«Ich mache weiter – ich kann mir nichts anderes vorstellen»

Die Brüder Ettlin zeigen, dass biologischer Weinbau am Zürichsee möglich ist. Begonnen haben die beiden ihre Karrieren jedoch in einem anderen Bereich. Dann erinnerten sie sich an ihre ursprüngliche Leidenschaft: die Landwirtschaft.

Angela Bernetta |

Jonas Ettlin ist Önologe, Unternehmer – und Weinautor. Gemeinsam mit seinem Bruder Elias führt er seit 2023 das biodynamisch zertifizierte Weingut JET in Uetikon am See und in Kloten. Bevor er sich ganz dem Wein verschrieb, machte der heute 45-Jährige Karriere bei Schweiz Tourismus. Irgendwann erinnerte er sich an seine ursprüngliche Passion: die Landwirtschaft. Schon als Teenager hatte Ettlin mit dem Gedanken gespielt, Önologie zu studieren.

An Markt herangetastet

Nach dem Gymnasium scheiterte das am fehlenden Angebot – erst Jahre später schrieb er sich an der Fachhochschule Changins in Nyon ein. «Ich wollte Wein nicht nur trinken – sondern von A bis Z selbst herstellen», sagt er rückblickend. Ettlins Einstieg in die Branche war unkonventionell: Bevor er ein Weingut betrieb, kaufte er Trauben, vinifizierte sie – und testete so den Markt.

«Gleichzeitig wollte ich die Geschichten erzählen, die beim Weinmachen entstehen.» So wurde er zum Weinautor. Erst später pachtete er 2,3 Hektaren vom Weingut Martin Schnorf in Uetikon. Danach kamen Lagen in Kloten hinzu. Heute bewirtschaftet er rund 3,5 Hektaren Rebflächen. Sein Ansatz: keine Schönung, keine Filtration, spontane Gärung, minimale Eingriffe im Keller. «Ich kann keine bessere Komplexität erzeugen als die Natur selbst.»

Biodynamischer Erfolg

Sein Erfolg gibt ihm recht – seine Weine finden Platz in der Spitzengastronomie. Internationale Aufmerksamkeit erhielt das Weingut JET kürzlich an der Vinexpo Paris – mit Naturweinen, die dennoch ein klassisches Aromaprofil zeigen. Biodynamischer Weinbau ist für den Önologen tägliche Praxis: «Man lebt viel enger mit der Witterung. Jeden Tag muss ich neu planen und entscheiden.» Seine Rebstöcke sieht er als Individuen, Biodiversität ist für ihn zentral. Ein Grossteil der Flächen sind Q2-zertifiziert – mit hoher ökologischer Wertigkeit.

Besonders stolz ist er, weil viele glaubten, biologischer Anbau sei am Zürichsee wegen des feuchten Klimas nicht möglich. Sein Grundsatz: «Man muss die Pflanze stärken, nicht nur Krankheiten bekämpfen.» Auch externes Know-how fliesst in seine Arbeit ein: 2024 analysierten die Bodenexperten Claude und Lydia Bourguignon seine Lagen. «Das hat mir die Augen geöffnet – wir wissen erstaunlich wenig über unsere Böden.» Die Erkenntnisse fliessen in neue Projekte ein.

Seine Lagen sind so unterschiedlich wie seine Weine: In Grüt in Uetikon wachsen Sauvignon blanc, Pinot noir und Räuschling auf kargem Kalkstein – mineralisch und tief. In Wäck, nahe dem Dorfkern, gedeiht kräftiger Chardonnay auf nährstoffreichem, feuchtem Boden. Und am Äntschberg in Kloten, auf einem südwärts ausgerichteten Hang mit alten Reben, entstehen frische, klare Weine – darunter auch Schaumwein. Ettlin trifft viele Entscheidungen aus dem Bauch heraus – mit technischem Wissen im Hintergrund. Trotz seines puristischen Ansatzes garantiert er Kontinuität, denn seine Kundschaft ist anspruchsvoll.

Arbeit, die nie aufhört

Was ist die grösste Herausforderung? «Alles gleichzeitig: Natur, Menschen, Weinbereitung, Markt», sagt Ettlin. Trotzdem ist für ihn klar: «Ich mache weiter – ich kann mir nichts anderes vorstellen.» Obwohl der Betrieb eher klein ist, produziert er mehrere Sorten. Wirtschaftlich wäre weniger mehr – inhaltlich aber ist Vielfalt für ihn stimmig. Zu Hause trinkt er selten eigenen Wein.

«Das fühlt sich wie Arbeit an.» Lieber probiert er die Weine seiner Berufskollegen – zum Austausch und aus Interesse. «Wein ist ein Produkt, das man von Anfang bis zum Schluss begleitet», sagt er. «Es ist Knochenarbeit – aber sie erfüllt mich. Und: Man lernt nie aus.»

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