Für OK-Präsident Jakob Kamm ist es der Höhepunkt eines langen Weges: 15 Jahre arbeitete er auf dieses Wochenende hin. Was das bedeute, sei nicht erklärbar, sagte er im Interview mit Keytone-SDA.
Zuerst grosse Skepsis
Am Sonntagmorgen, wenn die Arbeiten an der grössten temporären Arena der Welt auf dem Molliser Flugplatz stillstehen, setzt er sich manchmal mit einer Zigarre auf die Zuschauertribüne. «Ich bin stolz, den Gegenwind durchbrochen zu haben», sagte er im Gespräch zu Keystone-SDA.
Als Kamm erstmals die Idee aufbrachte, das ESAF ins Glarnerland zu holen, erntete er Skepsis, Kritik und auch Spott. Anwohnende fürchteten ein Verkehrschaos, viele hielten den Anlass für zu gross für einen Kanton mit nur 40'000 Einwohnerinnen und Einwohnern. Und immer wieder stand die Frage im Raum: Was, wenn das Glarner ESAF – wie jenes 2022 in Pratteln BL – ein Millionen-Defizit einfährt?
«Wir schreiben eine schwarze Null»
Wegen der Angst vor einem Defizit habe man Wochen verpasst, um das ganze hier zu geniessen, so Kamm. Dabei sei er sich sicher, dass er mit dem Fest eine schwarze Null einfahre, verteidigt der OK-Präsident das Konzept. Seit den Zahlen vom Januar sei klar, dass sich das Fest selbst trägt auch dank cleverer Synergien. Ein massgeblicher Beitrag kommt von der Migros, die ihr 100-Jahr-Jubiläum feiert: Am Montag und Dienstag nach dem ESAF werden je 30'000 Migros-Angestellte zum Mitarbeiterfest aufs Gelände gebracht – dieselbe Infrastruktur, doppelte Nutzung, finanziell wie ökologisch ein Gewinn.
Zudem wurden die Ticketpreise erhöht und die bisher im Preis inbegriffene Gratis-Anreise per ÖV wurde gestrichen – mit Verweis auf steigende Kosten und die ländliche Infrastruktur. Das Budget blieb dennoch unter Verschluss. Ob er es nach dem Fest offenlegt, lässt Kamm offen: «Ich habe einfach Vertrauen in die Sache.»

Ok Präsident ESAF 2025 Jakob Kamm erläutert einige Zahlen zum Grossanlass
Barbara Bäuerle
Appell an die Offenheit
Kamm kontert auch die Kritik rund um Verkehrsprobleme und Überforderung des Kantons. «Dieser Grossanlass kommt nie wieder. Seid offen – das Schwingvolk ist anständig.» Viele Privatpersonen würden Gäste beherbergen. So entstehen Freundschaften, sagte er.
Verkehrstechnisch sind der 30. und 31. August die grössten Brocken: 56'500 Zuschauende wollen jeweils bereits um 7.30 Uhr auf ihren Plätzen sein. Früh rief das OK zur Anreise mit dem ÖV auf. Das Angebot wurde entsprechend ausgebaut, Perrons verlängert, die Behörden baten Mitarbeitende ins Homeoffice. Und: Am Freitag vor dem Fest bleibt im ganzen Kanton die Schule geschlossen.
Trotz der Fortschritte zeigt sich Kamm kritisch gegenüber politischen Abläufen. «Die Politik müsste ermöglichen, nicht verhindern», sagt er. Häufig habe er den «gesunden Menschenverstand» vermisst – die finale Bewilligung kam erst im Mai 2025.
Im Herzen Schwingsportler
Ihn treibt die Freude an. «Im Herzen bin ich Schwingsportler, auch wenn ich damals der schlechteste auf dem Platz war», lachte Kamm. Schliesslich entschied er sich für das Hobby Musik. Mit seiner Handorgel tritt er auch am ESAF auf. Nebenbei arbeitet der OK-Präsident in einem 80-Prozent-Pensum als Leiter Objektgeschäft bei einem Haushaltsgeräte-Händler.
Er gönne sich dann nach dem ESAF ein, zwei Ruhetage, ehe er am 8. September wieder Waschmaschinen verkaufe. Im nächsten Frühling will er dann zwei Wochen in die Ferien. «Der Druck im Unterbewusstsein ist riesig», so Kamm weiter. Aber er will jetzt sein Werk geniessen und freut sich insbesondere auf den Schlussgang: «Wahrscheinlich werde ich ihn direkt vom Platz aus mitverfolgen». Sein Favorit ist übrigens Armon Orlik. Ihm würde er es besonders gönnen, wenn er diesen Karriereschritt schaffen würde.
Zukunft des ESAF ungewiss
Trotz aller Nostalgie: Für Kamm steht fest, dass sich das ESAF wandeln muss. Der Sport werde professioneller, der finanzielle Druck steige. Die werbefreie Arena, die Kampfrichter – ist das in 20 Jahren noch tragbar?
Man müsse sich überlegen, ob dies dann noch zeitgemäss sei, so Kamm. Auch Themen wie Videoschiedsrichter oder gezielte Werbung sollten offen diskutiert werden.
