
Stadtrat Andreas Hauri, Betriebsleiterpaar Jann Deflorin und Aline Tüfer, Bernhard Koch, Fachstellenleiter Landwirtschaft von Grün Stadt Zürich, Stéphanie Lichtsteiner und Stefan Flückiger von Faire Märkte Schweiz (v. l.).
Bild: Susanne Sigrist
Mehr ging nicht. «Papa, kannst du mir die Nüsse tragen?», fragte der Bub und streckte seinem Vater die vollen Hände entgegen. «Es hat noch andere am Boden. Die nehme ich auch.» Oberhalb von Zürich-Leimbach spazierten jedoch nicht nur Nüssesammler durch die Gegend, auch Velofahrer und andere Ausflügler waren zum Leimbihof unterwegs.
Lokale Netzwerke
Hier hatte der Verein Faire Märkte Schweiz (FMS) seine Transparente aufgestellt und hiess zum zweiten nationalen «lokal+fair»-Tag willkommen. Vorstandspräsident Stefan Flückiger und Co-Geschäftsleiterin Stéphanie Lichtsteiner hatten den städtischen Biohof ausgewählt, um ihre Visionen in der Bevölkerung von Zürich bekannter zu machen.
«Wir wollen die lokalen Netzwerke stärken und den Konsumenten kurze Lieferketten schmackhaft machen», erklärte Stefan Flückiger. «Gemeinden haben den Auftrag, nachhaltige Ernährung zu unterstützen. Wir arbeiten mit ihnen zusammen, aber auch mit Landwirten oder Gastrobetrieben.»
Lokale und ökologische Produkte fördern
Da der Leimbihof einer der 14 städtischen Bauernhöfe ist, waren am Anlass auch zwei Vertreter von Zürich anwesend. Stadtrat Andreas Hauri dankte dem Betriebsleiterpaar für seine Arbeit und meinte: «In unserer schnellen Stadt geht eine gesunde Ernährung oft unter, und die Konsumenten kennen die Produktionsketten nicht. Wir versuchen jedoch, die lokale ökologische Produktion zu fördern und städtische Betriebe wie Schulen darauf auszurichten.»
«Unsere Grünflächen, und da gehören die Bauernhöfe dazu, sind wichtig für das Stadtklima.»
Bernhard Koch, Fachbereichsleiter Landwirtschaft von Grün Stadt Zürich, erzählte von der grossen Vielfalt, die auf den städtischen Höfen angebaut wird, einer Fläche, die notabene rund zehn Prozent der Stadt Zürich entspricht. «Unsere Grünflächen, und da gehören die Bauernhöfe dazu, sind wichtig für das Stadtklima», erklärte er. Gleichzeitig seien sie Erholungsraum und für die Schule eine Möglichkeit, den Kindern die Themen Umwelt und Landwirtschaft näherzubringen.
«Unsere Landwirte haben viele Aufgaben», sagte er schmunzelnd. «Was für sie nicht immer einfach ist. Aber Nähe schafft Verständnis. Das ist wichtig: Wir wollen unseren Bauern Absatzmöglichkeiten bieten. Wir haben die gleichen Ziele wie der Verein Faire Märkte Schweiz.»
Betrieb möchte Lehrlinge ausbilden
Wegen des ungewöhnlich heissen Wetters blieb der Besucheraufmarsch an diesem Samstag bescheiden. Arbeit gab es für das junge Betriebsleiterpaar trotzdem viel. Aline Tüfer und Jann Deflorin mit Tochter Maily stammen aus Graubünden. Sie sind Nachfolger der langjährigen Pächterfamilie Lusti, seit Anfang Jahr auf dem Hof und führen diesen mit drei Festangestellten.
Angedacht ist, in Zukunft auch Lehrlinge auszubilden. Zum Hof gehören 80 Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche mit 600 Hochstammbäumen. Sie halten Kühe, Kälber, 1’000 Legehennen, drei Pferde und diverse Kleintiere. Speziell ist die Möglichkeit einer Tierpatenschaft. Am südlichsten Stadtrand haben sie nicht übermässig viel spontane Laufkundschaft. «Wobei», meinte Aline Tüfer, «wir haben viele Stammkunden. Der Hofladen läuft gut!»
Häuser und Natur treffen aufeinander
Dieser, eine Mischung aus Laden und Bistro, ist täglich geöffnet und bietet aus dem hinteren Fenster einen weiten Blick über die Stadtränder, dort, wo Häuser und Natur aufeinandertreffen. Die Hofkunden kommen grösstenteils aus der nahen Umgebung. «Wir sind mit den Velos von Adliswil gekommen», erzählte ein Vater, der mit zwei kleinen Buben zum Leimbihof heraufgefahren ist.
«Wir kaufen die Eier unten im Tal in einem Laden. Jetzt wollte ich den Kindern mal zeigen, wo die Hühner leben, welche unsere Eier legen.» Der Hühnerstall war bei den Kindern generell sehr beliebt. «Wir sind reingegangen, und sicher 50 Hühner sind uns entgegengekommen», ereiferte sich ein Mädchen. «Ja, und auf der einen Seite sassen alle weissen, auf der anderen nur die braunen. Das war sicher Zufall», erzählte ein anderes.
-> Mit dem Betrieb am Stadtrand Traum erfüllt
Direktverkauf überwiegt
Auch der Süssmost, der mehrmals frisch gepresst wurde, wurde gerne getrunken, denn die Sonne schien vom Himmel, als wollte sie sich noch lange nicht vom Sommer verabschieden. Aline Tüfer, die jeden Freitag frisches Brot für den Hofladen backt, freute sich über die Besucher. «Bei uns sind alle willkommen. Klar ist es selten ruhig, aber das ist normal, wenn man einen Direktverkauf hat.» Ihr ist die Nähe zur Kundschaft wichtig, denn sie hat bemerkt, dass in Bezug auf die Lebensmittelproduktion «brutal viel Aufklärungsbedarf besteht».
Verkauft werden hofeigene Produkte wie Fleisch, Rohmilch, Eier und Apfelsaft. Das Sortiment wird mit zugekauften Produkten ergänzt, sodass die Kunden eine grosse Auswahl haben. Jann Deflorin: «Es läuft gut, und wir können so den Zwischenhandel umgehen. Aber hinter jedem Produkt brauchst du eine Geschichte.» Davon haben sie an diesem nationalen «lokal+fair» -Tag gleich mehrere erzählt, und die Besucher durften mit bleibenden Eindrücken nach Hause gehen. Oder mit Nüssen, die sie bald knacken werden.
Mitmachen als Betrieb:
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