «Die grössten Probleme entstehen durch den Menschen – wachsende Siedlungen und Freizeitaktivitäten stören die Wildtiere stärker als alles andere.»
Trotz Kritik geniesst die Jagd breite Zustimmung. 2018 lehnten über 80 Prozent der Zürcher Stimmbürger ein Volksbegehren zur Abschaffung der Jagd ab. «Viele Menschen erkennen den Wert eines regulierten Wildtiermanagements», sagt Erni. Während die Jagd früher vor allem der Fleischversorgung diente, stehen heute Artenschutz und Bestandeskontrolle im Vordergrund. Moderne Technologien wie Wildtierkameras und Drohnen erleichtern die Arbeit.
Im Revier Affoltern bergen Jäger jährlich 25 bis 40 Tiere, die im Strassenverkehr verenden. Der Kanton Zürich schätzt die Schäden aus Wildtierunfällen auf mehrere Millionen Franken pro Jahr. Zudem helfen Jäger, Krankheiten wie Fuchsräude, Vogelgrippe oder Afrikanische Schweinepest einzudämmen – ein Beitrag, der auch Nutztiere schützt.
Faszination Natur
Für Paul Erni ist die Nähe zur Natur das Herzstück seiner Arbeit: «Besonders im Frühling, wenn wir junge Füchse, Rehe oder Rotwild beobachten, wird deutlich, wie wichtig eine intakte Biodiversität ist. Wir können viel von den Wildtieren lernen, um nachhaltiger mit unserer Umwelt umzugehen.»
Die Jagd bleibt ein Balanceakt zwischen Tradition, Landwirtschaft, Naturschutz und Ethik. Entscheidend ist der Dialog zwischen Jägerninnen, Bauern, Naturschützerinnen und Gesellschaft – damit Lösungen entstehen, die Mensch und Natur gleichermassen gerecht werden.
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