
Marlene und Marc Nyffenegger präsentieren den soeben frisch geernteten und vorgereinigten Hanf aus ihrem eigenen Feld und eigener Mühle.
Werner Lenzin
Inmitten idyllischer Natur, abgeschieden in einer ländlichen Gegend, steht in Weiningen die Tiefenmühle. An diesem Tag sind Marlene und Marc Nyffenegger mit der Reinigung eines Postens Hanf beschäftigt.
«Hanf ist ein gesundes Lebensmittel, das viel Protein enthält, und hat rein gar nichts mit Drogen zu tun», sagt der 37-Jährige. Er verwirklicht hier in der Tiefenmühle zusammen mit seiner Ehefrau Marlene, einst als gelernte Pflegefachfrau in der Spitex tätig und ausgebildete Landwirtin EFZ, seinen Lebenstraum.
Schälen für Dritte
Gemäss Nyffenegger blickt die Tiefenmühle auf eine rund 700-jährige Geschichte zurück. Sein Urgrossvater Adolf Nyffenegger übernahm sie als Berner und in Basel lebend im Jahr 1923 in einem schlechten Zustand. Er baute die Mühle als Kundenmüllerei und den Landwirtschaftsbetrieb schrittweise auf. Später führte sein Grossvater Hans und in den 60er-Jahren sein Vater Max den Betrieb weiter. In den 70er-Jahren setzte Vater Max Nyffenegger erfolgreich von Mehl auf Mischfutter um.
Marc Nyffenegger absolvierte im Anschluss an sein Umweltstudium an der Schweizer Hochschule für Angewandte Wissenschaften eine Müllerlehre in der Mühle Lamperswil. Dies mit dem Ziel, die dortige Mühle einmal zu übernehmen. Doch es kam anders als geplant. Nach der Nachlassliquidation der Alpenpionier AG übernahmen Marlene und Marc Nyffenegger die Marke Alpenpionier, die Maschinen und die Kundenkontakte – das war im Frühling 2024. In der Folge planten sie in der alten Scheune neben ihrem Wohnhaus den Bau einer Spezialmühle zum Reinigen und Schälen von Spezialkulturen.
Aufbau einer Spezialmühle
Seit einem halben Jahr ist die moderne Anlage in Betrieb. Der Aufbau dauerte viele Hundert Arbeitsstunden. Mitgeholfen haben ein Zimmermann, Urs, der Bruder von Marc Nyffenegger, der einen grossen Teil der elektrischen Installationen vornahm, sowie Freunde aus der Region. «Im Rahmen einer modern ausgerüsteten Verarbeitungslinie schälen und reinigen wir Getreide, Hülsenfrüchte und Ölsaaten für den Eigenbedarf und für Dritte», sagt Marlene Nyffenegger.

Geschälter Hafer (graue, längliche Kerne); Senfkörner (gelbe, runde Körner); Geschälte Lupinen (grosse gelbe halbierte Körner); Leinsamen (bräunlich); Chia (schwarze, runde, kleine Körner); Rote Linsen (rot – entsteht wenn man braune Linsen schält)
zvg
Dazu kommt ab diesem Jahr das Reinigen der Kürbiskerne für die Familie Brütsch aus Schaffhausen. Beinahe alle Kürbiskerne aus der Schweiz gelangen von dort in die Tiefenmühle. Während Marc Nyffenegger für den gesamten Müllereibetrieb zuständig ist, trägt seine Frau die Verantwortung für die eigenen 13 Hektaren Land. Auf diesen wachsen Hanf, Speisemais, Linsen, Weizen, Ackerbohnen, Leindotter und Hafer. Das Ehepaar hat ein gemeinsames Ziel: «Wir möchten den Direktvermarktern und Verarbeitungsbetrieben ermöglichen, auch Spezialkulturen wirtschaftlich und professionell aufzubereiten.»
Ziel: regionale Spezialkulturen stärken
Sie sind überzeugt, so einen Beitrag dafür zu leisten, dass regionale, vielfältige Produkte nicht nur verfügbar, sondern auch bezahlbar werden und Spezialkulturen aus der Region so ihr Potenzial ausschöpfen und sich aus dem Nischendasein verabschieden können. «Denn viele wissen nicht, dass bei uns Linsen, Lupinen und Leinsamen ebenso gut gedeihen wie im Ausland», erklärt die Landwirtin.
Produkte wie geschälte Hanfnüsse, auch gemischt mit Gesalzenem und Öl, sind sehr proteinreich und schmackhaft. Sie verlieren zunehmend ihren Ruf als Nischenprodukt und werden mit ihrem Proteingehalt von den Konsumentinnen und Konsumenten immer mehr geschätzt als Zugabe bei Bowlenshakes, Birchermüesli und Salaten.
Die gesamte Energieversorgung für die Mühle und das dazugehörige Wohnhaus erfolgt über zwei bald 100-jährige Turbinen, angetrieben vom Seebach, und eine PV-Anlage. Diese Energie reicht dafür, die eigenen Bedürfnisse abzudecken. Marlene und Marc Nyffenegger haben eine klare Vision: «Wir wollen unserer Familie mit dieser Anlage eine gesicherte Zukunft gewährleisten und kein Industriebetrieb werden.» Die Mühle bietet den Landwirten der Region die einmalige Chance zur Eigenvermarktung.