Wo Biberschäden bis 25'000 Franken ersetzt werden

Im Kanton Thurgau wird im Umgang mit dem Biber jedes Biberrevier individuell beurteilt. So sollen die Ansprüche von Mensch und Tier am besten berücksichtigt werden. Das «Konzept Biber Thurgau» soll auch den landwirtschaftlichen Herausforderungen gerecht werden. Mit rund 900 Tieren hat der Kanton den schweizweit grössten Biberbestand.

Isabelle Schwander |

Seit den ersten erfolgreichen Aussetzungen am Nussbaumersee in den Jahren 1968/1969 erobert der Biber Reviere im Thurgau zurück. Als aktiver Gestalter beeinflusst er die natürliche Dynamik von Fliessgewässern wesentlich und gestaltet Landschaften um. Dadurch entstehen Konflikte.

Zentraler Lebensraum

Der Biberbestand im Kanton Thurgau zählt heute, mit schätzungsweise 900 Tieren, verteilt über fast 200 Reviere, zu den grösseren in der Schweiz. Michael Vogel, Umweltingenieur, ist bei der Jagd- und Fischereiverwaltung des Kantons Thurgau in Frauenfeld Kontaktperson bei Wildtierkonflikten und in dieser Funktion auch für den Biber zuständig.

«Der Kanton Thurgau beherbergt mit seinen Flusslandschaften einen zentralen Lebensraum für den Ostschweizer Biberbestand und trägt damit auch rechtlich eine hohe Verantwortung für den Fortbestand der Population. Dies, weil der Biber eine ökologische Schlüsselart ist, von dessen Anwesenheit eine ganze Reihe von weiteren Arten profitiert», erklärte Vogel.

Konflikte entschärfen

Es ist eine Herausforderung, Rahmenbedingungen zu schaffen, die ein Zusammenleben von Biber und Mensch in der Zukunft ermöglichen, und dabei die Bedürfnisse und Interessen aller zu berücksichtigen. Weiter sind Massnahmen zur Verminderung von Konflikten und Schäden zwingend notwendig, die von allen Interessengruppen getragen werden müssten. Vogel sagte, dass bei der Planung und Ausführung von Wasserbau- und Revitalisierungsprojekten der Biber mitberücksichtigt werden sollte.

Wie ein Revitalisierungsprojekt ausgestaltet werden kann, erklärte Vogel am Beispiel der Gemeinde Erlen im Oberthurgau. Diese war in der Vergangenheit immer wieder mit Hochwasserereignissen und Herausforderungen des Gewässerunterhalts an der stark verbauten Aach konfrontiert. Die Aach war zuvor eng geführt und das Steilufer von Gehölzen gesäumt. Mit dem Biber, der sich ab 2016 an der Aach bemerkbar machte, kam ein weiterer Faktor dazu, den es planerisch zu beachten galt.

Bahninfrastruktur bedroht

Die Aktivitäten des Bibers sowie die Erwartungen privater Grundeigentümer und der Landwirtschaft stellten die Gemeinde vor grosse Herausforderungen. Im Bestreben um langfristige Lösungen setzte Erlen auf Revitalisierungsprojekte. Eines wurde 2024 zwischen Erlen und Engishofen umgesetzt. Ziel dabei ist es, die vorhandenen Auen zu aktivieren. Wo der Biber sich ursprüngliche Lebensräume zurückerobert, sind Spuren deutlich sichtbar. An der Aach sind Ausstiege, eingebrochene Baue und Dämme zu sehen. Letztere beobachtete man, um frühzeitig einzugreifen, bevor angrenzendes Kulturland grossräumig geflutet wird.

Die Aach liegt entlang der Bahnlinie, und die «Wirkungsstätte» der Biber ist nahe der Geleise. Indem sie in den Bahndamm graben und diesen destabilisieren, können Biber Einfluss auf die Bahninfrastruktur haben. In diesem Bereich wurde deshalb interveniert. Die Biber haben darauf ihre Aktivität in einen weiter von der Bahn entfernten Flussabschnitt verschoben, so konnte der Konflikt entschärft werden.

Im intensiv genutzten Kulturland entlang der Aach werden Dämme und Böschungen überwacht und mit zusätzlichen Aufwendungen die Überflutung von Kulturland verhindert. Gleichzeitig muss die Funktion der Aach als ökologische Vernetzungsachse erhalten bleiben. Nicht immer herrsche unter den beteiligten Akteuren Einigkeit darüber, welche Ansprüche und Herausforderungen Priorität hätten, sagte Vogel.

«Konzept Biber Thurgau»

Im Schnitt werden im Thurgau Biberschäden jährlich mit einer Summe von 25’000 Franken entschädigt. Um Konfliktpotenzial zwischen Biber und Landwirtschaft zu entschärfen, schlägt das «Konzept Biber Thurgau» Lösungsmassnahmen vor. Demnach gilt das Anlegen eines genügend breiten, extensiv bewirtschafteten und ausreichend bestockten Uferstreifens von 10 bis 15 Metern zwischen Gewässer und Kulturland als effizienteste und langfristig wirksamste Massnahme zum Schutz vor Biberschäden.

Dies lasse, so Michael Vogel, eine natürliche Dynamik des Gewässers zu. Ein Uferstreifen puffert Schadstoffeinträge aus angrenzenden Feldern, dient als Hochwasser-Rückhaltefläche und schafft Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten.

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